Die schöne Parfümhändlerin
festgehalten und darauf bestanden hatte, dass Julietta Bassano seine Frau werden müsse. Bei dem Gedanken an seine Berührung bekam sie wieder eine Gänsehaut. Verrückt war er, gefangen in seinen Wunschvorstellungen. Irgendwie konnte sie das sogar verstehen. Verfolgte sie nicht auch trotz aller Widerstände ihre Wunschvorstellungen?
„Wir müssen hier weg, das allein hat Vorrang“, sagte Marcos. „Aber ich glaube nicht, dass Ermano ohne Strafe davonkommt. Der junge Balthazar besitzt Talente, die noch nicht ganz ausgereift sind. Irgendwann wird er seinem Vater mit einer Gewissenlosigkeit in den Rücken fallen, die selbst Ermano nicht aufbringen kann. In den Augen dieses jungen Mannes brennt ein Feuer, das ich zuvor nur ein Mal gesehen habe: bei jenem berüchtigsten aller Piraten, bevor er mich angriff.“
„Balthazar ist Euer Bruder.“
Marcos sah sie an, als habe er daran noch gar nicht gedacht. „So ist es.“
„Vielleicht wird er Euch eines Tages nacheifern wollen und seinen Groll um einer besseren Sache willen vergessen.“
„Wenn er es kann, dann ist für ihn Venedig der richtige Ort. Ich weiß nicht, ob ich dafür die Kraft habe.“
„Ich kenne niemanden, der mehr Kraft besitzt als Ihr.“ Mit der freien Hand strich sie zärtlich über seinen geraden Nasenrücken, über seine Wangen und sein Kinn. Eine Haarsträhne blieb an ihren Fingern hängen. „Ich wünschte …“
„Was wünschtet Ihr?“ Er hielt ihre Hand fest.
Julietta schüttelte den Kopf. Ihr war ganz schwindelig von all dem, was sie bislang erfahren hatte. Nichts als Machtspiele. In Venedig schmiedete jeder gegen jeden Ränke, ohne Unterlass. Julietta war es so leid, davon zu hören. Sie sehnte sich nur noch nach Schlaf, lange und traumlos wollte sie in den Armen dieses Mannes schlafen. Morgen gingen sie auf eine lange, gefahrvolle Reise – aber die heutige Nacht gehörte ihnen. Und die Nacht war noch jung.
Sanft, leicht wie eine Feder berührten ihre Lippen die seinen. Sie wusste nun, wie er sich anfühlte, wie er schmeckte – salzig und süß zugleich, berauschend wie junger Wein – und doch ließ ihr Begehren nicht nach. Sie begehrte Marcos immer wieder. Kurz überfiel sie die alte, tief verwurzelte Furcht, aber Julietta unterdrückte sie. Marcos war weder Giovanni noch Ermano. Vor ihm brauchte sie keine Angst zu haben. Bei ihm konnte sie loslassen – so wie er bei ihr.
Ihre Lippen berührten wieder die seinen. Mit einem tiefen, verlangenden Stöhnen beantwortete er ihren Kuss. Er legte seine Hände um ihre Hüften und zog Julietta eng an sich. Während er ihre Röcke hochzog, fuhren sie fort, sich innig zu küssen. Kühle Luft strich kurz über Juliettas entblößten Schenkel, dann fühlte sie Marcos’ heißblütiges Drängen auf der nackten Haut.
Er stand auf, ohne sie aus der Umarmung zu entlassen, ohne den Kuss zu beenden, und ließ sich mir ihr aufs Bett fallen. Julietta spreizte die Beine, um ihn willkommen zu heißen. Aber Marcos’ Beinkleider waren ihr im Weg. Sie zerrte an den Bändern und zerriss den dünnen Stoff, der nicht so schnell nachgeben wollte.
Marcos beugte sich zurück und starrte sie an. Das Haar hing ihm wirr im Gesicht, seine Haut glänzte im Schein der Kerzen. Ihr Pirat, ihr Löwe – ihre Liebe, oh ja, das war Marcos.
„Ekelt Ihr Euch nicht vor mir? Jetzt, da Ihr wisst, wer ich bin?“, fragte er mit rauer Stimme.
Atemlos sank Julietta zurück in die Kissen. Sich vor ihm ekeln? Wieso? Er war der begehrenswerteste Mann, der ihr je begegnet war. Würde sie jemals passende Worte finden, die ihm die Tiefe ihrer Gefühle beschreiben konnten?
„Ekelt Ihr Euch denn vor mir?“, fragte sie zurück. „Da Ihr nun wisst, dass ich von französischen Hexen abstamme und die Familie meines Mannes sich von mir losgesagt hat? Wollt Ihr nicht nach einem Satanszeichen auf meinem Körper suchen?“
Marcos schnaubte verächtlich. „Julietta! Selbst wenn Eure Mutter eine Hexe gewesen wäre, was ich aber kaum glauben kann, ja selbst wenn sie die leibhaftige Braut des Teufels gewesen wäre, so seid Ihr nicht Eure Mutter. Ihr seid ein völlig anderes Wesen. Ihr seid Ihr selbst, nur für Euer eigenes Tun und Lassen verantwortlich.“
„Genau wie Ihr!“, erwiderte Julietta heftig. „Ihr seid auch nicht Euer Vater, keine Verkörperung aller seiner Sünden. Ihr seid nur ihr Opfer, genau wie Eure Mutter. Ihr seid Marcos. Nur Marcos.“
Glücklich ließ er sich wieder in ihre Arme fallen, seine Lippen strichen
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