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Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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des Windes und Dusanas dumpfe Gesänge, lauter und triumphierender als jemals zuvor.
     
    *
     
    Burg Pürglitz, 6. Mai 1563
     
    Ich atme, ich lebe, kann die Glieder bewegen – und bin doch innerlich wie tot.
    All das Licht, all die Freude sind aus meinem Dasein verschwunden. Wie zwei kleine Fremde stehen Andreas und Karl an meinem Bett, blass, fast ehrfürchtig.
    Du hast noch zwei Kinder, sagt die Mutter. Vergiss das nicht!
    Ich weiß, dass sie recht hat – und bin doch unfähig, auch nur das Geringste zu empfinden.
    Die Kunde von dem Unglück, das uns getroffen hat, fliegt schneller als ein Pfeil durch das Land. Sogar der Kaiser, der seine Enkel niemals sehen wollte, scheint tief betroffen, ebenso wie Ferdinands Brüder, die doch eigentlich froh darüber sein müssten, dass die illegitime Linie, die sie so sehr geschmäht haben, kräftig dezimiert wurde.
    Ihr Trost besteht darin, uns die kleinen Toten zu rauben.
    Man bringt sie weg, während ich im Dämmerschlaf liege. Im Schutz der Nacht finden sie auf der Prager Burg die ewige Ruhe.
    Ich habe ihnen auf unserem Friedhof einen Grabstein setzen lassen – einen gemeinsam für die beiden Unzertrennlichen, die sich erst meinen Bauch, später eine Wiege geteilt haben, damit ich einen Ort habe, zu dem ich meinen Schmerz tragen kann.
    Um meinen Sinn heiterer zu stimmen, hat Ferdinand die Gefangenen aus dem Kerker holen lassen. Zum ersten Mal seit Jahren durften sie nach Jahren der Finsternis am Osterfest Sonne und Licht genießen. Seitdem preisen sie mich, wie Mariechen mir berichtet, als ihre Wohltäterin.
    Die Freiheit wird er ihnen trotzdem nicht schenken. Sie gehören zu den Böhmischen Brüdern, die sich auf die Lehren Luthers berufen und sowohl Kriegsdienst als auch Eid verweigern.
    Noch mehr von ihnen – und die Krone würde untergehen!
    Sein Mund wird schmal und hässlich, wenn er so redet. Auf einmal bekommt er gewisse Ähnlichkeit mit seinem Großvater Karl, der den Mund niemals schließen konnte, weil sein Kinn zu weit vorstand.
    Ich bin zutiefst in meinem Glauben verwurzelt.
    Doch wie kann es richtig sein, Menschen dafür zu bestrafen, dass sie anders beten?
    Jesus ist für uns alle gestorben, werde ich ihm sagen, wenn ich wieder gesund bin. Vielleicht muss ich noch tiefer in Ferdinand dringen, damit er seine starre Haltung ändert, doch dazu fehlt mir derzeit die Kraft. Der Sommer ist nicht mehr weit, und ich bin so müde wie ein Bär, der nach der Höhle für seinen Winterschlaf sucht.
    Wie sehr habe ich Böhmen geliebt, seine Farben, seinen Schmelz, seine Sprache, seine Menschen – doch allmählich beginne ich es zu hassen. Die Pest hat ihren grausamen Griff gelockert. Nicht alle sind gestorben, und von neuen Erkrankungen hört man seltener.
    Trotzdem will ich weg von hier und muss doch ausharren, auf dieser Burg im Niemandsland, die mir die schönsten Stunden meines Lebens geschenkt hat und die schrecklichsten.
     
    *
     
    Burg Pürglitz, 24. Juli 1564
     
    Der Kaiser ist tot , gestorben an Lungenschwindsucht, wie es offiziell heißt. Ich dagegen glaube, es war die Sehnsucht nach seiner Frau, die viele Jahre vor ihm gehen musste, die ihn ins Grab gezogen hat.
    Ferdinand trauert, und doch spüre ich, dass ihn gleichzeitig auch Hoffnung bewegt. Nichts wird so bleiben wie bisher.
    Ein Neuanfang für uns – wenngleich mit einiger Verzögerung.
    Wir gehen nach Tirol!
    Ferdinand hat ein Schloss gekauft, das er vollständig umbauen lässt, hoch über der Stadt Innsbruck gelegen. Er schenkt es mir, meiner Ehre und Tugendhaftigkeit wegen, wie er in der entsprechenden Urkunde bezeugt, was mich zu Tränen rührt.
    Ich werde die Herrin von Ambras …
    Dort werde ich mit den Kindern wohnen, und er kann bei uns sein, so oft er nur will, denn von der Hofburg bis dorthin sind es nur wenige Meilen.
    Ambras. Ich liebe diesen Namen!
    Geheimnisvoll klingt er, märchenhaft. Wundersam. Wie eine reife Frucht lasse ich ihn genüsslich im Mund zergehen.
    Die Welt ist noch immer nicht strahlend und bunt für mich, doch das tiefe Schwarz, von dem mein ganzes Sein erfüllt war, zieht sich nach und nach zurück.
    Mariechen hat all die Reste der Engelwurz hinausgefegt.
    Meine beiden kleinen Engel trage ich tief im Herzen. Sie begleiten mich, wohin ich auch gehe.
    Gestern habe ich laut gelacht. Es wird ein neues Leben geben.
    Beinahe kann ich daran glauben …

Veratrum album
    auch genannt Weiße Nieswurz, Gärwere,
    Läusekraut, Germander
     

     
    Positive Wirkung:  Pulver aus

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