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Die schöne Mätresse

Die schöne Mätresse

Titel: Die schöne Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Justiss
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Diener an. Das Buch, das sie gerade gelesen hatte, entglitt ihren kraftlosen Fingern. „Lord Cheverly ist unten?“
    „Jawohl, Mistress, und er möchte Sie sprechen.“
    Die widersprüchlichsten Gefühle kämpften in ihr. Wie konnte er es wagen, ungebeten ihre Ruhe zu stören, noch dazu um diese Stunde? Es war anmaßend, ja sogar unverschämt.
    Warum war er hier? War er verletzt, brauchte er ihre Hilfe? Ihr anfänglicher Zorn wich der Sorge um ihn.
    Hatte er seine Verlobung gelöst? Durfte sie neue Hoffnung schöpfen?
    Unsinn. Sie versuchte, ihre Aufregung zu unterdrücken. Selbst wenn er wieder frei sein sollte, war ihre Liaison ohnehin beendet. Es gab nichts zwischen ihnen, das ein Brief nicht ebenso gut klären konnte.
    „Was soll ich ihm sagen, Ma’am?“ fragte der Dienstbote.
    Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren. Er war hier, in ihrem Haus, nur durch die Treppe von ihr getrennt.
    Unvermittelt stand sie auf. Sie tätschelte beschwichtigend den Arm des verwirrten Dieners und ging hinunter ins Erdgeschoss. Vor der Tür zum Salon blieb sie mit klopfendem Herzen stehen. Evan hätte nicht kommen sollen. Aber aus welchem Grund war er hier? Sprich nur einen Augenblick mit ihm. Nein, das wäre töricht – schick ihn weg, flüsterte ihr eine innere Stimme zu.
    Sie atmete tief ein und betrat den Salon.
    Er schaute aus dem Fenster. Obwohl sie geräuschlos eingetreten war, schien er ihre Gegenwart zu ahnen, denn er drehte sich um. Mit angespannter Haltung und geballten Fäusten musterte er sie langsam von Kopf bis Fuß. Die Hitze seines Blickes schien sie zu versengen. Einmal mehr war diese unglaubliche Anziehungskraft zwischen ihnen zu spüren. Emily ging unwillkürlich auf ihn zu.
    Als sie nur noch eine Armeslänge entfernt war, hielt sie inne. Sie konnte kaum der Versuchung widerstehen, die Hände auszustrecken und sein vertrautes Gesicht zu berühren.
    Eigentlich sollte sie ihm die Tür weisen, doch stattdessen brachte sie nur ein „Warum?“ hervor.
    „Bitte, schick mich nicht weg! Ich wollte … ich musste einfach mit dir reden. Nur für einen Moment. Über die Geschäfte.“
    Geschäfte? Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Es ist wohl kaum die passende Zeit dafür.“
    War es möglich, dass er errötete? „Ja, es tut mir Leid. Aber heute Nachmittag sprach ich mit Manners über den Laden. Ich konnte nicht warten.“
    Der Laden. Wie konnte sie sich auf geschäftliche Dinge konzentrieren, wenn er ihr so nahe war? Verlegen betrachtete sie das Kaminfeuer hinter ihm.
    „Worüber wolltest du reden?“
    „Manners sagte, du hättest Vorbestellungen angenommen. Wie viele sind es? Brauchst du noch zusätzliche Hilfe?“
    Für eine Weile gelang es ihr, ihm halbwegs intelligente Antworten auf die Fragen zu geben, mit denen er sie bombardierte. Dann herrschte wieder Schweigen.
    Schließlich konnte sie ihre Neugier nicht länger zügeln. „Dieses Haus … Du hast es von Anfang an für mich erworben, nicht wahr?“
    Er lächelte schwach. „Ja. Bist du wütend auf mich?“
    „Nicht mehr.“ Sie hob das Kinn. „Weil ich das Anwesen nämlich jetzt selbst kaufe.“
    Sein Lächeln wurde breiter. „Ich kann gute Investitionen immer gebrauchen. Übrigens habe ich mich etwas gefragt, das Manners mir nicht verraten wollte. Ist Spenser dein richtiger Name?“
    „Er ist ein Teil davon.“
    „Das heißt, wenn du verschwinden würdest, könnte ich dich nicht finden.“
    „Dafür bestünde auch keine Notwendigkeit.“
    „Notwendigkeit“, wiederholte er, bevor er tief seufzte. „Ach, Emily.“
    Sie durfte ihn nicht ansehen. Die geschäftliche Diskussion war beendet. Es war angebracht, ihm eine gute Nacht zu wünschen.
    Doch trotz dieses vernünftigen Gedankens hob sie den Blick zu ihm. Plötzlich spürte sie wieder diese Zärtlichkeit, und sie betrachtete jedes Detail seines geliebten Gesichts – seine hohen Wangenknochen, die gerade Nase und das Kinn mit dem Grübchen … Und seine wundervollen tiefblauen Augen.
    Sie war zu gefesselt, um zu bemerken, dass er näher gekommen war und die Hand nach ihr ausstreckte. Jäh erwachte sie aus ihrer Trance.
    „Nicht …“
    „Bitte! Bitte, Emily, nur eine Berührung. Dann werde ich gehen. Ich schwöre es.“
    Nein, nein, nein, flehte die Stimme der Vernunft. Nicht noch näher. Keine Berührung.
    Doch ihre Füße bewegten sich nicht, und sie brachte kein Wort heraus.
    „Emily“, flüsterte er.
    Sie schloss die Augen, als seine Finger unendlich sanft über ihre Stirn

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