Die Schöne mit dem Flammenhaar
stehen blieb. „Nach Ihrem Mann ist er die wichtigste Person im Palast.“
„Sie haben den König vergessen“, bemerkte Elinor.
Laila führte sie auf den Korridor zurück. „Dass mein Onkel überhaupt noch lebt, verdankt er seiner großen Willensstärke. Doch seine Krankheit schwächt ihn zunehmend. Ab sofort muss Jasim einen Großteil der königlichen Pflichten übernehmen.“
Die Andeutung, dass König Akils Tage offenbar gezählt waren, beunruhigte Elinor. Natürlich hatte sie gewusst, dass Jasims Vater krank war. Sie hatte jedoch nicht erwartet, dass es keine Hoffnung auf Genesung mehr gab. Möglicherweise musste Jasim als nächster Herrscher von Quaram also bald die volle Last der Verantwortung tragen. Der Gedanke allein ernüchterte und bedrückte Elinor.
Über einen kunstvoll bepflanzten Hof führte Laila sie zu einem anderen Bau. Eilig wurde das Eingangsportal geöffnet. Ein Diener verneigte sich tief und ließ sie ein.
„Dies ist Ihr ganz privates Reich, in dem Sie mit meinem Cousin wohnen.“ In ihrer Sprache erteilte Laila dem Bediensteten Anweisungen und erklärte dann: „Ich habe Erfrischungen bestellt.“
Kaum hatten sie einen eleganten Empfangssalon betreten, erschienen zwei Diener mit einladend gedeckten Tabletts. Ihre Ankunft war sorgfältig vorbereitet worden. Dankbar ließ Elinor sich in einen weichen Polstersessel sinken.
Nur die Entfernung zwischen ihrem Wohnbereich und Samis Kinderzimmer bereitete ihr Sorgen. Darüber musste sie gleich mit Jasim sprechen. Sie sah nicht ein, warum ihr Sohn getrennt von ihnen untergebracht werden sollte. War das bereits ein erster Versuch, um ihren Sohn ihrem Einfluss zu entziehen?
„Sie sind so still. Macht Sie die Vorstellung nervös, bald Königin zu werden?“, fragte Laila, während duftender Tee in Glastassen serviert wurde. „Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als Königin von Quaram zu sein. Wenn Jasim sich nicht für Sie entschieden hätte, wäre ich es geworden.“
Elinor brauchte einen Augenblick, ehe ihr die Bedeutung der Worte aufging. Befremdet starrte sie ihre Begleiterin an. „Waren Sie und Jasim …?“
Laila lachte und trank einen Schluck Tee. „Es war der größte Wunsch meines Onkels, dass wir heiraten. Aber wie die meisten Männer seiner Generation wollte Jasim so lange wie möglich frei und unabhängig bleiben … bis Sie kamen.“
Elinor schaute die schöne Brünette fest an. „Ja.“
„Da musste ich meine Hoffnungen natürlich begraben.“ Schicksalsergeben zuckte Laila die Schultern und setzte hinzu: „Es sei denn, Sie würden Ihren Mann mit mir teilen.“
Elinor lachte. Laila hatte es so locker dahingesagt, dass Elinor die Bemerkung für einen Scherz hielt. „Das wäre nicht ganz mein Stil, Laila.“
„Hier in Nahost sind viele Frauen durchaus bereit, ihren Mann zu teilen“, erklärte Laila bedeutsam. „Ein sexuell anspruchsvoller Mann braucht mehr als eine Frau, die seine Bedürfnisse erfüllt. Er kommt dann nicht so schnell auf die Idee, fremdzugehen.“
Das unverhüllte Angebot machte Elinor sprachlos. Sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Nervös nahm sie einen kleinen Kuchen von der Platte und biss hinein. Doch sie schmeckte nichts. Ihre Geschmacksnerven streikten offenbar.
„Tut mir leid, wenn ich Sie schockiert habe.“ Laila stellte ihr Teeglas ab und erhob sich. „Hier haben sich solche Arrangements in vielen Ehen bewährt, Elinor. Als Ausländerin trennen Sie Welten von Jasim. Sie sprechen nicht einmal seine Sprache. Yaminah wollte verhindern, dass Murad sich eine Zweitfrau nahm – danach ging es mit ihrer Ehe rasch bergab.“
Stolz warf Elinor den Kopf zurück. „Das Risiko muss ich wohl eingehen, Laila. Ich glaube fest an die Einehe. Jasim ist nicht mehr zu haben. Und ich habe nicht die geringste Absicht, ihn zu teilen.“
„Aber Jasim hofft, dass Sie mit einer Zweitfrau einverstanden sind. Jedenfalls gibt es solche Gerüchte im Palast“, wagte sich die exotische Schöne weiter vor. Anscheinend ließ sie sich von der Abfuhr nicht erschüttern.
„Diese Gerüchte werde ich schnell im Keim ersticken“, erwiderte Elinor bestimmt. Jasims schöne Cousine war so giftig wie ein Skorpion. Elinor hielt es für undenkbar, dass Jasim sich ernsthaft eine Zweitfrau nehmen wollte. Die Schöne war eifersüchtig, weil sie selbst ein Auge auf Jasim geworfen hatte.
Nach Lailas Verschwinden musste Elinor jedoch an einen Zeitungsartikel denken. Darin war beschrieben worden, wie
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