Die schöne Rivalin
Sauerei!«
In schneller Fahrt näherten sie sich wieder der französischen Küste. Unter Deck sangen die Matrosen der ›Afrika II‹ fröhliche Seemannslieder.
Kurz nachdem Kommissar Bouchard sein Büro erreicht hatte, klingelte das Telefon. Corbet war am Apparat.
»Sie Pechvogel!« sagte der Kommissar.
»Ach, Sie wissen es schon? Anderthalb Millionen auf dem Meeresgrund!« Corbet hüstelte. »Und so plötzlich.«
»Das ist wohl wahr.« Der Kriminalbeamte lächelte böse; wenn Corbet das hätte sehen können! »Woher wissen Sie es eigentlich? Ihre Mannschaft habe ich doch zum Trocknen hier.«
»Der letzte Funkspruch … Es war ein ziemlicher Schock für mich.«
»Ach ja, der Funkspruch. So, so. Wie dumm von mir!« Einen letzten Funkspruch hatte es überhaupt nicht gegeben; das war von dem Funker des Polizeikreuzers deutlich festgestellt worden. Ich habe Corbet bei einer Lüge ertappt, dachte der Kommissar; er wußte bereits von dem ›Unglück‹, lange bevor die Jacht gesunken war. »Werden Sie ein neues Schiff kaufen?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Ich würde es Ihnen empfehlen. Es ist verdammt anstrengend, mit seinem Sack auf dem Rücken quer durch das Mittelmeer nach Tanger zu schwimmen.«
Ohne Corbets Antwort abzuwarten, legte der Kommissar auf. Auch Nadelstiche tun weh, dachte er; und viele kleine Stiche hintereinander können die besten Nerven mürbe machen.
In Hamburg bekam Sonja kurz vor Geschäftsschluß einen Anruf. Es war die Sekretärin von Mischa. Sie richtete aus, Herr Heideck erwarte Fräulein Bruckmann Punkt 20 Uhr am Hafenbecken 9. Am Lagerhaus der Fruit-Company. Dort gäbe es eine Überraschung. Mehr dürfe sie nicht verraten.
»Mischa hat sich bestimmt ein Motorboot gekauft«, sagte Sonja zu ihrem Vater. »Er wollte schon lange ein neues haben. Ich bin gespannt.«
»Und das, wo sie vor der Pleite stehen!« Bruckmann hob die Schultern. »Ich komme bei diesen Geschäftsmethoden nicht mehr mit. Anscheinend bin ich verkalkt.«
»Du hast ganz recht, Vater!« Sonja tippte energisch auf die Rechenmaschine; sie machte den Tagesabschluß der Ladenkasse. »Ich werde mit ihm schimpfen. Bei mir braucht er kein Motorboot, um anzugeben. Ich heiße nicht Ellen!«
Kurz vor acht Uhr abends war sie am Becken 9. Die Kaianlagen waren schwach beleuchtet und menschenleer. Im Hafenwasser lagen ein paar Frachter aus Afrika, ein Schlepper, einige kleine Flitzer – aber kein schickes, weißes Motorboot. Auch Mischa war noch nicht da. Im trüben Licht der paar Lampen an den hohen Masten sah diese Gegend trostlos, ja feindlich aus.
Sonja fuhr herum, als sie hinter sich leise Schritte hörte. ›Mischa!‹ wollte sie rufen, aber dann blieb ihr das Wort im Munde stecken. Es war nicht Mischa, sondern Ricardo Bombani.
So ungewöhnlich Bombanis Auftreten zu dieser Zeit und in dieser einsamen Hafengegend auch war – sein Lächeln und die weltmännischen Manieren nahmen Sonja alle Angst. Im Gegenteil, sie atmete auf, erleichtert darüber, daß es kein völlig Fremder war, der da plötzlich vor ihr stand.
»Sie?« fragte sie gedehnt. »Wie kommen Sie denn hierher? Sind Sie mir nachgefahren? Hauen Sie schnellstens wieder ab, denn gleich wird Herr Heideck auftauchen, und ich möchte nicht, daß es wieder Auseinandersetzungen gibt.«
»Madonna mia«, sagte Bombani, nahm Sonjas Hand und küßte sie galant. »Wenn Sie wüßten, wie sehr ich diese Minuten herbeigesehnt habe! Heideck kommt übrigens nicht.« Sie waren ganz allein auf der Straße zwischen dem Lagerhaus und dem brackigen Hafenwasser. Die trüben Lampen erhellten kaum ein paar Meter Weg, die Kräne stachen ihre Eisenarme in den Nachthimmel wie betende Gerippe. »Ich selbst war es, der Sie anrufen ließ und hierher bestellte.«
»Sie? Aber …«
»Ich mußte Sie wiedersehen, ehe ich zurückfahre. Verzeihen Sie mir.« Bombani griff in die Tasche seines Trenchcoats und zog ein Kästchen heraus. Vorsichtig hielt er es Sonja unter die Nase und tat sehr geheimnisvoll. »Und ich wollte Ihnen etwas verehren. Ein kleines Andenken an einen Mann, der Ihr Bild immer in seinem Herzen behalten wird.«
»Das kann ich auf keinen Fall annehmen!« Sonja blickte neugierig auf das Kästchen. Es war länglich und flach. Ein Armband, dachte sie sofort. Unmöglich! Wie kommt er dazu, mir solche Geschenke zu machen?
»Die Freude einer schönen Frau macht mich glücklich«, sagte Bombani geschmeidig. Es war im Grund ja abgedroschen, klang aber trotzdem schön. Seine Stimme
Weitere Kostenlose Bücher