Die schöne Mätresse
nicht zu bevormunden. Er war aufmerksam, ausgeglichen und humorvoll. Rücksichtsvoll überließ er ihr die Entscheidung über den Zeitpunkt und die Häufigkeit ihrer Verabredungen.
Mitunter lud sie ihn nach einem Ausritt zum Frühstück ein, und zweimal hatte sie ihn bereits ins Theater begleitet. Ihre Einsamkeit und Trauer machten ihr es unmöglich, seine unaufdringliche Gesellschaft abzulehnen.
Doch sie glaubte zu wissen, dass sie für diesen Morgen keinen Ausritt vereinbart hatten. Was sonst mochte ihn zu dieser frühen Stunde hierher führen? Da er ihr bisher ein guter Freund gewesen war, musste sie ihm helfen, falls er in Schwierigkeiten steckte. Trotz ihrer geistigen und körperlichen Erschöpfung schob sie die Bettdecke beiseite.
„Richte Mr. Blakesly aus, er möge sich noch einen Moment gedulden. Ich komme gleich zu ihm. Und bitte bringe uns Tee, Francesca.“
Brent stand vor dem Kamin, als sie kurze Zeit später eintrat. Kummervoll erinnerte sie sich daran, dass Evan am Vorabend an der gleichen Stelle gewartet hatte.
„Guten Morgen, Brent. Welch angenehme Überraschung, Sie zu sehen! Was führt Sie hierher? Hoffentlich sind es keine Probleme?“
Er drehte sich um und musterte ihr Gesicht. „Sollte ich nicht besser Sie das fragen?“
Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „Warum sollte ich in Schwierigkeiten sein?“
Für eine Weile sagte er nichts, sondern betrachtete sie weiterhin prüfend.
Schließlich meinte er: „Gestern habe ich eine neue Stute für Sie in die Stadt gebracht.“ Er lachte kurz. „Als Überraschung. Ich war mit ihr schon sehr früh heute Morgen hier, weil ich wusste, dass Sie um diese Zeit wach sind, und … sah Evan aus dem Haus kommen.“
Am liebsten wäre sie vor Scham im Erdboden versunken. Sie wollte es erklären, sich rechtfertigen … aber womit konnte sie die Wahrheit entschuldigen?
„Ich will mir gar nicht vorstellen, was Sie jetzt von mir denken müssen. Alles, was ich sagen kann, ist …“
„Bitte nicht!“ Er ergriff ihre Hand und küsste sie. „Ich halte Sie für die schönste, talentierteste und mutigste Frau, der ich jemals begegnet bin. Und kein Ereignis dieser Welt könnte an dieser Meinung etwas ändern.“ Er wandte sich halb ab. „Dennoch nahm ich an, dass Evan seinen … Besitzanspruch wieder geltend gemacht hätte.“
„Wir haben uns vor Wochen getrennt. Aber gestern Abend besuchte er mich unerwartet, und wir …“ Emily verstummte errötend.
„Er hat Sie gezwungen? Dieser Erpresser, ich werde …“
„Nein, so dürfen Sie nicht von ihm denken! Es war ebenso gut mein Fehler wie seiner.“
Obwohl ihre Wangen sich röteten, brachte die Erinnerung an die vergangene Nacht das Verlangen zurück. Sie mochte eine Närrin sein, aber sie begehrte Evan noch immer. Sie vermisste ihn. „Es war nur eine einzige Nacht“, beteuerte sie. „Ich weiß, es war nicht richtig, aber …“
„Lieben Sie ihn?“
Sie konnte ihn nicht lieben, durfte es nicht. „N…nein. Er liegt mir allerdings immer noch sehr am Herzen.“ Zweifellos war dies die Wahrheit. „Abgesehen davon ist unsere … Verbindung endgültig beendet. Ich erwarte nicht, ihn jemals wiederzusehen.“ Sie verspürte eine plötzliche Schwere in der Brust, führte es jedoch nur auf ihre Müdigkeit zurück.
„Sind Sie sicher, dass Sie das wirklich wollen?“ fragte Brent.
Ob sie es wollte? Nein, aber ihr Gewissen ließ ihr keine andere Wahl. „Ja.“
Brent seufzte tief. „Dann wird er Sie nie wieder belästigen. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf.“
Eine böse Vorahnung durchzuckte sie. „Sie dürfen nicht … Bitte, sprechen Sie nicht mit Evan über mich! Das ist wirklich nicht nötig. Ich möchte Ihre Freundschaft zu ihm nicht belasten.“
„Still.“ Lächelnd legte er den Finger auf ihre Lippen. „Falls es jemals Streit geben sollte, werden Sie nicht der Grund dafür sein. Möchten Sie mich auch weiterhin noch sehen?“
Obwohl sein Tonfall beiläufig klang, wartete er gespannt auf ihre Antwort.
Er schien ihr wirklich zu verzeihen – und mehr noch. Obwohl sie ihm ausreichend Anlass gegeben hatte, sie zu verachten, wollte er immer noch ihr Freund sein. Schnell blinzelte sie die Tränen weg, die in ihre Augen traten.
„Sollte ich nicht besser Sie das fragen?“
Seine Augen leuchteten auf, und er lächelte erfreut. „Dann denke ich, dass wir morgen zu einem Ausritt verabredet sind. Falls ich ein guter Gesellschafter bin, laden Sie mich vielleicht sogar zu einem von Francescas
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