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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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nicht.
    Also erhebe dich und atme durch! Wirf dich mal wieder in die Bresche, Dexter. Mach dich auf den Weg. Und das tat ich.
    Ich schritt durch die Tür und zu meinem Wagen, doch es gelang mir nicht, ein seltsames Gefühl des Unbehagens abzuschütteln.
    Das Gefühl begleitete mich auf dem gesamten Weg zur NE 98th Street, nicht einmal der beruhigend mörderische Rhythmus des Verkehrs konnte es vertreiben. Etwas stimmte nicht, und Dexter steuerte direkt darauf zu. Doch da es nicht substanzieller war, fuhr ich weiter, während ich mich fragte, was an einer Ecke meines Verstands nagte. Fürchtete ich tatsächlich nur das Tageslicht? Oder mahnte mich mein Unterbewusstsein, dass ich etwas Wichtiges übersehen hatte, etwas, was sich anschickte, sich zu erheben und mich anzugreifen? Wieder und wieder spielte ich in Gedanken alles durch und kam stets zu demselben Ergebnis: Alles war äußerst einfach, vollkommen folgerichtig, vernünftig, logisch und richtig, und mir blieb keine andere Wahl, als so schnell wie möglich zu handeln. Warum sollte das unangenehm sein? Wann war Dexter überhaupt jemals eine Wahl geblieben? Wann hatte eigentlich irgendjemand irgendeine Wahl, außer gelegentlich – an jenen wenigen guten Tagen, die uns vergönnt sind – zu sagen, ich hätte lieber Eiskrem als Kuchen?
    Doch als ich einen halben Block entfernt von Wimbles Haus auf der anderen Straßenseite den Wagen abstellte, spürte ich noch immer unsichtbare Finger, die mich im Nacken kitzelten. Und so tat ich mehrere Minuten nichts anderes, als im Wagen zu sitzen und die Straße hinunter auf das Haus zu starren.
    Der bronzefarbene Wagen stand direkt davor. Es gab keine Anzeichen für Leben, kein großer Stapel Leichenteile wurde zum Straßenrand geschleppt, um dort abgeholt zu werden. Nichts, nur ein stilles Haus in einem gewöhnlichen Viertel Miamis, das in der Mittagshitze brütete.
    Und je länger ich mit abgeschaltetem Motor im Auto saß, desto bewusster wurde mir, dass ich ebenfalls brütete. Falls ich noch ein paar Minuten länger sitzen blieb, würde ich zusehen können, wie sich eine dunkle Kruste auf meiner Haut bildete. Welche Zweifel auch immer mich plagten, ich musste etwas unternehmen, solange die Luft im Auto noch Sauerstoff enthielt.
    Ich stieg aus und blieb einige Sekunden zwinkernd in Hitze und Licht stehen, dann bewegte ich mich die Straße hinunter, weg von Wimbles Haus. Langsam und lässig ging ich einmal um den Block und musterte die Rückseite des Hauses. Es gab nicht viel zu sehen; eine Hecke, die durch einen Maschendrahtzaun wucherte, versperrte die Sicht. Ich beendete meine Runde, überquerte die Straße und kehrte zum Auto zurück.
    Und stand wieder da, in der Helligkeit blinzelnd, spürte, wie mir der Schweiß den Rücken hinabrann, über meine Stirn, in die Augen. Ich wusste, dass ich nicht mehr lange dort stehen bleiben durfte, wollte ich keine Aufmerksamkeit erregen. Ich musste etwas unternehmen – entweder näherte ich mich dem Haus, oder ich stieg wieder ein, fuhr nach Hause und wartete auf meinen Anblick in den Abendnachrichten. Doch wegen dieser garstigen, irritierenden, leisen Stimme, die noch immer in meinen Verstand quiekte, dass etwas nicht stimmte, blieb ich noch ein wenig länger stehen, bis in meinem Inneren etwas Kleines und Sprödes brach und ich endlich sagte: Na gut. Soll es passieren, was immer es ist. Alles ist besser, als hier zu stehen und die Schweißtröpfchen beim Fallen zu zählen.
    Zur Abwechslung fiel mir etwas Nützliches ein, und ich öffnete den Kofferraum. Ich hatte ein Klemmbrett hineingeworfen; es hatte sich in der Vergangenheit bei der Untersuchung der Lebensweise der Ruchlosen und Berüchtigten schon einige Male als hilfreich erwiesen. Zudem fand sich dort eine Clipkrawatte. Meiner Erfahrung nach kann man überall auftauchen, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und niemand wird Fragen stellen, solange man eine Clipkrawatte trägt und ein Klemmbrett bei sich hat. Glücklicherweise trug ich an diesem Tag ein Hemd mit geknöpftem Kragen. Ich befestige die Krawatte, ergriff das Klemmbrett und einen Kugelschreiber und ging die Straße hinauf zu Wimbles Haus. Nur ein weiterer dieser halboffiziellen Niemande, der irgendetwas überprüfen will.
    Ich sah die Straße entlang; sie wurde von Bäumen gesäumt, und in einigen Gärten sah ich Obstbäume. Prima: Heute war ich Inspektor Dexter von der staatlichen Behörde für Baumkontrolle. Das würde mir gestatten, mich, getarnt durch eine halbwegs

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