Die schöne Teufelin
weit, dass sie ihre Hand daraus befreien konnte. Sie war nicht wirklich gefesselt gewesen.
Sie glitt auf der anderen Seite vom Bett und nahm eines der cremefarbenen Seidenlaken mit, um sich darin einzuwickeln. Dann schlüpfte sie in ihren Morgenmantel und raffte ihn über Brust und Bauch zusammen, so gut es ging. Der Gürtel hing, als trauriges Erinnerungsstück der letzten Stunden, noch immer am Betthaupt.
Als Jane so anständig bekleidet war, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war, seufzte sie tief und drehte sich wieder zu Ethan um.
Er hatte ihr den Rücken zugewandt. Noch immer halbnackt
stand er am Fenster und schaute in die Nacht. Mit einer Hand stützte er sich am Fensterrahmen ab, in der anderen hielt er ein fast leeres Glas Brandy. Unter ihren Blicken leerte er mit einer verärgerten Handbewegung das Glas. Dann warf er es achtlos auf das Polster unter dem Fenster. Das Glas prallte von dem steifen Pferdehaar ab und zerbrach schrill klirrend auf dem Boden. Das Geräusch ließ Janes angespannte Nerven schier zerreißen.
»Ach, sieh nur«, sagte Ethan ohne auch nur die Spur eines Bedauerns in der Stimme. »Ich hab es kaputt gemacht.«
Jane bekam kaum Luft. Sie fühlte sich, als umklammere eine Eisenfaust ihre Rippen, als würden sie wie Fassdauben zusammengepresst. Sie schluckte. »Ethan …«, hub sie an.
Er drehte den Kopf, kehrte der Nacht sein ausdrucksloses Profil zu. »Wie kommst du auf die Idee, wir könnten heiraten?«
»Ich habe gedacht … ich hoffte … ich habe gedacht, wenn ich deine Befürchtungen zerstreuen könnte, dann …« Ihre Stimme brach ab.
»Was dann? Dass ich mich wundersamerweise in den Gentleman verwandeln würde, der ich nicht bin, dass ich mich vor dich knien würde?«
Jane machte einen Schritt vor. »Nein! Nein, ganz und gar nicht! Ethan, bitte glaube nicht …«
Er wandte sich ihr direkt zu. Nie zuvor hatte sie eine solche Wut in seinen Augen gesehen. »Was dann, Jane? Was wolltest du heute Nacht hier erreichen?«
»Ich hatte gehofft … ich hatte gehofft, dass du …« Sie zuckte hilflos die Schultern. »Ich hatte gehofft, du würdest dich mir öffnen.«
Er lachte kopfschüttelnd. »Dir öffnen, Jane? Warum? Da ist nichts in mir drin, das für dich auf irgendeine Weise wertvoll sein könnte. Du beharrst darauf, dir etwas vorzumachen.«
»Sag das nicht, Ethan. Ich liebe dich! Ich weiß, dass du mich magst, dass du mich liebst …«
»Guter Gott, Jane – lass mich in Ruhe!« Sein gequältes Brüllen hallte durch das leere Haus. Jane wich zurück.
Sein Atem ging schnell, als er sich sichtlich um Fassung bemühte. Er fuhr sich mit einer frustrierten Bewegung durchs Haar, dann hob er den Kopf und schaute sie gleichgültig an. »Lady Jane, ich weiß nicht, wie ich es noch deutlicher sagen könnte.«
Jane wich einen Schritt zurück. »Ethan, bitte nicht …«
Er richtete sich zu voller Größe auf, sein Gesicht war unbewegt und sein Blick geradeheraus. »Ich liebe dich nicht, Jane. Ich werde dich niemals lieben. Jetzt nicht. Und auch nicht in Zukunft.«
Jane fühlte, wie ihre Seele sich zusammenkauerte und an den Rändern anfing zu sterben. Sein Blick, seine Haltung – er war absolut überzeugend. Konnte es denn sein, dass er sie wirklich nicht liebte?
Der Schmerz raubte ihr den Atem. Sie wollte sich umdrehen und aus dem Zimmer, aus dem Haus rennen, irgendwohin, Hauptsache fort von seinem leeren, vage mitleidigen Blick. Und doch würde sie nicht aufhören zu kämpfen.
»Du lügst, Ethan.« Sie bemühte sich, ihrer Sache so sicher zu klingen, wie sie es sein musste.
Er schüttelte langsam den Kopf und senkte dabei nicht ein einziges Mal den Blick. »Ich habe dich niemals angelogen. Ich habe dich nie glauben lassen, dass ich eine Rolle in Lady Janes Leben spielen wollte.«
Jane lachte niedergeschlagen. »Nein, du hast mich niemals belogen, Ethan. Nur dich selbst.«
»Was meinst du damit?«
Sie schaute zur Seite, atmete hörbar ein. Dann blickte sie ihm wieder in die Augen. »Du machst dir vor, dass du nicht mehr willst. Du sagst dir selbst immer wieder, dass das Leben, so wie du es dir eingerichtet hast, alles ist, was du willst – oder vielleicht auch, dass es das ist, was du verdienst, was dir erlaubt ist …«
Endlich reagiert er. Abwehrend hob er die Hände. »Du hast keine Ahnung, worüber du sprichst!«
Jane fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht, wischte ihre Tränen zornig beiseite. »Ich kenne dich, Ethan Damont. Ich kenne dich so gut.
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