Die Schoene im Schnee
Mädchen, dachte sie, als sie wenig später den Inhalt jedes einzelnen Regalfachs unter die Lupe nahm.
Über Mimi Van Hoyt existierte ein gut gehütetes Geheimnis, das auch die Presse bisher nicht ausgegraben hatte. Für die wäre es wahrscheinlich ein Festtag gewesen, wenn sie herausgefunden hätten, dass Mimi bei Langeweile oder bei Stress gern das Haus putzte.
Zwischen ihren Internatsaufenthalten hatte Gert, der langjährige Haushälter ihres Vaters, ihr kleinere Aufgaben übertragen. Einen Schrank auszuwischen, eine Schublade aufzuräumen, das Silber zu polieren.
Ihr Vater hätte das wahrscheinlich untersagt, hätte er je davon erfahren, doch sie und Gert konnten Geheimnisse vor Werner Van Hoyt bewahren.
Mimi hatte nie verstanden, warum ihr das solchen Spaß machte. Sie hatte es immer als geheimes Laster gesehen, das ihr sogar ein wenig peinlich gewesen war – bis einer ihrer Therapeuten angemerkt hatte, dass die Zeit, die sie mit Gert verbrachte, zu den größten Konstanten in ihrem Leben gehörte. Der Hausputz war vielleicht ihre Art, ein bisschen Ordnung in das Chaos bringen, das die vielen Ehen und Scheidungen ihres Vaters in ihren Alltag brachten.
Hier, in Major Westerns Haus, ist es einfach ein Zeitvertreib, dachte sie, während sie an einem besonders hartnäckigen Fleck rubbelte.
„Was machen Sie denn da?“
Mimi riss erschrocken den Kopf herum. Major Western stand in der Küchentür und musterte sie mit einer undurchsichtigen Mischung aus Erstaunen und Entsetzen.
Ihr überaus „kompetenter“ Wachhund Simone wachte von Brants Stimme auf und sprang von seinem Platz auf dem halbrunden Läufer neben der Spüle auf.
Zur Begrüßung kläffte sie eifrig, während Mimi bis in die Haarspitzen errötete.
„Tut mir leid … Mir war langweilig.“
Er sah sie skeptisch an. „Langweilig. Und deshalb beschließen Sie einfach, meine Küchenschränke auszuwischen?“
„Irgendjemand muss es doch tun. Sie glauben nicht, wie verdreckt die waren.“
Kaum waren ihr diese Worte entwichen, zuckte sie auch schon erschrocken zusammen. Das war nun nicht gerade die taktvollste Bemerkung, die man einem Mann gegenüber machen konnte, vom dem sie sich einige Tage Obdach erhoffte.
„Ich bin mir sicher, dass Ihr Armee-Job Sie völlig einnimmt“, fügte sie schnell hinzu. „Da kann ich mir kaum vorstellen, wie schwer es ist, ein solches Haus sauber zu halten, wenn man so selten hier ist.“
Während er die Küche betrat und seine Wintersachen auszog, wirkte er sowohl zerknirscht als auch peinlich berührt. „Die letzten Jahre habe ich es immer mal wieder vermietet. Und Mieter halten ein Haus nicht gerade in Schuss. Nach meiner Rückkehr aus Afghanistan werde ich eine Firma damit beauftragen, alles gründlich zu reinigen, bevor ich es zum Verkauf anbiete.“
Mimi hielt mitten im Schrubben inne. Er war er in Afghanistan gewesen? Und er wollte ein so wunderschönes Haus verkaufen. „Warum sollten Sie das tun? Jetzt sehe ich zwar nur Schnee, aber ich nehme an, dass die Aussicht normalerweise herrlich ist. Zumindest schwärmt Gwen immer davon, wie viel Inspiration für ihre Arbeit sie hier findet.“
Brant knöpfte seinen durchweichten Mantel auf.
Mimi versuchte zu ignorieren, wie sich die Muskeln an seiner Brust bewegten, als er seine Arme aus den Ärmeln befreite.
„Es wird höchste Zeit.“ Er schwieg einige Sekunden lang. „Ich verbringe hier nur ein paar Wochen im Jahr, und es ist schwer, sich aus der Entfernung um das Haus zu kümmern. Selbst wenn Ihre Freundin Gwen in dieser Zeit darauf aufpasst. Wie dem auch sei – Gwen zieht ebenfalls von hier weg. Sie hat mir erzählt, dass sie ein Haus nahe Jackson Hole kaufen möchte. Für mich war das der letzte Tropfen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie schwer es wäre, einen Ersatz für sie zu finden. Von den allgemeinen Renovierungsarbeiten, wie etwa dem Streichen des Stalls, ganz zu schweigen.“
Diese gute Gelegenheit konnte Mimi unmöglich verstreichen lassen. „Das passt doch ausgezeichnet. Ich helfe Ihnen.“
Brant zog seine Winterstiefel aus und hob erneut eine Augenbraue. „Sie wollen den Stall streichen? Ich fürchte, das ist gar nicht so leicht, bei all dem Schnee.“
Sie stutzte. „Nicht den Stall. Hier.“ Sie deutete mit dem seifigen Handtuch im Zimmer herum. „Das ganze Haus sollte mal gründlich geschrubbt werden, wie Sie ja selbst schon gesagt haben.“
Er starrte sie an. „Nur, damit ich das richtig verstehe: Sie wollen freiwillig
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