Die schöne Parfümhändlerin
genug Neid im Leben erfahren müssen, Signor Balthazar. Jeder bedeutende Mann, ob arm oder reich, hat Neider. Aber ich weiß Eure Warnung zu schätzen.“
Von der Marmortreppe her waren Schritte und das verhaltene Lachen eines Mannes zu hören. Balthazar blickte zur Tür. „Mein Vater toleriert es nicht, wenn man seine Position infrage stellt. Auch nicht, wenn Geschäftspartner es tun.“
„Ich habe nicht den Wunsch, Berater des Dogen zu werden. Im Gegenteil, ich werde Venedig schon recht bald wieder verlassen.“
Balthazar nickte. „Dennoch, Signor Velazquez, man kann nie vorsichtig genug im Leben sein.“ Sagte es und durchquerte mit jugendlich federnden Schritten den Raum. An der Türschwelle ging er wortlos an seinem Vater vorbei, der gerade eintreten wollte.
„Ah, Signor Velazquez“, grüßte Ermano erfreut. „Ich hatte noch Geschäfte zu erledigen. Aber wie ich sehe, hat mein Sohn Euch in der Zwischenzeit Gesellschaft geleistet. Wein und Zuckerwerk sind geordert.“
„Euer Sohn scheint ein hoffnungsvoller junger Mann zu sein“, erwiderte Marcos und drehte sich um, das Fenster zu schließen, denn mittlerweile war es kühl geworden. Unten sah er im Fackellicht die Diamanten an Balthazars weißem Wams aufleuchten. Der junge Mann stieg gerade zu der blonden Kurtisane in die Gondel. Die Schöne umarmte ihn und schmiegte sich eng an ihren Liebhaber. So entglitt das Boot langsam Marcos’ Blicken.
„Hoffnungsvoll?“ Ermano starrte wütend hinunter auf den Kanal. „Liebenswürdig, wenn Ihr das so bezeichnen wollt. Aber selbstverständlich setze ich große Hoffnungen in ihn. Schließlich ist er mein einziger Sohn. Ich fürchte allerdings, er gerät zu sehr nach seiner Mutter. Sie kam zwar aus bestem Hause, war aber ohne viel Verstand.“
Mit seiner beringten Hand deutete er auf eines der neueren Portraits an der Wand. Es zeigte das Bildnis einer hellhäutigen, dicklichen Dame, überladen mit Seiden, Zobel und Juwelen. Contessa Grattiano, die vierte. Während Marcos so tat, als betrachte er eingehend das Bild, beobachtete er den Conte. Sie waren beide etwa gleich groß, etwas größer als der Durchschnitt. Doch Ermano war stämmiger, seine einst recht muskulöse Gestalt wurde allmählich schwammig. Das weiße Haar und der Bart waren noch dicht, sein Blick war listig. Ein alternder Wolf, aber kraftvoll und wachsam und noch nicht bereit, Macht und Ruhm an seinen unzulänglichen Nachwuchs abzutreten.
„Vier Mal war ich verheiratet“, erklärte Ermano nachdenklich. „Es waren selbstverständlich Damen aus reichen, einflussreichen Familien. Sie alle haben meinen Reichtum vermehrt, aber nur eine konnte mir ein Kind schenken, das auch überlebte. Er ist ein mürrisches Kind, ein Weichling. Ich fürchte um alles, was ich aufgebaut habe, wenn ich einmal gegangen bin.“
„Viele junge Männer machen solche unerfreulichen Zeiten durch. Signor Balthazar hat sein Leben noch vor sich. Mit der Zeit wird er sich bestimmt ändern.“
„Ich bete darum.“ Ermano drehte sich um und blickte Marcos an. Die Augen des Conte hatten die gleiche grüne Farbe wie die seines Sohnes, aber sein Blick war zielgerichteter, ohne die unterdrückte Wut des Jünglings. „Ich wette, eine solche unerfreuliche Zeit, wie Ihr es nennt, habt Ihr nie durchgemacht, Signor Velazquez. Eure Eltern können sich glücklich schätzen mit so einem Sohn.“
Fast hätte Marcos laut gelacht. Welch eine Äußerung aus die sem Munde, dachte er bei sich. „Habt Dank, Conte Grattiano, ich werde meiner Mutter Eure freundlichen Worte ausrichten. Vielleicht werden sie ihr helfen, die Tage meiner jugendlichen Aufsässigkeit zu vergessen. Damals, als ich ihren Plan ablehnte, ein Mann der Kirche zu werden.“
„Euer Vater lebt nicht mehr?“
Marcos dachte kurz an Juan Velazquez. Groß und dunkelhäutig war er gewesen, ein Mann, der schnell gereizt, aber noch schneller zum Lachen zu bringen war. Er hatte Marcos alles über Schiffe und die Segelschifffahrt gelehrt, hatte seinem Adoptivsohn seine große Liebe zum Meer vererbt.
„Ja, leider. Nur meine Mutter lebt noch. Sie wohnt in einem Konvent nahe Sevilla.“
„Sie ist gesegnet mit einem Sohn, den man Il leone nennt.“ Diener betraten den Raum und stellten Schüsseln mit Zuckerwerk auf. Schweigend goss ein großer, dunkelhäutiger Türke gewürzten Wein ein. Danach verließ er, sich unterwürfig verbeugend, den Raum, während Marcos und Ermano auf den Brokatstühlen neben dem gewaltigen Kamin Platz
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