Die schöne Teufelin
sie solle darunterkriechen.
Dann zündete er ein weiteres Streichholz an und zeigte ihr so, wo sie im Matsch hockten. »Sie können hier warten, während ich Ihren Wagen hole.« Er blinzelte sie hoffnungsvoll an. Eigentlich war er sogar ganz lieb.
Jane schaute sich zufrieden um. »Wir sind unter der kleinen Brücke! Was für eine gute Idee!«
Sie hätte schwören können, dass der kleine Mann errötete, als er einen Kerzenstumpen aus der Tasche zog und ihr hinhielt. »Falls Sie sich im Dunkeln fürchten … ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man’s sieht.«
Fast hätte sie danach gegriffen, aber dann schüttelte sie doch den Kopf. »Nein. Wir sollten besser kein Risiko eingehen. Ich brauche kein Licht. Ich bleibe hier und ruhe mich etwas aus, bis Sie zurück sind.«
Er nickte zustimmend, dann blies er das Zündholz aus. »Ich brauch nicht lang, Mylady. Bin gleich wieder bei Ihnen.«
Sie hörte ihn unter der kleinen Brücke hinauskriechen, aber dann war er so lautlos verschwunden, wie er gekommen war.
Jane schlang ihre Arme um ihre hochgezogenen Knie und ließ ihren Kopf darauf sinken. Sie war erschöpft, ihre Handgelenke pochten, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie gerade durch Schwanenkot gekrochen war.
Aber sie war in Sicherheit. Wenigstens für kurze Zeit. Sie hoffte nur, dass es Ethan so gut ging wie ihr selbst.
Als Kurt sich endlich aus seinem Nachthemd gewickelt hatte und sich die anwesenden Liars bewaffnet und versammelt hatten, wartete Stubbs, der Türsteher, bereits am Hintereingang des Klubs auf sie. In seinen plumpen Händen hielt er die Zügel zahlreicher Pferde.
Ethan riss überrascht die Augen auf. »Wir haben Pferde?«
Dalton nickte, während er auf einen schwarzen Wallach stieg. »Nachdem wir letztes Mal wegen der verdammten Kutschen fast den Kürzeren gezogen hätten, habe ich mich darum gekümmert, dass wir unseren eigenen Mietsstall erwerben.« Sein Grinsen durchbrach die Dunkelheit. »Er liegt nur ein paar Straßen von hier und sieht aus wie jeder andere. Wir machen sogar ein bisschen Geld damit, dass wir die weniger edlen Tiere hin und wieder vermieten.«
Ethan warf seinem Pferd einen sauertöpfischen Blick zu. »Sogar die Pferde haben eine geheime Identität. Ihr Typen seid doch durch und durch verrückt.«
Dalton legte den Kopf schief. »›Ihr Typen‹? Meinen Sie nicht eher ›wir Liars ‹?«
Ethan wandte nur sein Pferd ab und schloss sich den anderen an, die bereits die Gasse hinuntertrotteten. Als die Gruppe im leichten Galopp durch die dunklen Straßen ritt, beugte sich Ethan tief über den Hals seines Tieres und hielt sich an der Spitze. Er wollte Lord Etheridges Kameradschaft nicht. Er wollte nur eine große Zahl Männer und Waffen, um sie allem entgegenzusetzen, was sich zwischen ihn und Jane stellte.
Wir Liars.
Wie verführerisch diese Wörter doch waren. Fast reichten sie aus, um Ethan für einen kurzen Augenblick glauben zu lassen, er sei nicht allein.
Kannst du sie nicht hinter dir spüren? Du könntest einer von ihnen sein, wenn du es willst. So fühlt es sich an, zu etwas zu gehören, das größer ist als du selbst.
Der Sirenengesang dieser Verbundenheit zog ihn an. Ethan riss sich brutal los. Sie wollten ihn nicht wirklich, und wenn sie wüssten, wie nah er der Versuchung gewesen war, sich Maywell anzuschließen, dann würden sie ihn sehr wahrscheinlich töten. Und doch verstand er zum ersten Mal in seinem Leben, was Männer wie sie antrieb. Ein höheres Ziel zu haben, das machte mit einem Mal alles so klar. Er wusste genau, welchem Zweck er diente. Jane durfte nichts passieren. Und weil Jane England liebte, würde Ethan alles tun, was notwendig war, damit England nichts passierte.
Es gab keine Grauschattierungen mehr.
Jane schaute zweifelnd auf ihren Wagen. Ihr zerlumpter Retter war vor einer Minute mit einem quietschenden Ponywagen
vor ihr aufgetaucht. Auf der Ladefläche des Wagens stand eine große, schäbige Truhe – eine von der Sorte, wie man sie auf eine lange Reise mitnehmen würde … wenn man gerne seine Sachen in einem dreckigen Behältnis transportierte, das allem Anschein nach bereits in irgendeiner Form bei der Hühneraufzucht verwendet worden war. Kleine Daunenfedern hingen noch immer an den weißlichen Flecken, die das Truheninnere schmückten.
»Schwanenkot, Hühnerkacke«, murmelte sie vor sich hin, als sie hineinkletterte. »Wahrscheinlich sollte ich froh sein, dass Sie den Wagen nicht von einem Elefantenwärter
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