Die schoene Luegnerin
glücklich bist, Carrie. Sie hat mir ihr eigenes Hochzeitskleid mitgegeben und bittet dich, es zu tragen, wenn du dich noch einmal mit Josh trauen läßt. Außerdem möchte sie eine Fotografie von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn haben. Weil ich hoffte, daß es keinerlei Probleme geben würde, habe ich mir die Freiheit herausgenommen, die Zeremonie für morgen nachmittag zu arrangieren. Für das Brautbouquet habe ich pinkfarbenen Rosen ausgesucht. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen, ich muß mich nämlich so rasch wie möglich wieder auf den Heimweg machen. «
»Ja«, murmelte Carrie zögernd, »ich glaube, das ist möglich. «
»Gut. « Ring nahm seine Reisetasche, die der Kutscher abgeladen hatte. »Können wir gehen? « erkundigte er sich, nahm Carries Arm und ließ sich zum Hotel führen.
»Ich werde ihm alles sagen«, flüsterte Josh. »Dieser Mann... «
»Bitte nicht«, fiel Carrie ihm leise ins Wort. »Er hält mein Leben in seinen Händen. Ring hat von meinem Vater alle Vollmachten bekommen, und er ist sozusagen mein gesetzlicher Vormund. Ich vertraue ganz fest darauf, daß deine... « sie schluckte, »... daß deine Frau morgen früh auftaucht, damit wir zu dem Zeitpunkt, den Ring festgesetzt hat, heiraten können. «
15. Kapitel
»Er wird mich zwingen, mit ihm nach Hause zu fahren«, sagte Carrie niedergeschlagen. Sie und Josh saßen in Rings Hotelzimmer und warteten darauf, daß er sein Bad beendete.
»Würde es dir etwas ausmachen, das nicht immer zu wiederholen? Allmählich geht mir dieser Satz auf die Nerven. Glaubst du, er wirft einen Sack über dich, fesselt dich und entfuhrt dich heimlich? Das müßte er nämlich tun, wenn er dich von mir wegholen will, und selbst dann würde ich nicht zögern, euch zu verfolgen und dich zurückzuholen. «
Carrie saß auf dem Sofa und starrte blicklos auf den zerrissenen, staubigen Teppich. »Wir müssen ihn glauben machen, daß alles in Ordnung ist. Er darf nie erfahren, daß wir Schwierigkeiten miteinander haben. «
»Wir haben keine Schwierigkeiten miteinander. «
Carrie funkelte ihn böse an. »O nein, du bist nur mit einer anderen Frau verheiratet, und ich trage ein Kind unter dem Herzen, das in Sünde gezeugt wurde. Du kennst Ring nicht so, wie ich ihn kenne. Er hat eiserne Moralvorstellungen, und er wäre entsetzt, wenn er die Wahrheit herausfinden würde. «
Josh ächzte. »Ich glaube, du schätzt deinen Bruder falsch ein. Ich würde meinen, daß ihm nichts Menschliches fremd ist. «
»Ha! Wenn Ring überhaupt menschliche Regungen verspürt, dann verbirgt er sie gut. «
Josh lachte überheblich. »Dieser Mann verbirgt keine einzige Regung. Er liebt dich abgöttisch. Ich vermute, daß er der sanftmütigste und warmherzigste deiner Brüder ist, wenn es um dich geht. Er würde alles für dich tun. Selbst wenn du einen Schornsteinfeger heiraten wolltest, wäre er zufrieden, wenn du nur glücklich bist. «
»Du weißt gar nichts«, versetzte Carrie. »Ring ist... «
»Was bin ich, mein liebes Schwesterchen? « fragte Ring, als er das Zimmer betrat. Er war frisch gebadet und trug ein perfekt gebügeltes Dinnerjackett, während Carrie und Josh ziemlich ramponiert aussahen.
»Du bist mein absoluter Lieblingsbruder«, erklärte Carrie geistesgegenwärtig und stellte sich auf die Zehenspitzen, um eine frisch rasierte Wange zu küssen.
»Darf ich dem Schmeichelbild des Schlafes traun, so deuten meine Träum ein nahes Glück« , zitierte Ring.
»Was ist das? «
»Shakespeare, das würdest du wissen, wenn du es für nötig befunden hättest, die Schule zu beenden. Können wir zum Essen gehen? «
Carrie und Josh gingen voran. Carrie hatte am Abend zuvor eine ihrer Angestellten ins Hotel geschickt, damit für heute ein möglichst anständiges Abendessen zubereitet werden konnte, und jetzt fragte sich Carrie, ob wohl alles zu Rings Zufriedenheit arrangiert worden war.
Man hatte einen Tisch in einer Nische für drei Personen gedeckt, und wenn Carrie nicht so aufgeregt gewesen wäre, hätte sie sicherlich laut gelacht. Die Kellner trugen nicht ihre normale Kleidung, sondern Anzüge, die so aussahen, als hätten sie sich jedes Teil von jemand anderem ausgeliehen. Über ihren Armen hingen in französischer Manier Servietten, die ziemlich schmuddelig und ungebügelt waren.
Sobald die drei Gäste Platz genommen hatten, stürzte ein Kellner auf sie zu, nahm Rings Weinglas, aber bevor er einschenkte, entdeckte er Staub auf dem Boden des Glases. Er blies
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