Die schöne Spionin
nie mehr geschehen.«
Die Worte taten zu weh. »Sag niemals ›nie‹, Simon. Bitte«, flüsterte sie.
»Agatha, wir haben keine Zukunft.«
Sie nickte. »Das habe ich ja verstanden. Ich bitte dich nur um die Gegenwart. Wir haben das, was wir in jener Nacht begonnen haben, als Jamie nach Hause kam, nie zu Ende gebracht. Du hast mir damals gezeigt, was Leidenschaft ist, Simon.«
Er schüttelte mit schneller, heftiger Bewegung den Kopf. »Ich habe dir gezeigt, was Schmerz ist.«
»Ich war neugierig, was das betrifft, ich gebe es zu. Also habe ich Sarah gefragt, die Köchin, und sie hat mir erklärt, dass so etwas nicht mehr passieren wird.«
»Es wird überhaupt nichts mehr passieren.«
»Das ist nicht fair, und das weißt du auch. Soll ich mich mein ganzes Leben lang fragen, wie es sich angefühlt hätte, in deinen Armen zu liegen?«
War es das, was geschehen würde? Hatte er sich von ihr genommen und nichts zurückgegeben? Schuldete er ihr die wahre Leidenschaft, die sie zusammen hätten erleben können?
Zur Hölle. Sie war in seinem Kopf, verdrehte wieder seine Gedanken. »Ich weiß schon, was ich tue, Agatha.«
Sie legte den Kopf schief und fokussierte ihn. »Ich glaube nicht, dass du das weißt. Ich denke, du bist ein Feigling, Simon Rain. Aber ich bin keiner. Und ich bin mit dir noch nicht fertig.«
»Für heute schon.« Er deutete zur Treppe. »Hinauf.
Sofort.
Ich übernehme die erste Wache, es hat also keinen Sinn, sich in mein Zimmer zu schleichen.«
Sie sah ihn einen Augenblick lang schweigend an, dann drehte sie sich um und ging zur Treppe. Simon ging schmerzlich erleichtert in den Salon.
Nachdem er ein kleines Feuer in Gang gebracht hatte, lümmelte er sich in den Sessel und starrte verdrießlich in die Flammen. Er war tatsächlich ein nichtsnutziger Feigling, denn trotz der Gefahr, in die er sie damit gebracht hätte, hätte er nichts lieber getan, als ihr die Treppe hinauf in ihr Bett zu folgen.
Es war früh am Morgen. Ihr Zimmer war kalt und feucht, denn sie hatte die Fenster offen gelassen. Sie hatte gehofft, dass die ersten Kirchenglocken sie wecken würden, und das hatten sie auch.
Sie zog zitternd den Morgenmantel über. Nellie schien ihn zurückgebracht zu haben, nachdem sie ihn in Simons Zimmer gefunden hatte. Was die Dienstboten wohl von alledem hielten, den identischen Hausherren und dem mysteriösen Bruder, der mitten in der Nacht nach Hause zurückkehrte?
Sie hielten es vermutlich – und völlig zu Recht – für eine abgefeimte Schmierenkomödie. Agatha konnte nur hoffen, dass sie ihre Ansichten für sich behielten.
Als sie den nächsten Ausflug in das dritte Schlafzimmer des Hauses unternahm, waren keine Dienstboten da, die sie hätten sehen können. Die Lampen waren aus, aber Agatha bewegte sich sicher durch die Dunkelheit.
Simon mochte sie für kopflos halten, aber sie hatte ihr nächtliches Manöver am Tag zuvor geplant und dafür gesorgt, dass keine unliebsamen Zeugen angelaufen kamen.
Sie hatte Simons Türangeln genauso gut geölt wie ihre eigenen und im Wäscheschrank auf dem Gang einen zweiten Morgenmantel verstaut. Sie wollte nicht noch einmal nackt in ihr Schlafzimmer zurücklaufen – danke, nein.
Simon war lange auf gewesen und schlief vermutlich tief. Sie war sicher, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Eine bessere Gelegenheit würde es nicht mehr geben.
Sein Zimmer war genauso dunkel wie der Flur, doch sie hatte die Schritte von der Tür bis zum Bett abgezählt, während Button ihr Kleid hergerichtet hatte.
Sie zählte leise zu Ende, da streifte die Tagesdecke schon ihre Knöchel. Mit langsamen kontrollierten Bewegungen zog sie den Morgenmantel aus und hob die Decke an.
Die Matratze knarrte leise, während sie sich langsam unter die Decke schob. Sie hörte Simons Atem nur eine Handbreit entfernt. Hoffentlich waren ihre Füße nicht so kalt, dass er aufwachte, bevor sie ihr Ziel erreicht hatte.
Geschafft! Sein Körper brannte an ihrer kühlen Haut, und sie hielt kurz inne, um sich zu wärmen und wie eine Kerze, die man zu nah ans Feuer hielt, an ihm zu schmelzen.
Dann begann sie ihren Plan auszuführen.
Ganz langsam führte sie die Fingerspitzen vom Handgelenk seines ausgestreckten Arms auf die zarte Innenseite des Ellenbogens. Seine Haut war glatt, aber von ganz anderer Textur als ihre.
Ihn zu berühren, war irgendwie ganz neu. Vielleicht, weil die Dunkelheit sie einhüllte und ihre Sinne auch den leisesten Kontakt wahrnahmen. Vielleicht, weil
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