Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
kränkelte.
Das Testament war unterzeichnet, und damit die Verteilung der Macht unter den Söhnen seit Langem besiegelt. Ihm auf dem Thron nachfolgen würde Maximilian, bereits zum Böhmischen König gekrönt und zum Römisch-Deutschen König gewählt. Karl sollte die Steiermark und Kärnten regieren, Ferdinand die österreichischen Vorlande sowie Tirol.
Ein Grund mehr, dieses Mal die Taufe prunkvoller als je zuvor zu begehen.
Katharina von Loxan, die zusammen mit ihrer Schwester Anna die schwierige, überlange Geburt begleitet hatte, war anwesend, zusammen mit ihrer Tochter Kathi von Sternberg und deren Mann Ladislaus. Gevatter waren die Grafen von Thun und Lodron. Die Zwillinge erhielten als Taufgeschenke edles Silber und Leinen; Philippine bekam von Ferdinand eine Schnur aus kostbaren weißen Perlen, die er ihr eigenhändig anlegte.
Obwohl von der Erbfolge ausgeschlossen, trugen die Täuflinge ebenso wie ihre älteren Brüder den Familiennamen ›von Österreich‹. Nach dem Gnadenbrief des Kaisers sollten die Buben später den Titel der Territorialherrschaft führen, die ihnen vom Vater übertragen werden würde, sowie jährlich zehntausend Gulden Apanage erhalten. Maria und etwaigen weiteren Töchtern stand das habsburgische und österreichische Wappen zu, dazu bis zu 10000 Gulden Heiratsgut.
Doch was nützten alle diese Zusagen und Zahlen?
Was half es, dass offenbar sogar Ferdinands Brüder Maximilian und Karl ein wenig zur Ruhe gekommen waren und zumindest nach außen hin ihre hässlichen Anwürfe gegen Philippine eingestellt hatten?
Was weiter, dass die Zwillinge in einer riesigen Doppelwiege schliefen, die Ferdinand eigenhändig geschnitzt hatte, um sie mit all seiner väterlichen Liebe vor Unheil und Krankheit zu bewahren?
Die böse Krankheit ging im Land um.
In vielen Städten und Dörfern wütete abermals die Pest, machte grausame Beute unter den Alten und Schwachen ebenso wie unter den Jungen und Starken. Die eisigen Wintermonate hatten die Seuche, gegen die alle machtlos waren, für eine Weile zum Einhalt gebracht. Doch kaum spitzte die Frühlingssonne wieder hervor und die ersten Blumen begannen zu sprießen, schritt auch ihr finsterer Siegeszug durch Böhmen unaufhaltsam weiter.
Anna hatte die kalten Monate dazu genutzt, um eine vorbeugende Medizin gegen die Pest zu entwickeln. Ausgehend vom Rezept eines Augsburger Medicus’, war sie nach unzähligen Versuchen, scheinbaren Fortschritten und erneuten Rückschlägen nun so gut wie überzeugt, das richtige Mittel gefunden zu haben.
Philippine, die das Kräuterzimmer inzwischen in ein fast doppelt so großes Gemach verlegt hatte, damit sie beide genug Platz hatten, schrieb auf, was die Mutter ihr diktierte. Grundlage der Kur war Annas sogenanntes ›Pestilenzwasser‹, das aus Theriak, Engelwurz, Geißkraut, Wacholder und einer Handvoll anderer geheimer Kräuter bestand. Weiterhin hatte sie aus Bibernellwurz, Diptam, Zitwerwurzel und Baldrian Pillen gedreht sowie eine dickliche Paste hergestellt, was beides nüchtern genossen werden musste. Zudem empfahl sie den Genuss ungekauter Wacholderbeeren und hatte große Lebzelten aus Zimt und Zitwerwurzel backen lassen, die die Diät gegen die Pest ergänzen sollten.
»Muss das wirklich so kompliziert sein?« Philippine ließ die Feder sinken und starrte die Mutter fragend an.
»Wieso kompliziert?«, sagte Anna stirnrunzelnd. »Lebzelten jeden Tag, dazu am ersten die Pillen, am zweiten die Paste, am dritten Tag das Wasser – und danach wieder von vorn. Wir haben genug Vorräte, um auch die Dienerschaft zu versorgen. Besuche von außerhalb sollten wir in der nächsten Zeit allerdings besser vermeiden. Denn die Pest reist, wie man weiß, besonders gern schnell zu Pferd.«
»Meinen Mann werde ich gewiss nicht aussperren«, sagte Philippine. »Ich wünschte ohnehin, ich müsste ihn gar nicht mehr ziehen lassen in dieses … dieses schreckliche Prag mit seinem Pomp und Hofgeschnatter! Und Karl wird mit der Hochzeit eben noch ein wenig warten müssen, auch wenn seine Eva von Schönburg noch so ungeduldig wird. Oder sie müssen sie ohne uns begehen.«
»Wollen wir weitermachen?«, fragte Anna ruhig. »Es gibt noch so vieles, was ich dir über diese Seuche zu sagen habe.«
»Ich bin bereit.«
»Gut. Dann hör mir jetzt genau zu: Wichtig ist es also, möglichst viel Essig zu verwenden und keinesfalls zu früh aufzustehen. Friedhöfe sind zu meiden … «
»Und wie sollen die Menschen das anstellen,
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