Die schöne Rivalin
hatten sich in einem streng bewachten und mit Alarmanlagen gesicherten Nebenraum der weiträumigen Villa einige wenige ausgesuchte Herren zusammengefunden. Die anderen Gäste der ›Party‹ vermißten sie nicht, denn es waren so viele Bekannte anwesend, daß man mit Begrüßungen, Unterhaltungen und dem Austausch der meist recht abenteuerlichen Erinnerungen vollauf beschäftigt war. Indessen rauchten die vornehmen Herren in dem roten Salon, machten ernste Gesichter und warteten. Gastgeber Roger Corbet sah nervös an die Decke, wo in der Täfelung ein Lautsprecher eingelassen war. Endlich knackte es dort, die Herren hoben wie auf Kommando die Köpfe und machten den Eindruck, als säßen sie plötzlich stramm.
»Alles da?« ertönte eine Stimme aus dem Lautsprecher.
Es war Mr. Zero, der oberste Boß. Der geheimnisvolle Unbekannte.
Roger Corbet nickte. »Ja, Chef. Alle. Auch die Freunde aus Afrika.«
»Gut. Kommen wir gleich zur Sache. Aus Hongkong wird ein Frachter erwartet. Er ankert übermorgen nacht Punkt vier Uhr neunzig Kilometer südlich Mallorca. Genaue Angaben erhalten Sie von Corbet. Das Schiff hat Rohseide geladen – offiziell. In der Mitte jedes Ballen sind unsere Kapseln versteckt. Sektion III übernimmt hundert Kilo.«
»Verstanden, Chef«, sagte einer der Anwesenden.
»Sektion I übernimmt zweihundert Kilo.«
»Geht in Ordnung, Chef.«
»Sektion V übernimmt einhundertfünfzig Kilo. Wie ist die Strecke nach London?«
»Frei, Chef.«
»Sektion bekommt einhundert Kilo reinen Morphiums. Was machen die italienischen Kontaktmänner?«
»In Warteposition, Chef. Aber sie werden immer teurer. Außerdem müssen sie woanders anladen; der Polizeihauptmann von Villanuove ist versetzt worden.«
»Und der neue?«
»Unbestechlich, Chef.«
»Familie?«
»Eine Frau und zwei Kinder.«
»Fahren Sie eines der Kinder mal spazieren, das wird ihn überzeugen.« Die Stimme Mr. Zeros war kalt, mitleidlos, wie in Metall gepreßt. »Wie steht es eigentlich mit dem Foto, das aus Hamburg besorgt werden sollte. Ist der Beauftragte schon zurück?«
»Das Bild konnte bisher nicht beschafft werden«, antwortete Corbet. Schweiß trat auf seine Stirn. »Die Sache scheint schwieriger zu sein, als wir annahmen.«
»Ach was!« rief Mr. Zero. »Das ist nichts als Unfähigkeit. Nach meinen Informationen sucht die Polizei bereits nach dem Mädchen mit dem Foto. Das ist eine gefährliche Situation für unsere gesamte Organisation. Das Mädchen muß auf dem schnellsten Weg verschwinden, bevor die Polizei die richtige Spur hat. Vorerst noch nicht liquidieren. Lassen Sie diese Deutsche am besten erst mal nach Cannes bringen, dann sehen wir weiter. Und vor allem muß auch das Bildnegativ unbedingt aufgetrieben werden – koste es, was es wolle! Ist das klar?«
»Vollkommen, Chef. Wird erledigt.«
»Es geht auch um Ihren Kopf, Corbet«, drohte Mr. Zero unbarmherzig. »Bisher habe ich mich immer auf Sie verlassen können, aber nun scheinen Sie zu versagen, und Versager können wir uns nicht leisten. Doch jetzt weiter. Am Fünfundzwanzigsten kommt ein zweites Schiff und wird in der Nähe von Rhodos ankern. Es muß umgeladen werden. Die genaue …«
In diesem Augenblick läutete das Telefon. Corbet hob ab, hörte und legte schnell wieder auf.
»Was ist?« fragte die Stimme Mr. Zeros.
»Kommissar Bouchard ist soeben eingetroffen. Im weißen Smoking …«
Es war, als lache Mr. Zero in sich hinein. »Wir unterbrechen«, ordnete er an. »Kümmern Sie sich sorgfältig um unseren neuen Gast. Er hat es verdient.«
Ehe noch jemand überlegen konnte, wie es gemeint war, klickte es im Lautsprecher. Mr. Zero war weg.
Es war schon Mitternacht vorbei, als Kommissar Bouchard das weiße Haus von Roger Corbet wieder verließ. Er hatte mit vielen Bekannten gesprochen, einflußreichen Männern und Frauen der französischen Riviera, Künstlern und Politikern, Industriellen und Managern. Er hatte gewußt, daß er in diesem illustren Kreis den Riesenfisch, nach dem er angelte – den unbekannten entscheidenden Hintermann dieser Verbrecherbande –, nicht ohne weiteres entdecken würde; aber er hatte ebenso sicher gewußt, daß dieser rücksichtslose Gangsterboß zwischen all diesen Leuten herumlief und sich möglicherweise sogar mit ihm unterhalten hatte. Immerhin konnte er interessante Beobachtungen machen und manchen aufschlußreichen Gesprächsfetzen auffangen.
Er ließ sich von Roger Corbet zum Fahrstuhl begleiten.
»Na, Herr Kommissar«,
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