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Die schöne Spionin

Die schöne Spionin

Titel: Die schöne Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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geweinten Augen vorzutäuschen, denn sie hatte die letzten beiden Tage damit zugebracht, abwechselnd zu wüten und zu weinen.
    Ja, sie nährte ihren Zorn, denn ohne ihn wäre sie zu einer nichtswürdigen Tränenlache zerflossen. Simon hatte sich für vieles zu verantworten, doch am meisten hasste sie ihn dafür, dass sie ihn nicht hassen konnte.
    Agatha freute sich über die Anteilnahme. Sie hatte schließlich einen Verlust erlitten. Sie hatte ihr Herz verloren.
    Sie versuchte gelassen zu bleiben, der Sensationsgier ihrer Gäste zum Trotz. Sie nickte, wenn man ihr kondolierte, und sie überhörte die verschleierten Versuche, ihr die grausigen Einzelheiten zu entlocken.
    In Wirklichkeit spielte sie aber mit dem Gedanken, die Geschichte ordentlich auszuschmücken. Wie tief konnte sie Simon damit in Verlegenheit bringen?
    Doch mit der nächsten Besucherwelle erschien eine Frau, die Agatha kannte. Clara Simpson, die verwitwete Schwägerin von Mrs Trapp. Ihr schwarzes Kleid stand für ihre eigene Trauer, und ihre Anteilnahme war echt.
    »Ich weiß, es wäre Ihnen am liebsten, wenn wir alle verschwänden«, sagte Clara mit leiser Stimme.
    »Ich kann mich genau erinnern, wie ich mich gefühlt habe. Aber wenn wir dann wirklich gehen, wird die Stille sehr… laut sein. Bitte schicken Sie nach mir, wenn Sie jemanden brauchen, die Stille zu füllen. Ich werde Ihnen auch nicht erzählen, dass ›nur die Guten jung sterben‹ und Sie sämtliche Entscheidungen sofort in die Hände Ihres nächsten männlichen Verwandten legen sollten.«
    Agatha war bewegt und von Claras schlichter, aufrichtiger Anteilnahme ein wenig beschämt. Im Angesicht wirklicher Trauer schien Agathas kleine Schmierenkomödie plötzlich widerwärtig und billig.
    Es war falsch, genau wie Jamie gesagt hatte.
    Unfähig, Clara in die Augen zu sehen, sah Agatha sich nach Pearson um, der zur Eingangstür unterwegs war. Oh, verflucht. Nicht noch mehr Besucher.
    Einen Augenblick später erschien Pearson unter der Tür des Salons. Agatha stellte erstaunt fest, dass er aschfahl war.
    »Madam, Mr A…«
    Simon glitt mit einer schnellen Bewegung an dem versteinerten Butler vorbei und stand mit schwachem Lächeln mitten im Salon.
    Mrs Trapp schrie auf und fiel in Ohnmacht. Die anderen Ladys kreischten oder fächelten sich Luft zu, je nach Disposition.
    Pearson hob die Stimme über den Aufruhr, sein Stottern war mit einem Mal dahin. »Mr Applequist, Madam.«
    »Aber… aber er ist doch tot?«
    Agatha ließ Claras Hand fallen, erhob sich und starrte Simon finster an. Ihr Herz raste. Vor Zorn. Nur vor Zorn.
    »Ladys! Ladys, bitte!« Sie hob die Hände. »Dies ist der Bruder meines Gatten. Sein Zwillingsbruder.« Sie warf Simon einen mörderischen Blick zu.
»Ethelbert
Applequist.«
    Die Ladys seufzten erleichtert.
    Laut und unisono.
    Agatha hätte bei so viel Theatralik am liebsten die Augen verdreht, doch sie hielt den Blick starr auf Simon gerichtet, damit er es ja nicht wagte, zu widersprechen!
    Sie sah seine Lippen sich leicht bewegen.
Ethelbert
?
    »Ja,
Ethelbert
«, bekräftigte Agatha. »Der hierher gekommen ist, um seinen Respekt zu bezeugen, bevor er zu einer
ausgedehnten
Reise nach Amerika auf bricht.«
    Wieder seufzten die Damen wie aus einem Munde, mit Ausnahme der bodenständigen Mrs Simpson. Agatha hätte die Frau wirklich mögen können, hätte sie sie unter anderen Umständen kennen gelernt. Unter weniger dubiosen Umständen.
    Aber hätte jemand wie Clara eine Lügnerin zur Freundin haben wollen?
    Simon verbeugte sich vor jeder der Damen, die von seinem Charme offensichtlich angetan waren und aufgeregt zwitscherten.
    »Nicht auszudenken, dass es noch einen Mann wie Mortimer gibt, Agatha!«
    Agatha hätte fast geknurrt. »Nicht ganz wie Mortimer. Mortimer war viel attraktiver und einnehmender.«
    »Oh… ah, sicher.« Die Lady floh zur anderen Seite des Salons und gesellte sich zu der Schar der faszinierten Damen, die wie Theaterpublikum im Halbkreis saßen. Vielleicht hätte Pearson Eintrittskarten verkaufen sollen.
    »Viel attraktiver, liebe Schwägerin? Das tut weh.«
    Natürlich hatte er sie gehört.
    »Hast du nicht irgendwas auszuspionieren?«, zischte sie leise. »Ich kann förmlich hören, wie Napoleon gerade jetzt an deine Tür klopft. Du hast doch eine Tür, oder nicht?«
    Er verbeugte sich andeutungsweise. »Die habe ich. Eine sehr hübsche Tür an einem Haus in einer äußerst respektablen Gegend.«
    »Wie schön für dich. Dann geh bitte dahin.

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