Die schöne Kunst des Mordens
würde kommen, wie sie es immer tat, und auf Dexter treffen, der für sie bereit war. Bereit, nach dem langen und erschöpfenden Aufenthalt in der Tageswelt in dieser Nacht endlich in ihrer warmen, wilden Musik zu schwelgen und ein paar Akkorde aus Dexters persönlichem Menuett beizusteuern.
Ungeduldig beobachtete ich die schwerfällige, langsam sinkende Sonne. Ich konnte spüren, wie die Dunkelheit sich räkelte, sich zu mir neigte, um mich zu durchdringen, die Schwingen entfaltete, die Knoten in zu lange nicht mehr genutzten Muskeln löste, zum Sprung ansetzte …
Mein Handy klingelte.
»Ich bins«, sagte Rita.
»Dessen bin ich gewiss.«
»Ich glaube, ich habe eine echt gute – was hast du gesagt?«
»Nichts«, sagte ich. »Was ist echt gut?«
»Was?«, fragte sie. »Oh – ich habe darüber nachgedacht, was wir besprochen haben. Wegen Cody?«
Ich zerrte meinen Verstand aus der pulsierenden Dunkelheit, die mich verschlungen hatte, und versuchte mich zu erinnern, was wir wegen Cody besprochen hatten. Irgendetwas darüber, ihm aus seinem Schneckenhaus zu helfen, doch ich konnte mich an nichts Konkretes erinnern, nur an einige schwammige Gemeinplätze, mit denen sich Rita wohler fühlen sollte, während ich Codys Füße auf den Harry-Pfad setzte. Deshalb entgegnete ich einfach: »Ach ja, richtig. Und?«, in der Hoffnung, ihr etwas zu entlocken.
»Ich habe mit Susan gesprochen. Du weißt schon, drüben an der 137th? Mit dem großen Hund?«
»Ja«, sagte ich. »Ich erinnere mich an den Hund.« Das tat ich tatsächlich – er hasste mich, wie alle Haustiere. Sie alle erkennen mich als das, was ich bin, auch wenn ihre Herrchen das nicht tun.
»Und ihren Sohn, Albert? Er hat sehr positive Erfahrungen mit den Wölflingen gemacht, du weißt schon, die Kleinen bei den Pfadfindern. Und ich habe mir gedacht, das könnte genau das Richtige für Cody sein.«
Zuerst schien die Vorstellung völlig unsinnig. Cody? Ein Pfadfinder? Das schien, als wollte man Godzilla Tee und Gurkensandwiches servieren. Doch während ich noch nach einer Antwort suchte, die weder aufgebrachte Ablehnung noch hysterisches Gelächter beinhaltete, ging mir gerade noch rechtzeitig auf, dass die Idee gar nicht schlecht war. Tatsächlich war es eine sehr gute Idee, die sich perfekt in meinen Plan einfügen würde, Cody die Anpassung an menschliche Kinder zu lehren. Und so, gefangen zwischen ärgerlicher Ablehnung und begeisterter Zustimmung, antwortete ich entschieden: »Er tute schollen.«
»Dexter, geht es dir gut?«, fragte Rita.
»Ich, äh, du hast mich überrascht«, sagte ich. »Ich stecke mitten in der Arbeit. Aber ich halte es für eine großartige Idee.«
»Echt? Findest du?«
»Unbedingt. Es ist absolut perfekt für ihn.«
»Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Aber dann dachte ich, ich weiß nicht. Was, wenn – ich meine, glaubst du wirklich?«
Das tat ich, und schließlich konnte ich sie davon überzeugen.
Doch das dauerte einige Minuten, da Rita sprechen kann, ohne zu atmen und, recht häufig, ohne einen Satz zu beenden, so dass sie auf jedes meiner Worte fünfzehn bis zwanzig unzusammenhängende äußerte.
Nachdem ich sie endlich überzeugt und aufgelegt hatte, war es draußen ein wenig dunkler, in meinem Inneren jedoch unglücklicherweise wesentlich heller geworden. Die Eröffnungstakte von Dexters Tanz waren verstummt, der aufsteigende Drang durch Ritas Anruf gezähmt. Doch er würde zurückkehren, dessen war ich gewiss.
Um geschäftig zu wirken, rief ich in der Zwischenzeit Chutsky an.
»Hey, Kumpel«, grüßte er. »Vor ein paar Minuten hat sie wieder die Augen geöffnet. Die Ärzte meinen, dass sie allmählich wieder zu sich kommt.«
»Das ist wunderbar. Ich komme ein bisschen später. Ich muss noch ein paar Dinge erledigen.«
»Einige von euren Leuten waren hier«, berichtete er. »Kennst du einen Kerl namens Israel Salguero?«
Auf der Straße fuhr ein Fahrrad vorbei. Der Fahrer streifte meinen Seitenspiegel und radelte weiter. »Ich kenne ihn. War er da?«
»Ja. Er war hier.« Chutsky schwieg, als würde er auf einen Kommentar von mir warten. Mir fiel nichts ein, deshalb sagte er schließlich: »Weißt du was über ihn?«
»Er kannte unseren Vater.«
»Aha«, sagte er. »Und sonst?«
»Hm. Er ist bei der Dienstaufsicht. Er untersucht Deborahs Verhalten in der ganzen Angelegenheit.«
Einen Moment war Chutsky sehr still. »
Ihr
Verhalten?«, vergewisserte er sich schließlich.
»Ja«,
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