Die Schöne mit dem Flammenhaar
Verlegenheit, wenn er ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Es war wohl besser, sie schwieg. Zärtlich schmiegte sie sich in seine Arme. Sie versuchte, sich mit seiner Wärme und dem Gefühl seiner Nähe zu begnügen.
Am letzten Tag der Flitterwochen war Jasim im Arbeitszimmer stundenlang die Unterlagen seines verstorbenen Bruders durchgegangen. Nun packte er einen Karton mit Dokumenten und einigen seltenen ledergebundenen Büchern, die er in die Palastbücherei bringen wollte.
Draußen standen schon zwei Hubschrauber für die Rückkehr nach Muscar bereit. Einer der Piloten war krank geworden und musste das Bett hüten. Doch das war weiter kein Problem: Jasim war einige Jahre in der Militärluftwaffe seines Landes ausgebildet worden.
„In zwei Stunden landen wir, und dann bin ich wieder bei dir“, versprach er der beunruhigten Elinor. „Mach dir keine Sorgen. Ich habe eine Fluglizenz für Kampfjets.“
Sie nickte still und grübelte. War sie nun eine dieser klammernden Ehefrauen, die es nicht ertragen konnten, getrennt von ihren Männern zu sein?
Schließlich kletterte sie in den Hubschrauber und schnallte sich an. Sie lächelte Sami zu, der aufgeregt auf seinem Sitz herumstrampelte. Schwerfällig erhob sich die Maschine in die Luft. Im letzten Moment beobachtete Elinor noch, wie ein Diener mit einem der Gärtner zusammenstieß und dabei einen Karton fallen ließ.
Jasim eilte gerade an den beiden vorbei zu dem anderen Hubschrauber, als der Karton auf dem Boden landete. Aus einem Buch fiel dabei ein Foto. Jasim hob es auf. Der verblichene Schnappschuss zeigte seinen älteren Bruder als jungen Mann – an seiner Seite stand eine blonde Dame im Abendkleid. Und die Frau auf dem Bild lächelte auf eine Art, die Jasim irgendwie bekannt vorkam. Er nahm das Buch in die Hand und zog ein Stück Papier hervor, das zwischen den Seiten herausragte. Es war ein Brief.
Das grelle Licht der Mittagssonne fiel auf die handgeschriebenen Zeilen. Jasim begann zu lesen.
Kaum hatte er geendet, übermannten ihn entsetzliche Schuldgefühle …
10. KAPITEL
„Sicher haben Sie sich zu Tode gelangweilt, Elinor – einen Monat lang nur Wüste und Meer!“ Süßlich lächelnd betrat Laila in einem eleganten weißen Kleid den Salon. Dort trank Elinor gerade mit Lailas Mutter Mouna Tee.
„Laila!“ Vorwurfsvoll starrte ihre Mutter sie an. „Das war taktlos.“
Laila verdrehte die Augen. „Am Strand gibt es nicht einmal Boutiquen. Engländerinnen sollen doch Weltmeisterinnen im Einkaufen sein.“
„Nicht alle Engländerinnen“, erwiderte Elinor. Mit einer schnellen Bewegung hinderte sie Sami daran, in einen Pflanzenkübel zu klettern. „Mode ist gut und schön. Aber nach einer Weile finde ich es langweilig, durch die Geschäfte zu ziehen. Mir hat es in der Wüste prima gefallen.“
„Welche Frau fände die Wüste nicht prima, wenn Jasim dabei ist?“, bemerkte Laila so leise, dass ihre Mutter es nicht mitbekam.
Elinor hob den schläfrigen Sami auf ihren Schoß und lächelte der Brünetten heiter zu. „Da mögen Sie recht haben. Er hat mir alles gezeigt.“
„Wie ich höre, sollen Sie auf Wunsch des Königs das neue Wellnesshotel einweihen.“
Das war Elinor neu. Sie nickte jedoch, als würde sie darüber Bescheid wissen. Dabei wiegte sie Sami, der vor Müdigkeit zu quengeln anfing. Unauffällig blickte sie erneut auf die Armbanduhr. Jasim hätte längst da sein sollen. Was hielt ihn bloß auf?
„Vielleicht werden Sie zum Vorbild in unserer neuerdings so modernen und medienbewussten Monarchie“, bemerkte Laila neidvoll.
Zaid klopfte an die Salontür.
„Euer Hoheit“, begrüßte er Elinor, die sich an den neuen Titel noch gewöhnen musste. „Der König wünscht Sie zu sprechen.“
Überrascht drückte sie Sami an sich und stand auf. In weiser Voraussicht hatte der treue Zaid das Kindermädchen mitgebracht, das Elinor den Kleinen nun abnahm.
Beunruhigt machte Elinor sich auf den Weg zum König. Was mochte Jasims Vater mit ihr zu besprechen haben? Auf ihre neugierigen Fragen hatte Zaid nur höflich gelächelt. Ging es um die Einweihung des Hotels, das Laila erwähnt hatte? Aber sicher hätte Jasim ihr etwas davon erzählt! Oder hatte sie etwas Falsches gesagt oder getan, worauf Jasims Vater sie nun hinweisen wollte?
Der König empfing sie in dem prächtigen Saal, in dem er meist Besprechungen abhielt. Als Elinor seine aschgraue besorgte Miene sah, bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie vergaß das Protokoll und
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