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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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die Tür, und ihm blieb ein kurzer Moment der Überraschung, ehe wir auf ihn losgingen, ihn rasch mit dem Gesicht nach unten zu Boden stießen, die Schlinge um den Hals, während wir ihm Mund, Hände und Füße verklebten. Nachdem er gesichert und ruhiggestellt war, durchsuchten wir eilig das restliche Gebäude und entdeckten niemanden. Was wir fanden, waren einige interessante Kleinigkeiten: ein paar hübsche Werkzeuge im Badezimmer, direkt neben einer großen Badewanne. Sägen und Zangen und derartige Dinge, reizendes Dexter-Spielzeug. Es war eindeutig der weiße Porzellanhintergrund aus dem Heimvideo, das wir in der Behörde für Fremdenverkehr gesehen hatten, und das war der Beweis, der einzige Beweis, den wir im Augenblick brauchten, in dieser Nacht des Verlangens. Doncevic war schuldig. Er hatte hier auf diesen Fliesen neben dieser Wanne gestanden, die Werkzeuge in der Hand, und unvorstellbare Dinge getan – exakt die unvorstellbaren Dinge, die wir nun ihm anzutun gedachten.
    Wir zerrten ihn ins Bad und legten ihn in die Wanne, und dann hielten wir erneut inne, nur für einen Moment. Ein sehr leises und hartnäckiges Flüstern wies darauf hin, dass nicht alles in Ordnung war, und es wanderte unser Rückgrat empor ins Ohr. Wir drehten Doncevic in der Wanne auf den Bauch, mit dem Gesicht nach unten, und durchsuchten das Gebäude hastig noch einmal. Dort war nichts und niemand, und alles war gut, die sehr laute Stimme des Finsteren Fahrers übertönte das schwache Flüstern, forderte erneut, dass wir zum Tanz mit Doncevic zurückkehrten.
    Deshalb traten wir wieder an die Wanne und begaben uns an die Arbeit. Wir beeilten uns ein wenig, da wir uns an einem unbekannten Ort befanden und keinen echten Plan hatten, und auch, weil Doncevic eine seltsame Bemerkung machte, ehe wir ihm das Geschenk der Sprache für alle Zeit nahmen: »Lächeln«, sagte er, und das versetzte uns in Wut, und rasch war er unfähig, jemals wieder etwas Verständliches zu äußern. Aber wir waren gründlich, o ja, und als wir fertig waren, waren wir sehr zufrieden mit der ausgezeichneten Arbeit. In der Tat war alles sehr gut gelaufen, und wir hatten einen sehr großen Schritt getan, um die Dinge wieder so zu gestalten, wie die Dinge sein mussten.
    Und so war es bis zum Ende, bei dem nichts übrig blieb als einige Säcke voll Abfall und ein kleiner Tropfen Blut von Doncevic auf einem Objektträger für mein Kästchen aus Rosenholz.
    Und wie stets fühlte ich mich hinterher wesentlich besser.

15
    E rst am nächsten Morgen begannen sich die Dinge zu entwirren.
    Ich fuhr zur Arbeit, müde, aber zufrieden nach der schönen Aufgabe der letzten Nacht. Ich hatte gerade mit einer Tasse Kaffee Platz genommen, um einen Stapel Akten in Angriff zu nehmen, als Vince Masuoka den Kopf durch die Tür steckte. »Dexter«, grüßte er.
    »Der Unvergleichliche«, entgegnete ich mit angemessener Bescheidenheit.
    »Hast du es schon gehört?«, fragte er mit einem aufreizenden Wetten-du-hast-nicht-Grinsen.
    »Ich höre so vieles, Vince. Was genau meinst du?«
    »Den Obduktionsbericht«, erklärte er. Und da es ihm anscheinend ein Anliegen war, so nervtötend wie möglich zu sein, sagte er sonst nichts, sondern sah mich nur erwartungsvoll an.
    »In Ordnung, Vince«, sagte ich schließlich. »Von welchem Obduktionsbericht, der meine Sicht der Dinge für immer ändern wird, habe ich noch nichts gehört?«
    Er runzelte die Stirn. »Was?«
    »Ich sagte, nein, habe ich nicht. Bitte erzähl es mir.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass du das gesagt hast«, meinte er. »Aber egal, du erinnerst dich doch an diese unheimlichen Designerleichen mit dem Obst und dem ganzen Zeug drin?«
    »In South Beach und Fairchild Gardens?«, vergewisserte ich mich.
    »Genau. Sie wurden zur Obduktion ins Leichenschauhaus gebracht, und der Rechtsmediziner war ganz hin und weg, dass sie wieder da sind.«
    Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon mal aufgefallen ist, doch es ist zwei menschlichen Wesen durchaus möglich, ein Gespräch zu führen, in welchem eine oder beide der betroffenen Parteien absolut keine Ahnung haben, worüber sie eigentlich reden. Ich schien in diesem Moment in eine dieser hirnverwirrenden Plaudereien verwickelt zu sein, da das Gespräch mit Vince mir bis zu diesem Zeitpunkt nichts außer einem wachsenden Gefühl der Verärgerung eingebracht hatte.
    »Vince«, sagte ich. »Bitte verwende kurze und einfache Wörter, und sag mir, was du versuchst, mir zu sagen,

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