Die schoene Luegnerin
anschrie.
»Hoffentlich ist es nicht Onkel Hiram«, sagte Dallas verzagt. »Wir könnten ihm sagen, daß Carrie hier ist, dann bekommt er Angst und rennt weg. «
Carrie lachte und kitzelte Dallas, während Tem hinausging. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis er wieder ins Zimmer stürmte. Sein Gesicht war aschfahl. »Es ist Mutter«, flüsterte er.
Carrie setzte sich mit einem Ruck auf. Sie hatte immer nur daran gedacht, daß sie Joshs Frau war, aber sie war auch die Mutter der Kinder. Würden sie sich so sehr über ihren Besuch freuen, daß sie alles andere vergaßen — auch sie, Carrie? Carrie schalt sich selbst wegen dieses schrecklichen Gedankens. Diese Frau war die Mutter von Tem und Dallas, und natürlich liebten die Kinder sie.
»Geht, geht und begrüßt sie«, drängte Carrie.
Aber Dallas blieb auf ihrem Schoß sitzen, und Tem rührte sich auch nicht von der Stelle.
Die Haustür flog auf, und obwohl Carrie die Frau vom Bett aus nicht sehen konnte, spürte sie ihre Anwesenheit. Ihre Ausstrahlung schien das ganze Haus zu erfüllen.
»Wo sind sie? « rief die Frau. »Wo sind meine lieben Babies? «
Bevor Carrie Tem bitten konnte, die Schlafzimmertür zuzumachen, damit die Frau sie nicht mit zerzaustem Haar im Nachthemd sah, rauschte Nora in den Raum.
Sie war sehr üppig, groß und grobknochig, hatte einen weißen Teint, dunkle Augen, rote Lippen und rabenschwarzes Haar. Ihr Kleid aus schwarzem und knallrotem Brokat war, wie Carrie sofort bemerkte, sehr teuer gewesen, und ihre Taille war extrem eng geschnürt. Sie hatte einen Busen, für den andere Frauen ein paar Jahre ihres Lebens gegeben hätten. Josh hatte gesagt, daß Nora nicht gerade hübsch wäre. Nein, diese Frau war nicht hübsch, sie war schön, atemberaubend — eine Frau, der jeder Mann nachsah, die Poeten inspirierte und über die Lieder geschrieben wurden.
Als Carrie die Frau sprachlos vor Staunen anstarrte, drückte sich Tem an sie, und Carrie legte den einen Arm um ihn und den anderen um Dallas, die noch immer auf ihrem Schoß saß.
»Meine Güte, was für eine... häusliche Szene. Sag mal, Josh, schlafen alle deinen neuen... Ladies mit dir und den Kindern? «
Carrie wollte sich verteidigen, aber sie konnte ja nicht gut behaupten, daß sie die Frau von Noras Ehemann war.
Die Kinder betrachteten ihre Mutter schweigend.
»Kommt, ihr Lieben, und gebt eurer Mutter einen Kuß. «
Gehorsam gingen die beiden zu ihrer Mutter. Nora bückte sich und gestattete jedem Kind, sie auf eine Wange zu küssen. Aber sie selbst machte keine Anstalten, die Kinder zu umarmen oder zu berühren.
»Und wer ist eure kleine Freundin? « fragte Nora und deutete mit dem Kopf auf Carrie.
»Sie ist unsere neue... Ich meine, Papa und sie sind verheiratet. «
»Tatsächlich? Wie interessant. « Sie drehte sich um und sah Josh, der hinter ihr stand, an. »Liebling, es sieht fast so aus, als ob du zwei Frauen hättest. Ich weiß zwar nicht viel über Gesetze, aber ich glaube nicht, daß so etwas erlaubt ist. «
»Wir sollten Carrie die Gelegenheit geben, sich anzuziehen«, schlug Josh vor und führte seine schöne, hinreißende, göttliche Frau aus dem Schlafzimmer.
Carrie zog ihr Reitkostüm an, und als sie fertig war, ging sie ins Wohnzimmer. Josh und seine Frau saßen am Tisch und steckten die Köpfe zusammen.
Nora sah auf und musterte Carrie abschätzend. »Ist sie nicht ein niedliches, kleines Ding, Liebling? Josh, wo hast du sie gefunden? «
»In einem Kaulquappen-Teich«, zischte Carrie durch zusammengebissene Zähne und steuerte auf die Haustür zu.
Josh hielt sie auf, führte sie zum Tisch und drückte sie auf einen Stuhl. »Tem! « rief er. »Bring Carrie eine Tasse Kaffee. «
Als die Tasse vor ihr auf dem Tisch stand, sagte Josh: »Carrie, meine Liebe, meine einzige Liebe, ich möchte, daß du Nora kennenlernst. «
»Deine Frau«, fügte Carrie gepreßt hinzu und versuchte aufzustehen, aber Josh hielt sie an ihren Schultern fest.
»Josh, mein Liebling, ich glaube fast, das kleine Ding ist böse auf dich. Hast du ihr nichts von mir erzählt? «
»Was genau hätte ich ihr denn von dir erzählen sollen? Du bist unbeschreiblich«, versetzte er ätzend.
Nora schien das als Kompliment aufzufassen und ließ ein kleines anzügliches Lachen hören. »Natürlich könntest du mich nicht beschreiben, Liebling, aber eine Menge Männer haben es versucht. « Sie wandte sich Carrie zu. »Sie ist viel zu klein, um auf einer Bühne stehen zu können.
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