Die schoene Luegnerin
«
»Sie ist nicht beim Theater«, erwiderte Josh. »Sie ist Ehefrau und Mutter und sonst nichts. «
»Oh, sehr... interessant«, erklärte Nora, ohne einen Zweifel daran zu lassen, wie sie über Carries Leben dachte.
»Ich kann ein Geschäft fuhren«, fauchte Carrie empört, weil Josh so tat, als würde sie den ganzen Tag mit Wäschewaschen verbringen und nichts anderes im Kopf haben als saubere Fußböden.
»Ein Geschäft? « fragte Nora und zog eine Augenbraue hoch.
»Sie handelt mit Kleidern«, gab Josh zu und bemühte sich wieder, all dem nicht allzu viel Bedeutung beizumessen.
Carrie unternahm einen weiteren Versuch aufzustehen, aber Josh hielt sie immer noch fest.
»Nora, gib mir das Dokument, damit ich es unterschreiben kann, und geh. Hier ist kein Platz für dich. «
Nora preßte ihr Spitzentaschentuch vor das Gesicht und begann, anmutig zu weinen. »Josh, wie kannst du nur so grausam sein? Ich bin doch nur gekommen, um die Kinder noch einmal zu sehen. Sie fehlen mir so sehr. Ich vermisse das Trippeln ihrer kleinen Füße in der Nacht und sogar das Weinen von Dallas, wenn sie aus einem Alptraum erwacht. Ich sehne mich nach ihren Stimmen und... « Sie schluchzte heftiger.
Trotz aller Vorbehalte streckte Carrie die Hand aus. Sie kannte die Kinder erst seit kurzer Zeit, aber sie könnte es nicht ertragen, sie zu verlassen. Was mußte dann erst diese Frau durchmachen, der man die Kinder genommen hatte? Und warum hatte Josh dieser Frau, die er einmal geliebt hatte, so etwas Schreckliches angetan?
Josh hielt Carries Hand fest, ehe sie die von Nora ergreifen konnte.
»Deine Zeit scheint vorbei zu sein, Nora«, sagte Josh. »Du wirst ein wenig träge. «
Zu Carries Verblüffung verzog sich Noras unglückliche Miene von einer Sekunde zur andern zu einem strahlenden Lächeln. »Liebling, schließlich habe ich dich nicht mehr, der mit mir die Rollen einstudiert. Wie könnte ich gut sein ohne den großen Templeton an meiner Seite? «
Carrie drehte sich um und sah zu Josh auf.
»Ich möchte dieses Papier«, sagte Josh.
Nora beugte sich vor und stützte die Arme auf den Tisch Ihr Kleid war so tief ausgeschnitten, daß es eine anständige Frau niemals vor Sonnenuntergang getragen hätte, und in dieser Haltung bot sie Josh tiefe Einblicke auf ihren kaum verhüllten Busen. »Ich habe es verloren, Liebling«, flötete sie. »Es ist mir in den Ausschnitt gerutscht. «
Carrie ließ Josh nicht aus den Augen und sah, daß er in das Dekollete schielte, als würde er tatsächlich nach dem Dokument Ausschau halten. Sie sprang auf, rannte aus dem Haus und marschierte zu dem kleinen Gebäude, das Josh so großspurig >Scheune< nannte. Sie war gerade dabei, den alten Ackergaul zu satteln, als Josh hereinkam.
»Carrie«, begann er.
»Du brauchst gar nichts zu sagen. Kein einziges Wort. Es gibt nichts zu sagen, Liebling... « Das letzte Wort zwitscherte sie beinahe. »Du brauchst mir wirklich nichts mehr zu erklären. Du wirst mich nicht noch einmal belügen. «
»Tem«, sagte er leise. »Dallas. «
Carrie lehnte den Kopf an den Sattel und kämpfte gegen die Tränen an. »Wie kannst du es wagen, die Kinder ins Spiel zu bringen, um das zu erreichen, was du willst? « Sie versuchte, den Sattelgurt um den Rumpf des Pferdes zu ziehen, aber sie konnte durch den Tränenschleier kaum etwas sehen.
Josh ging zu ihr, schob ihre Hände weg und befestigte den Gurt. »Du kannst uns verlassen, wenn du willst. Ich werde keinen Versuch unternehmen, dich zurückzuhalten. Wenn es für dich keine Rolle spielt, daß ich dich liebe, daß meine Kinder dich ganz fest in ihre Herzen geschlossen haben und daß du ein Baby erwartest, das ohne Vater aufwachsen müßte, dann geh weg. In diesem Fall würde ich dich nicht aufhalten. «
Carrie stellte den Fuß in den Steigbügel, um aufzusteigen, aber dann drehte sie sich um, sank gegen Josh und trommelte mit ihren Fäusten auf seine Brust ein.
»Ich hasse dich, ich hasse dich! Hast du mich verstanden? Ich hasse dich genauso sehr wie ich dich liebe. «
Als ihr Zornausbruch abgeebbt war, nahm Josh sie in die Arme und drückte sie an sich, während sie weinte.
»Sie ist so schön«, schluchzte Carrie. »Sie ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe. «
»Fast wie eine Korallenschlange — schön und tödlich. «
»Das glaubst du nicht im Ernst, sonst hättest du sie nicht geheiratet. «
»Ich war neunzehn Jahre alt, als ich sie geheiratet habe. Ein Junge in diesem Alter hat nicht viel
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