Die schöne Schwindlerin
herein?«
Das Fenster. Himmel, wie dumm konnte sie eigentlich sein? Für jemanden wie ihn war ein offenes Fenster praktisch eine Einladung. Dann drangen seine Worte zu ihr durch. War er wirklich ein Lord?
Hält er mich wirklich für eine Märchenfee
?
Oh, lass das, dachte sie wütend, du hast wichtigere Dinge, über die du nachdenken kannst. »Also, was haben Sie mit mir vor? Womit habe ich den mächtigen Lord Etheridge beleidigt? Ich habe Sie niemals karikiert.«
»Nein, natürlich nicht. Ich lebe zumeist sehr zurückgezogen.«
»Trotzdem haben Sie Thorogood so gut gespielt«, sagte sie bitter. »Sie waren wirklich der Liebling der feinen Gesellschaft.«
Sein Mundwinkel zuckte. »Eifersüchtig?«
»Es hat mir keinen Spaß gemacht, einen Lügner wie Sie meinen Beifall einheimsen zu sehen, nein. Aber ich habe mich nie nach Ruhm gesehnt, sonst wäre ich schon längst an die Öffentlichkeit gegangen.«
»Ich bezweifle, dass Sie dann heute noch atmen würden.
Seit ich Thorogoods Identität angenommen habe, hat es nicht weniger als drei Anschläge auf mein Leben gegeben.«
Die Sorge um ihn überkam sie, bevor sie noch etwas dagegen tun konnte. Verdammt, würde sie das nie in ihren Kopf bekommen? Er war kein Geliebter. Er war der Feind.
Sie drehte sich weg und ging zum Fenster. Der Mond war weitergezogen, schien ins Zimmer und erleuchtete diesen Teil des Raums beinahe so gut, wie die aufgereihten Kerzen den anderen. Konnte das wirklich derselbe Mond sein, der Rose und Monty geschienen hatte? War das wirklich erst gestern Nacht gewesen?
»Mir ist, als sei es Jahre her, dass wir einander zuletzt gesehen haben.« Sein Stimme kam sanft und tief aus kurzer Entfernung von hinten.
Ganz der leichtfüßige Dieb. Sie schloss die Augen vor dem silbrigen Leuchten und lehnte den Kopf an den Fensterrahmen.
»Sie haben niemals
mich
gesehen«, flüsterte sie. »Und ich habe
Sie
niemals gesehen.«
»Sind Sie sicher?«
»Rose war eine Lüge. Die lustige Witwe Simpson war eine Lüge. Ich bin einfach nur Clara, weder ein Mädchen noch lustig. Tatsächlich heißt es, ich sei recht fade.«
Das verblüffte ihn so, dass er lachen musste. »Oh, das bezweifle ich.«
»Genau, was ich sage. Sie haben keine Ahnung, wer ich bin.«
»Sie sind Clara Tremont Simpson, Tochter von Albert Tremont. Sie waren einmal verheiratet, recht kurz. Und zwar mit einem mittelmäßigen Soldaten namens Bentley Simpson. Ihr Vater hat das Vermögen der Familie bei einem betrügerischen Investmentprojekt verloren und hat dabei auch seine Nachbarn und Freunde um einen Großteil ihrer Ersparnisse gebracht. Er ist arm und verachtet gestorben. Nur Sie allein haben sich noch um ihn gekümmert.«
Hören zu müssen, wie ihr Vater derart in Verruf gebracht wurde, trieb ihr die Tränen in die Augen. Wütend wischte sie sie fort. »Sie haben ihn nicht gekannt, sonst wären Sie nicht so respektlos. Er war bei diesem Investmentgeschäft ein Opfer wie alle anderen auch.«
»Er hat den Menschen, die ihm vertraut haben, Tausende von Pfund gestohlen.«
Clara drehte sich zu ihm um. »Und wo soll das Geld geblieben sein? Habe ich Seide und Juwelen getragen? Sind mir die Heiratsanträge nur so zugeflogen? Dieser
mittelmäßige
junge Mann war der Einzige, der je zweimal hingesehen hat, der Einzige, der mich haben wollte – auch wenn Sie ihn verachten! Ich habe ihn geheiratet, weil ich Zweifel hatte, ob ich je wieder einen Antrag bekäme, und weil es mein Vater, nach all den Jahren, in denen wir Stück für Stück unseren gesamten Besitz verkauft haben, nicht mehr ertragen hat, meine Zukunft ruiniert zu haben und sich deshalb selbst das Leben genommen hat.«
Sie spürte die Tränen kommen und sah weg. »Hört sich das für Sie so an, als hätten wir von gestohlenen Reichtümern gelebt? Nein, und ich sage Ihnen auch, warum nicht. Mein Vater hatte einen stillen Teilhaber. Ein Mann, der gesagt hat, es würde seinen Ruf ruinieren, mit niedriger Geschäftemacherei in Verbindung gebracht zu werden. Ein Mann,
Lord
Etheridge, den mein Vater nicht benennen wollte, als das Geld verloren war. Aus Angst, dass man ihm ohnehin nicht glauben würde, weil sein Wort gegen das eines
Earls
gestanden hätte.«
Sie drehte sich weg, zu wütend und zu unglücklich, die Tränen länger zurückzuhalten. Er kam schnell zu ihr, legte die großen Hände auf ihre Schultern.
»Wer war es? Sagen Sie mir den Namen dieses Earls, und ich sorge dafür, dass er vor Gericht gestellt und der Name Ihres
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