Die schöne Kunst des Mordens
ich glaubte, dass das mittlere eine Drei oder Acht war.
Doch zusammen mit der Beschreibung des Wagens reichte das vollkommen. Ich würde zumindest den Besitzer ausfindig machen. Er war mit Sicherheit nicht auf Weiss zugelassen, das war ausgeschlossen. So blöd ist niemand, nicht angesichts der Dauerberieselung mit Krimiserien in sämtlichen Medien. Doch eine kleine Hoffnung flammte auf. Er war ohne Aufsehen verschwunden, weil er nicht wollte, dass ich ihn oder sein Auto sah; und dieses eine Mal hatte ich vielleicht ein bisschen Glück.
Ich stand fast eine Minute dort und wartete darauf, dass der wilde Sturm in meinem Inneren sich wieder in ein ordentlich zusammengerolltes und gleichmäßig schnurrendes Ding verwandelte. Mein Herz klopfte wie nur selten bei Tageslicht, und mir wurde bewusst, wie gut es war, dass Weiss ein wenig scheu gewesen war und sich so eilfertig zurückgezogen hatte. Denn was hätte ich andernfalls getan? Ihn aus dem Auto gezerrt und säuberlich in ein Dutzend Stücke zerfetzt? Oder ihn verhaftet und in einen Streifenwagen verfrachtet, wo er damit beginnen konnte, jedem, der zuhörte, alles über Dexter zu erzählen?
Nein, tatsächlich war es besser, dass er entkommen war. Ich würde ihn finden, und dann würden wir unter meinen Bedingungen aufeinandertreffen, in der zweckmäßigen Dunkelheit der Nacht, die für meinen Geschmack nicht früh genug kommen konnte.
Ich holte tief Luft, klebte mir mein falsches Arbeitslächeln ins Gesicht und schritt zurück zu dem dekorativen Fleischberg, der einst Codys Gruppenführer gewesen war.
Vince Masuoka kauerte neben der Leiche, doch statt etwas Nützliches zu tun, starrte er nur auf das in die Körperhöhle gestopfte Zeug und runzelte die Stirn. Als ich näher trat, blickte er auf und fragte: »Was soll das bedeuten, was meinst du?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Meine Aufgabe sind die Blutspuren. Für die Bedeutung bezahlt man die Detectives.«
Vince legte den Kopf auf die Seite und starrte mich an, als hätte ich vorgeschlagen, die Leiche zu verspeisen. »Wusstest du, dass Detective Coulter die Ermittlungen leitet?«
»Vielleicht kriegt er sein Geld für was anderes«, antwortete ich, und leise Hoffnung stieg in mir auf. Dieses Detail hatte ich vergessen, obwohl es wert war, im Gedächtnis zu bleiben. Mit Coulter als leitendem Ermittler konnte ich den Mord gestehen, ihm Videos überreichen, die mich bei der Ausübung zeigten, und er würde immer noch eine Möglichkeit finden, das nicht zu beweisen.
Deshalb war ich nahezu gut gelaunt, als ich mich zurück an die Arbeit begab – und brannte darauf, wieder an meinen Computer zu gelangen und Weiss aufzuspüren. Glücklicherweise fanden sich nur wenige Blutspuren – Weiss schien zu der Sorte Ordnungsfanatiker zu gehören, denen meine Bewunderung galt –, und deshalb gab es für mich so gut wie nichts zu tun. Ich war innerhalb kürzester Zeit fertig und schnorrte eine Fahrt im Streifenwagen zurück zur Zentrale. Der Fahrer, ein großer weißhaariger Mann namens Stewart, plauderte auf der gesamten Rückfahrt über die Miami Dolphins, wobei es ihm offensichtlich vollkommen gleichgültig war, ob ich antwortete.
Als wir an der Zentrale eintrafen, hatte ich einige wunderbare Dinge die vor uns liegende Football-Saison betreffend erfahren. Er ließ sich darüber aus, was wir während der spielfreien Zeit hätten tun sollen, doch unerklärlicherweise wieder einmal unterlassen hatten, was gewiss erneut zu einer Spielzeit voller Ungeschicklichkeiten und schmählicher Niederlagen führen würde. Ich dankte ihm für die Mitfahrgelegenheit und die wichtigen Informationen und floh an meinen Computer.
Die Kfz-Zulassungsdatenbank gehört zu den grundlegenden Werkzeugen der Ermittlungsarbeit, sowohl in der Fiktion als auch in der Wirklichkeit, und ich tat es mit einem leisen Gefühl der Scham, als ich sie nun benutzte. Es schien zu simpel, wie in einem einfältigen Fernsehkrimi. Falls ich Weiss damit fand, würde ich das Gefühl zu betrügen selbstverständlich irgendwie überwinden, doch im Moment wünschte ich mir fast eine Spur, die eine etwas gerissenere Herangehensweise erforderte. Dennoch arbeiten wir nun einmal mit den Mitteln, die uns gegeben sind, und hoffen darauf, später um konstruktive Kritik gebeten zu werden.
Innerhalb einer Viertelstunde hatte ich die komplette Datenbank Floridas durchkämmt und drei bronzefarbene Fahrzeuge mit den Buchstaben OGA auf dem Kennzeichen entdeckt. Eins davon
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