Die schöne Kunst des Mordens
doch schienen sie darüber ein wenig glücklicher als ich. Möglicherweise wurden sie nicht von einem geisteskranken, mordenden Künstler verfolgt.
Schließlich schaffte ich es zur Arbeit, doch wenn ich auf ein herzliches Willkommen und fröhliche Begrüßungsrufe meiner Kollegen gehofft hätte, wäre ich bitter enttäuscht worden. Vince Masuoka befand sich im Labor und warf mir einen flüchtigen Blick zu, als ich eintrat. »Wo bist du gewesen?«, fragte er in einem Ton, als beschuldige er mich einer schrecklichen Tat.
»Sehr gut, danke«, erwiderte ich. »Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
»Hier geht es zu wie im Irrenhaus«, fuhr Vince fort, der mich offensichtlich überhaupt nicht gehört hatte. »Erst die Geschichte mit diesen Gastarbeitern, und dann hat gestern irgendein Depp seine Frau und deren Liebhaber umgebracht.«
»Tut mir aufrichtig leid, das zu hören.«
»Er hat einen Hammer benutzt, nur falls du meinst, es hätte Spaß gemacht«, ergänzte er.
»Klingt nicht so«, erwiderte ich und fügte lautlos hinzu:
Außer ihm.
»Hätte deine Hilfe brauchen können«, maulte er.
»Es ist schön, wenn man gebraucht wird«, sagte ich, worauf er mich voll Abscheu musterte, ehe er sich abwandte.
Der restliche Tag verlief nur unwesentlich besser. Ich endete an dem Tatort, an dem der Mann mit dem Hammer seine kleine Party veranstaltet hatte. Vince hatte recht – es war ein abscheuliches Durcheinander, das mittlerweile getrocknete Blut war über zweieinhalb Wände, ein Sofa und einen großen Teil des ehemals beigefarbenen Teppichbodens gespritzt. Ich erfuhr von einem der Polizisten an der Tür, dass der Mann sich in Haft befand; er hatte gestanden und behauptet, nicht zu wissen, was über ihn gekommen sei. Ich fühlte mich deshalb zwar nicht wesentlich besser, doch ist es nett zu wissen, dass der Gerechtigkeit hin und wieder Genüge getan wird. Zudem lenkte mich die Arbeit für eine Weile von Weiss ab. Es tut immer gut, sich zu beschäftigen.
Doch an meiner düsteren Ahnung, dass Weiss vermutlich ebenso dachte, änderte das nichts.
34
I ch blieb also geschäftig, und Weiss desgleichen. Mit Chutskys Hilfe fand ich heraus, dass er einen Flug von Havanna nach Toronto bestiegen hatte, als wir gerade am Flughafen von Havanna eintrafen. Doch was er danach getan hatte, konnte selbst die eifrigste Computerrecherche nicht zutage fördern. Eine leise Stimme in meinem Inneren stammelte hoffnungsvoll, dass er vielleicht aufgeben und zu Hause bleiben würde, doch wurde dieses Stimmchen vom äußerst lauten, kreischenden Gelächter meiner übrigen inneren Stimmen erstickt.
Ich erledigte die sehr wenigen Kleinigkeiten, die mir noch einfielen: Ich führte einige Internetrecherchen durch, zu denen ich eigentlich gar nicht in der Lage sein sollte, und es gelang mir, kleinere Kreditkartenbewegungen aufzuspüren, jedoch ausschließlich in Toronto. Dies führte mich zu seiner Bank, was einfach genug war und mich ein wenig verstimmte. Sollte unser heiliges Geld nicht ein wenig sorgfältiger bewacht werden? Weiss hatte mehrere tausend Dollar abgehoben, und das war’s dann. Keinerlei Aktivitäten in den Tagen darauf.
Ich war sicher, dass diese Bargeldabhebung in irgendeiner Form schlechte Auswirkungen auf mich haben würden, doch gelang es mir nicht, diese Gewissheit einer bestimmten Art von Bedrohung zuzuordnen. Voller Verzweiflung besuchte ich wieder einmal die YouTube-Seite. Zu meinem Entsetzen war die komplette » NEUES-MIAMI «-Serie verschwunden, einschließlich der kleinen Rahmen mit den Videovorschauen. Stattdessen fand sich vor einem stumpfgrauen Hintergrund das grauenhafte Bild eines abstoßenden, nackten männlichen Körpers, dessen intimste Teile teilweise abgehackt worden waren. Darunter stand: »Schwarzkogler war erst der Anfang. Der nächste Schritt wird vollzogen.«
Kein Gespräch, das mit »Schwarzkogler war erst der Anfang« beginnt, führt zu einem Ziel, das ein rational denkendes Wesen erreichen möchte. Doch der Name kam mir vage vertraut vor, und selbstverständlich durfte ich keine potenzielle Spur vernachlässigen, deshalb tat ich, was die Pflicht gebot, und googelte den Begriff.
Besagter Schwarzkogler stellte sich als Rudolf heraus, ein Österreicher, der sich als Künstler gesehen hatte, und um das zu beweisen, schnitt er sich, wie berichtet wurde, immer wieder kleine Scheiben von seinem Penis ab und fotografierte den Prozess. Dies war solch ein künstlerischer Triumph, dass er seine Karriere
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