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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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weil … ich weiß, dass du das willst, weißt du.«
    »Da bin ich ganz sicher«, meinte ich.
    Mein Handy begann zu zirpen und ich meldete mich. »Ja?«
    »Sie ist aufgewacht«, jubelte Chutsky. »Und sie hat gesprochen.«
    »Ich komme sofort«, sagte ich.

19
    I ch weiß nicht so recht, was ich mir eigentlich erhofft hatte, als ich zum Krankenhaus fuhr, doch in jedem Fall bekam ich es nicht. Nichts schien sich geändert zu haben. Deborah saß keineswegs aufrecht im Bett und löste Kreuzworträtsel, während sie ihrem iPod lauschte. Sie lag nach wie vor regungslos da, umgeben von einem Durcheinander an Apparaten und Chutsky. Und der saß in derselben flehenden Haltung auf demselben Stuhl, obgleich es ihm irgendwann zwischendurch gelungen war, das Hemd zu wechseln und sich zu rasieren.
    »Hey, Mann«, rief er mir fröhlich entgegen, als ich mir einen Weg zu Deborahs Bett bahnte. »Wir sind auf dem Weg der Besserung. Sie hat mich direkt angesehen und meinen Namen gesagt. Sie wird wieder ganz gesund.«
    »Großartig«, erwiderte ich, obwohl mir nicht einleuchtete, warum das Aussprechen eines einsilbigen Namens bedeuten sollte, dass meine Schwester mit raketenhafter Geschwindigkeit zu voller, unbeeinträchtigter Normalität zurückkehrte. »Was sagen die Ärzte?«
    Chutsky zuckte die Achseln. »Denselben alten Scheiß. Ich solle mir nicht zu große Hoffnungen machen, es sei zu früh, um mit Sicherheit etwas sagen zu können, vegetatives Nervensystem, blablabla.« Er hob in einer Zum-Teufel-damit-Geste die Hand. »Aber sie waren nicht dabei, als sie aufwachte, im Gegensatz zu mir. Sie hat mir in die Augen gesehen, das weiß ich. Sie ist immer noch da, Kumpel. Sie wird wieder gesund.«
    Dazu gab es nicht viel zu sagen, deshalb murmelte ich ein paar wohlmeinende, nichtssagende Silben und setzte mich. Doch obgleich ich außerordentlich geduldig zweieinhalb Stunden wartete, sprang Debs nicht aus dem Bett und begann mit Freiübungen; sie wiederholte nicht einmal ihre Vorzeigeübung, die Augen zu öffnen und Chutskys Namen zu nennen, und so trollte ich mich ohne eine Spur von Chutskys magischer Gewissheit nach Hause und ins Bett.
     
    Als ich am nächsten Morgen im Büro eintraf, war ich entschlossen, direkt an die Arbeit zu gehen und alles über Doncevic und seinen rätselhaften Genossen herauszufinden. Doch blieb mir kaum Zeit, meinen Kaffeebecher auf den Schreibtisch zu stellen, als mich auch schon der Geist der komplett schiefgegangenen Weihnacht in der Person Israel Salgueros von der Dienstaufsicht heimsuchte. Er waberte herein und glitt geräuschlos in den Klappstuhl mir gegenüber. Seine Bewegungen atmeten eine Art samtene Drohung, die ich, hätte sie nicht mir gegolten, bewundert hätte. Einen Moment musterte ich ihn und er musterte mich, ehe er schließlich nickte und sagte: »Ich kannte Ihren Vater.«
    Ich nickte und riskierte wagemutig einen Schluck von meinem Kaffee – allerdings ohne Salguero aus den Augen zu lassen.
    »Er war ein guter Polizist und ein guter Mensch«, sagte Salguero. Er sprach leise, entsprechend seinen geräuschlosen Bewegungen, und er sprach mit einem ganz leichten Akzent, wie so viele kubanischstämmige Amerikaner seiner Generation. Es stimmte, dass er Harry gut gekannt hatte, und Harry hatte viel von ihm gehalten. Doch das war Vergangenheit. Heute war Salguero ein äußerst respektierter und ebenso gefürchteter Lieutenant der Dienstaufsicht, und es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, wenn er Deborah oder mich überprüfte.
    In der Annahme, dass es das Beste war, einfach abzuwarten und ihn auf den Punkt kommen zu lassen, so es denn einen gab, trank ich einen weiteren Schluck Kaffee. Er schmeckte nicht annähernd so gut wie vor Salgueros Eintreten.
    »Ich würde diese Angelegenheit gern so rasch wie möglich klären«, sagte er. »Ich bin sicher, dass weder Sie noch Ihre Schwester sich Sorgen machen müssen.«
    »Nein, selbstverständlich nicht«, erwiderte ich, während ich mich fragte, warum mich das so gar nicht beruhigte – es sei denn natürlich, weil mein ganzes Leben auf der Idee aufbaute, möglichst unauffällig zu bleiben, und ein geschulter Ermittler, der in alle Ecken spähte, nicht sonderlich beruhigend wirkte.
    »Falls Sie mir etwas sagen wollen«, sagte er, »steht mein Büro Ihnen jederzeit offen.«
    »Vielen Dank«, erwiderte ich, und da es sonst nichts zu geben schien, was ich sagen konnte, sagte ich sonst nichts.
    Salguero musterte mich einen Moment, dann nickte er

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