Die schöne Rächerin
Sie hatte das Recht, es zu wissen. »Nein, keine.«
Sie lächelte aus irgendeinem sonderbaren Grund. Ein kurzes, glückliches Lächeln, das kaum, dass er es bemerkt hatte, schon wieder verschwunden war. Dann verschränkte sie die Arme vor ihrem verrutschten Oberteil und sah ihn ernst an. »Und all diese Flirts?«
Er zuckte die Achseln. »Jede Menge Rauch, aber kein Feuer.«
»Absolut kein Feuer?«
»Nein! Zufrieden?«, grollte er.
»Oh nein, nicht annähernd.« Sie tippte nachdenklich die Fingerspitzen aneinander. »Ich habe aber zufällig mitbekommen, dass Ihre körperliche Ausstattung vollkommen in Ordnung ist.«
Ihre Wortwahl entlockte ihm ein kurzes, erstauntes Lachen. Oh Gott, ja. Sie verschränkte wieder die Arme, und die Art, wie sich ihr hübscher Busen dabei hob, verschaffte der körperlichen Ausstattung hinreichenden Brennstoff, sogar jetzt noch.
»Also, wo liegt das Problem?«
Er löste seufzend den Blick von ihrem Dekolleté. »Das Problem, Rose«, er klopfte mit der Hand auf seinen verwundeten Arm, »ist, dass ich dieses Stück totes Holz nicht ausreichend unter Kontrolle habe. Ich kann nicht sicher sein, dass ich niemanden verletze.« Die letzten Worte kamen zittrig heraus. Verdammt, ihm brach die Stimme weg.
Rose war in einem Satz bei ihm. Sie legte die Arme um ihn und spendete ihm einen Trost, um den er nie zu bitten gewagt hätte.
Rose machte die Augen zu, als sie spürte, wie sein warmer Arm sie umfasste. Ergriffen von seinem Schmerz, hatte sie ihn impulsiv umarmt. Jetzt war es zu spät, sich um ihren eigenen Schmerz zu sorgen. Doch er stieß sie nicht zurück, sondern ließ sich trösten und presste mit einem Atemhauch, der ihr die Haut und das Herz wärmte, sein Gesicht an ihren Hals.
»Für Sie würde ich es versuchen«, flüsterte er.
Er war zu erwachsen, als dass sie ihn hätte hätscheln können, doch sie sehnte sich danach, den kleinen Jungen in ihm zu trösten. Er war ein Mann mit empfindlichem Stolz und einer Mauer aus Stein um seine Verletzlichkeit.
Als ihrer beider Haut sich erwärmte, spürte sie, wie die Erregung zurückkam. Sein Körper drückte sich so hart an sie, seine Muskeln und seine breite Brust pressten sich wie ein Fels an ihren weichen Leib. Ein Mann, in der Tat.
Sie wünschte, sie beide wären nackt gewesen. Jetzt. Sie wollte jeden Zentimeter des nackten Collis sehen, berühren, küssen.
Er lachte kurz und schroff an ihrem Hals, und sie begriff, dass sie laut gedacht hatte. »Ihr Wunsch ist mir Befehl, Lady.« Er wollte sich mit einem einzigen anmutigen Handgriff das Hemd vom Leib reißen, aber irgendwie geriet sein verletzter Arm dazwischen. Sie zog die Seide das restliche Stück hinunter, zu ungeduldig, um noch länger zu warten und warf das Hemd auf den Boden. Er wollte sie wieder in die Arme schließen, doch sie drückte beide Handflächen auf seine Brust.
»Halt, ich will Sie ansehen.«
In seinen grauen Augen flackerten tiefe Gefühle. Erstaunen, Erregung und … Argwohn. Den musste sie ihm abgewöhnen. »Das ist nicht das erste Mal, dass ich Sie so sehe.«
»Stimmt.«
»Ich mag Ihre Brust.« Sie spreizte die Finger über die dicken Muskeln. Er holte stöhnend Luft, als sie die Nägel ein wenig in seine Haut grub. Sie hatte das schon so lange tun wollen … vielleicht ihr ganzes Leben lang. Jetzt durfte sie den glänzenden Körper, gegen den sie immer nur gekämpft hatte, lieben.
Hätte sie morgen sterben müssen, sie hätte es sich nicht verziehen, wenn sie sich diese Chance hätte entgehen lassen. Natürlich liebte er sie nicht. Aber sie liebte ihn, und das war für den Augenblick genug.
Und es schien auch nicht so, als würde es jemals einen anderen geben.
Der Gedanke war gleichermaßen traurig wie befreiend. Sie trat ein Stück zurück. Er hob die Hand, als wolle er nach ihr fassen. Seine eine Hand.
Sie verstand mit einem Schlag so vieles. All die »Eroberungen«, all das Flirten - alles Lüge. Eine Maske, ein Nebel, hinter dem er seine quälende Unsicherheit versteckte. Was für einen Dämon hatte er da in sich!
Aber sie war eine ausgebildete Kämpferin, nicht wahr?
Sie tänzelte noch einen Schritt zurück. »Stehen bleiben.«
In seinem Blick flackerte eine düstere Warnung. Doch es gefiel ihr, dass er gehorchte. Fürs Erste. Er glühte, so viel wusste sie. Und wenn er in Flammen ausbrach … sie zitterte bei dem Gedanken an die erotische Gefahr.
Aber zuvor gab es noch etwas zu tun. Sie zog die Nadeln aus den Haaren und ließ sie offen
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