Die Schoene im Schnee
ich einfach nur Brant.“
„Brant.“ Der Name passte zu ihm.
„Vielen Dank, dass Sie mein Gepäck geholt haben. Das war sehr freundlich von Ihnen.“
„Keine Ursache. Ich dachte, dass Sie sich vielleicht wohler fühlen, wenn Sie Ihre eigenen Sachen bei sich haben. Vor allem, wo es so aussieht, als müssten Sie eine weitere Nacht hierbleiben.“
„Ich komme mir schrecklich dumm vor. Hätte ich doch nur Gwen angerufen, bevor ich einfach so bei Ihnen hereinschneie. Dann hätten Sie mich jetzt nicht am Hals.“
„Das war in der Tat ziemlich dumm von Ihnen“, bestätigte er. „Nicht auszudenken, wenn Sie an einer abgelegeneren Stelle in den Fluss gerutscht wären. Wahrscheinlich hätten Sie während des Sturms die ganze Nacht lang in Ihrem Auto festgesessen und wären erfroren, bevor Sie jemand gefunden hätte.“
Diese Offenheit tat weh, und beinahe hätte Mimi ihn wütend angefunkelt. Doch im letzten Moment fiel ihr ein, dass sie ja noch seine Hilfe benötigte.
Vielleicht aber auch nicht. Sie brauchte einen Ort, wo sie bleiben konnte. Das bedeutete nicht zwangsläufig, dass sie bei ihm bleiben musste. „Ich hasse es, Ihnen zur Last fallen zu müssen“, sagte sie, als ihr plötzlich eine Idee kam. Erstaunlich, dass sie daran nicht schon früher gedacht hatte. „Wir könnten Gwen anrufen und fragen, ob ich in ihrem Haus bleiben kann, wo sie doch nicht da ist?“
„Tolle Idee“, entgegnete er mit einer Begeisterung, die schon fast demütigend für sie war. „Da gibt es nur ein Problem. Gwens Ofen ist am Tag ihrer Abreise ausgefallen. Ich habe eine Firma beauftragt, ihn auszutauschen, aber die kommt erst Ende der Woche dazu. Bei dem Sturm könnte es sich sogar bis Ende nächster Woche hinziehen. Bewohnte Häuser haben bei diesem Wetter Vorrang, deshalb fürchte ich, dass Sie hier festsitzen, bis der Sturm sich verzieht.“
Mimi bemühte sich, angesichts dieser Nachricht angemessen bestürzt zu wirken. Wenigstens hatte sie nun noch etwas Zeit, um sich zu überlegen, wie sie Brant überreden konnte, dass er sie länger hierbleiben ließ.
Vier Stunden später überdachte Mimi ihre Strategie noch einmal. Sie fürchtete, an Langeweile zu sterben, wenn sie bis nach Marcos Hochzeit hierbleiben musste.
Sie musste immer Action um sich herum haben und war ungern allein. Am liebsten verbrachte sie ihre Zeit mit Freundinnen, ging shoppen oder besuchte ihr Lieblingsspa.
Zugegeben, sie hatte die letzten sechsundzwanzig Jahre ziemlich oberflächlich gelebt. Ja, sie hatte eben gern ihren Spaß und konnte sich nicht gut selbst beschäftigen.
Auf der Western Sky stellte sie das vor eine ganz besondere Herausforderung.
Major Western hatte nur wenige Bücher – die meisten waren in der Nähe seines Stützpunktes in Georgia eingelagert, wie er ihr erzählt hatte – und auch die Auswahl an DVDs war beschränkt.
Das Satellitenfernsehen ging natürlich auch nicht, weil sich zu viel Schnee in der Schüssel abgelagert hatte und den Receiver blockierte. Zumindest hatte ihr Gastgeber das so erklärt.
Da er selten hier war, hatte das Haus auch keinen Internetanschluss.
Unter Umständen hätte sie ein paar SMS oder sogar eine E-Mail in ihr Smartphone tippen können, doch sie hatte sich ganz bewusst entschieden, es ausgeschaltet zu lassen.
Hier war sie Maura Howard und kein Partygirl. Ihre Glaubwürdigkeit würde leiden, wenn sie zu viel Kontakt mit der Außenwelt unterhielt.
Ihr Gastgeber war die meiste Zeit des Tages damit beschäftigt, die Geschäftsunterlagen der Ranch durchzusehen oder die Viehtränken aufzufüllen.
Sie hatte das Gefühl, dass er ihr aus dem Weg ging, auch wenn sie nicht genau wusste, weshalb.
Damit leistete ihr nur noch Simone Gesellschaft.
Um die Mittagszeit streckte Brant den Kopf in die Küche, um Mimi zu sagen, dass sie sich zum Mittagessen einfach bedienen sollte. Er selbst hatte in Gwens Hütte mit zugefrorenen Leitungen zu kämpfen, da die Heizung nicht funktionierte.
Mimi begnügte sich mit einer Dose Tomatensuppe, die eigentlich recht lecker war. Nachdem sie ihren Teller abgewaschen und abgetrocknet hatte – erstaunt, dass es in Amerika noch ein Haus ohne Spülmaschine gab –, stellte sie ihn in das etwas schäbige Regal neben der Spüle zurück. In diesem Moment kam ihr ein Geistesblitz.
Ja, auf diese Weise konnte sie Brant davon überzeugen, sie bleiben zu lassen.
Eine brillante Idee, wenn sie ihrem Urteil vertrauen konnte.
Nicht schlecht für ein so oberflächliches
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