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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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meines Vaters.“
    „Ihr seid nicht wie Euer Vater, Balthazar“, widersprach Marcos. „Ihr besitzt die Kraft zur Veränderung.“
    „Ja, ich bin nicht mehr wie er, weil ich nicht mehr so sein will. Ich möchte so sein wie Ihr … oder es wenigstens versuchen.“
    „Wie ich?“ Marcos lachte betreten. Er konnte es nicht fassen, was er da gerade gehört hatte. „Ach Balthazar, auch ich habe mich an manch einer Verschwörung und an manch einem Verrat beteiligt. Ich bin eben nur ein alter Seebär. Ihr aber, Balthazar, Ihr habt das Zeug zu mehr, zu einem Herrscher.“
    „Das war der Traum meines Vaters. Meiner nicht. Und jetzt schon gar nicht mehr.“
    „Und was ist Euer Traum?“
    „Ein Platz auf einem Schiff wie diesem zu finden. Ehrliche Arbeit, reisen, fremde Länder kennenlernen.“
    „Ich bin sicher, es wird nicht schwierig sein, einen Platz auf einem Schiff zu finden“, sagte Marcos. „Navigatorische Fähigkeiten, selbst geringe, sind auf einem Segler stets gefragt. Möglicherweise sogar hier auf der Elena Maria. Aber was wird dann aus dem Besitz Eures Vaters? Aus seinem Palast, seinen Geschäften, seinem Geld?“
    „Von mir aus kann alles im Kanal verrotten. Ich will mich nicht damit belasten. Ich will nicht so falsch werden, wie er war.“ Balthazar schwieg plötzlich und sah Marcos scharf an. „Warum nehmt Ihr nicht alles?“
    Marcos lachte. Er … ein venezianischer Emporkömmling? Machte Balthazar Witze? „Nein!“
    „Warum denn nicht? Ihr seid so gut wie ich Ermanos Sohn. Euch und Eurer Mutter hat er viel mehr Leid angetan als mir und meiner Mutter. Nehmt den Palazzo und alles Vermögen, und macht damit, was Ihr wollt.“
    „Ich bin Schiffskapitän“, widersprach Marcos. „Von solchen Dingen verstehe ich nichts.“
    „Ach, davon versteht Ihr ebenso viel, wie ich von der Schifffahrt verstehe. Und doch wollt Ihr, dass ich hier auf Eurem Segler anheuere.“ Balthazar sprang plötzlich wie erleichtert hoch. „Egal, Ihr könnt mit Ermanos Besitztümern machen, was Ihr wollt. Verkauft die Schätze aus seinem Palazzo, verschenkt die Juwelen. Es interessiert mich nicht, und ich will auch nichts davon haben. Von diesem Moment an gehört alles Euch. So, und nun will ich etwas zu essen haben.“
    Balthazar drehte sich um und schlenderte fröhlich summend davon, als seien alle seine Sorgen von ihm abgefallen. So war es wohl auch. Nur dass Marcos jetzt die Last zu tragen hatte.
    Marcos blickte auf das Wasser, hinauf auf die See, die für so viele Jahre seine sich immer wieder verändernde Welt gewesen war und die nun auch Balthazar lockte. Vor Kurzem noch hätte Marcos das Angebot, Ermanos Reichtümer samt allen damit verbundenen Ämtern zu übernehmen, nicht zurückgewiesen.
    Sein ganzes Sinnen und Trachten hatte darin bestanden, Ermano zu vernichten und das zu besitzen, was ihm, Marcos Velazquez, als Erbe zustand.
    Doch nun war Ermano tot. All seine Reichtümer waren wertlos, seine Macht eine leere, kraftlose Gewalt, die nur Unglück gebracht hatte. Selbst ein junger Kerl wie Balthazar besaß so viel Weisheit, sich davon fernzuhalten.
    Und Marcos?
    Er legte die Hände auf die blanke Reling und fühlte das glatte Holz unter seinen Handflächen. Nach der Schlacht war das gesplitterte Holz poliert worden, bis es wieder so glatt wie Muranoglas war. Die Wunden der Elena Maria waren geheilt. So wie seine eigenen Wunden geheilt waren. Wut und Hass, die er seit seiner Kindheit in seinem Herz genährt hatte, waren verschwunden. Julietta Bassanos Liebe hatte ihn genesen lassen.
    Ihr seid nicht wie Euer Vater, hatte Julietta gesagt. Für sie war er Marcos, ein gütiger und ehrenhafter Mann.
    Ehrenhaft? Marcos glaubte es nicht. Keinem wirklich ehrenhaften Mann wäre es in den Sinn gekommen, Julietta für seine Zwecke zu benutzen. Und dennoch hatte Julietta etwas Wahres gesagt: Er war nicht wie sein Vater. Nein, Marcos wollte auch nichts mehr zu tun haben mit der Welt seines Vaters, auch nicht mit seinen Reichtümern. Schließlich besaß er etwas von viel größerem Wert – die Liebe einer Frau. Er konnte Venedig ohne Bedauern verlassen, auch wenn er sein so lange und ausführlich geplantes Vorhaben nicht hatte vollenden können. Er konnte Venedig verlassen, weil hinter dem lockenden Horizont ein neues Leben auf ihn wartete.
    Als hinter ihm eine Schiffsplanke knarrte, drehte Marcos sich um. Julietta stand da. Sie hatte sich in einen seiner Umhänge gehüllt, das schwarze Haar hing ihr offen über die Schultern,

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