Die schoene Luegnerin
war...
»Tem«, sagte Carrie lächelnd, »du brauchst kein so trauriges Gesicht zu machen. Das ist doch keine Tragödie. Ich kann deinem Vater etwas zu essen machen — zum Beispiel ein Eier-Sandwich. «
Tem preßte rasch eine Hand auf den Mund seiner Schwester, um ihren Protest zu unterdrücken. »Er mag Eier-Sandwich«, sagte Tem, und beide Kinder lächelten Carrie wie zwei Engelchen an.
Carrie briet Eier, und Tem packte Konserven und ein Glas mit Mixed Pickels in eine Tasche, dann machten sich alle drei mit Choo-choo auf den Weg zu dem Feld, auf dem Josh Tag für Tag arbeitete. Auf dem Weg dorthin plapperte Dallas unaufhörlich und stellte Carrie Fragen über das Meer, über China und ihre Brüder, so daß Tem Zeit hatte, ausführlich nachzudenken — und zu träumen.
Er stellte sich vor, daß sein Vater Carries Eier-Sandwich wundervoll fand und daß er ihr sagte, er würde sie lieben und sich wünschen, daß sie für immer bei ihnen blieb. Carrie würde natürlich ja sagen, und dann wären sie eine richtige Familie. Carrie könnte seinen Vater wieder zum Lachen bringen, und alle wären glücklich. Das einzige, was Tem Sorgen machte, war das schmutzige Geschirr und die Tatsache, daß Carrie nicht kochen konnte, und ihm fiel nichts ein, wie diese Mängel zu beheben waren. Der Gedanke daran trübte seine rosafarbenen Träume.
Seine Träume verloren vollends jeglichen Glanz, als Carrie die drei Felder sah, auf denen Josh arbeitete. Tem kannte Onkel Hirams Felder, die aussahen, als wären sie einem Bilderbuch entsprungen, aber Tem war stolz auf seinen Vater, auch wenn seine Felder voller Unkraut und Ungeziefer und einige Maispflanzen viel zu groß, dafür aber die anderen viel zu klein waren.
Nach einem Blick auf die chaotischen Äcker brach Carrie in Gelächter aus. Tem hatte sich schon daran gewöhnt, daß Carrie an allen Dingen ihren Spaß hatte und vieles lustig fand, aber Josh schien dafür jegliches Verständnis zu fehlen. Tem beobachtete, daß sein Vater immer zorniger wurde, je mehr Carrie lachte, und er wurde noch wütender, als Carrie ihm sagte, daß er ein ebenso schlechter Farmer war wie sie eine schlechte Hausfrau. Wenn der Junge daran dachte, wie das Haus aussah, und dann die Felder betrachtete, mußte er ihr im stillen recht geben.
Aber sein Vater war offensichtlich anderer Meinung, und ihm war beileibe nicht zum Lachen zumute. Er war richtig in Rage, als Carrie immer noch kicherte. Erst als er in Carries Sandwich biß und ein großes Stück Eierschale zwischen seinen Zähnen knirschte, hellte sich seine Miene auf, und jetzt begann er zu lachen und amüsierte sich königlich.
Carrie drehte sich auf dem Absatz um und ging, während Choo-choo Josh wütend anbellte, als wüßte er, daß Josh sein Frauchen tödlich beleidigt hatte. Carrie war jetzt genauso wütend wie vorher Josh.
Die Kinder waren ratlos, ob sie jetzt bei ihrem Vater bleiben oder mit Carrie nach Hause gehen sollten. Josh erlöste sie aus diesem Dilemma, indem er sie zu Carrie schickte. »Ihr scheint mit ihr besser auszukommen als mit mir, also geht zu ihr«, brummte er und stapfte zurück auf das Feld.
Dallas konnte die Tränen nicht zurückhalten und schluchzte, so daß Tem ihre Hand nahm, als sie zum Haus zurückgingen.
Zum Glück war Mrs. Emmerling inzwischen eingetroffen und dabei, aufzuräumen und zu kochen. Carrie ging schnurstracks ins Schlafzimmer und schleuderte die Tür hinter sich zu. Die Kinder waren sich sicher, sie weinen zu hören.
Tem setzte sich auf den Schaukelstuhl vor den Kamin, während Dallas ihre neue Puppe nahm und mit Choo-choo ins Freie ging, um zu spielen. Mrs. Emmerling machte sich in der Küche zu schaffen, wischte und putzte alles, und Tem dachte nach. Nach einer Weile gesellte sich Mrs. Emmerling zu ihm, nahm auf dem anderen Schaukelstuhl Platz und begann, Joshs zerrissene Hemden zu stopfen.
»Du siehst aus, als hättest du ein sehr ernstes Problem«, sagte Mrs. Emmerling. »Kann ich dir irgendwie helfen? «
Tem kannte diese Frau nicht, aber er mochte sie auf Anhieb. Sie war dick und sah nett aus. Ihre Hände und ihr Gesicht waren rot von der anstrengenden Arbeit. Er schüttelte den Kopf.
»Bist du sicher? Ich habe selbst acht Kinder und bin es gewöhnt, ihnen zuzuhören, wenn sie in Schwierigkeiten sind. «
»Wie kann man erreichen, daß sich Menschen ineinander verlieben? « brach es plötzlich aus Tem hervor.
Mrs. Emmerling nähte eine Weile schweigend weiter. »Warum möchtest du das
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