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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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Lande aufgewachsen war, hatte sie Pferde immer geliebt. Es hatte ihr das Herz gebrochen, damals Andrews edle Vollblüter verkaufen zu müssen.
    „Es ist eine wundervolle körperliche Ertüchtigung, und die Morgenluft ist gut für den Teint“, neckte er sie. „Aber ich werde Sie nicht drängen. Schicken Sie mir jederzeit eine Nachricht, Curzon Street, Nummer 15. Nun sollte ich Sie aber Ihrer wohlverdienten Nachtruhe überlassen.“ Er verbeugte sich galant.
    Allein die Tatsache, dass er sie nicht drängte, bewog sie dazu, auf der Stelle einzuwilligen. Doch als sie die Lippen öffnete, legte er einen Finger auf ihren Mund.
    „Bitte sagen Sie jetzt nichts. Eine Ablehnung würde mich in tiefste Verzweiflung stürzen, und Ihre Zustimmung würde mich in solche Aufregung versetzen, dass ich keinen Augenblick lang schlafen könnte. Auch ich brauche meinen Schlaf, wissen Sie.“
    Während er sie ansah, schwand sein amüsierter Gesichtsausdruck. Sie konnte fühlen, wie sich die Anspannung zwischen ihnen vergrößerte. Nur sehr langsam zog er seinen Finger zurück, nicht ohne über ihre Lippe zu streicheln.
    Bevor sie reagieren konnte, veränderte sich sein Verhalten. Er nahm ihre Hand und küsste sie kurz. „Gute Nacht, Ma’am. Ich werde hoffnungsvoll einschlafen können.“
    Jemand, mit dem sie ausreiten und lachen konnte – ohne jede Verpflichtung. Ein bitter-süßes Verlangen ergriff von ihr Besitz. „Das werde ich auch.“
    Mit einer weiteren Verbeugung ging er hinaus. Sie beobachtete vom Fenster aus, wie er pfeifend davonspazierte. Sie konnte seine freundliche, unaufdringliche Wesensart nur bewundern.
    Ein Freund wie dieser war vielleicht genau das, was ihr verwundetes Herz im Moment brauchte.
    Hampton als Lear, dachte Evan, während sich die Kutsche dem Theater näherte. Shakespeare belebte immer seine Sinne, und Lear passte ausgezeichnet zu seiner gegenwärtigen Stimmung. Verdammt, er hatte es satt, ständig ein gespieltes Lächeln aufzusetzen!
    Die Zeit heilt alle Wunden.
Diese Worte hatte er in den letzten Wochen immer wieder wie eine Litanei im Geiste wiederholt. Vielleicht würde er es sogar irgendwann selbst glauben.
    Wie immer hielt er sich an die ihm anerzogenen gesellschaftlichen Regeln, um sich abzulenken. Er half seiner Mutter, Clare und Andrea aus der Kutsche, schaffte Platz für sie in der Menge und geleitete sie in die Loge. Dort arrangierte er die Stühle, um eine bestmögliche Sicht auf die Bühne zu gewährleisten.
    Andrea. Ihre helle, blasse Schönheit wurde durch das rote Kleid hervorgehoben, das seine Mutter ausgesucht hatte. Zum Glück beanspruchte sie ihn nur wenig. Es schien ihr zu genügen, die meiste Zeit über in der Gesellschaft seiner Mutter und Schwester zu verbringen. Nun, sie waren seit jeher Freunde gewesen. Freunde.
    Obwohl ihre Hochzeit immer näher rückte, fiel es ihm immer schwerer, zumindest seine begrenzten Gefühle für sie zum Ausdruck zu bringen. Er wagte es nicht, Empfindungen jeglicher Art zuzulassen. Nach wie vor lauerte diese schreckliche, schmerzende Verzweiflung in ihm, eine Bestie, die nur auf die Gelegenheit wartete, befreit zu werden.
    Er war dankbar für den Beginn des Stückes, was ihm weiteres Geplauder mit den Damen ersparte. Erleichtert wandte er den Blick der Bühne zu.
    Für eine Weile verlor er sich in der Handlung. Zu Beginn der Pause richtete er den Blick nach unten, um so lange wie möglich einer Unterhaltung aus dem Weg zu gehen.
    Ein Aufruhr in den unteren Rängen erregte seine Aufmerksamkeit, und plötzlich sah er sie.
    Emily! Obwohl sie niemals in der Öffentlichkeit ausging, war sie es wirklich. Eine Gruppe von Männern umringte sie, die sie offensichtlich belästigten. Es waren dieser Willoughby und seine trunksüchtigen Freunde.
    Wütend sprang Evan auf. Bevor er jedoch zu ihr eilen konnte, um sie zu beschützen, kam ihm Brent zuvor. Er drängte Willoughby zur Seite und sagte etwas, das die Bande dazu bewegte, sich schnell davonzumachen.
    Bravo, mein Freund, dachte er. Dann beobachtete er angestrengt Emily, die von Brent hinausgeführt wurde.
    War sie aufgebracht, ängstlich? Er musste es in Erfahrung bringen. Da er sich unvermittelt der verwunderten Blicke seiner Familie bewusst wurde, murmelte er eine kurze Entschuldigung, er habe einen Freund im Publikum entdeckt. Dann verließ er beinahe überstürzt die Loge.
    Er blieb nicht stehen, bis er die Lobby erreichte. Als er die Menge absuchte, entdeckte er die beiden in einer Ecke. Brent stand

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