Die schöne Teufelin
bevor du dich mit ihm einlässt. Du darfst nicht nur dem trauen, was auf der Oberfläche zu sehen ist.«
Jane richtete sich lächelnd auf. Wie wahr! Noch so ein exzellenter
Ratschlag von Mutter. Sie wusste genau, was sie als Nächstes zu tun hatte.
Es war höchste Zeit, mehr über Mr Ethan Damont herauszufinden.
Der Kiesweg schlängelte sich durch die Mitte des Parks und führte sie auf einem Weg englischen Müßiggangs, als sie an Leuten sämtlicher Gesellschaftsschichten vorbeikamen, die den Tag genossen. Grobschlächtige Männer in Arbeitskleidung saßen mit Frauen in einfachen Baumwollkleidern auf Picknickdecken, während kräftige Kinder über sie hinwegstiegen. Langbeinige Pferde edlen Geblüts zogen leichte Zweispänner, die mit feschen jungen Männern und kichernden jungen Damen besetzt waren. Oft hatte sich eine geduldige Anstandsdame auf den Notsitz hinter ihnen gezwängt.
Wenn Ethan ein Mann fürs Heiraten wäre, dann hätte er sich gemerkt, wie man den einen oder anderen Kuss stahl. Leider gingen die Damen, die er üblicherweise küsste, nicht oft in die Öffentlichkeit, wenn man Mrs Blythes Bälle der Sinnlichkeit außer Acht ließ. Nein, andere Männer mochten um eine Frau werben – Männer, die ein gutes, sorgenfreies Leben erwarten konnten und natürlich die Unterstützung durch die Familie des Mädchens.
Weder das eine noch das andere traf auf ihn zu. Nicht, dass er sich wirklich dafür interessierte. Der Gedanke war ihm nur gerade so durch den Kopf gegangen.
Nach längerem Zögern stieß Rose einen irritierten Seufzer aus und wandte sich zu ihm um. Sie standen gerade auf der Fußgängerbrücke über die Serpentine . Ethan dachte, dass sie vor dem langgestreckten See sehr reizend aussah.
»Ethan, du hörst mir überhaupt nicht zu, egal, was ich dir zu sagen habe, oder?«, sagte sie leicht verärgert.
Ethan wandte sich von ihr ab und stützte beide Ellenbogen auf das Geländer. Er tat so, als ginge ihn das alles gar nichts an, schaute sich gut gelaunt um und genoss einen der letzten schönen Tage dieses Sommers. »Nicht ein bisschen«, sagte er geistesabwesend. »Möchtest du ein Eis? Die Eisdiele könnte noch geöffnet haben.« Er grinste ihr über die Schulter zu. »Und falls nicht, dann werde ich sie mit meinem Schwert zwingen, nur für uns zu öffnen.«
Rose stellte ihren Sonnenschirm auf den Planken ab und stützte die Hände auf den Knauf. »Ich fürchte, ich kann heute nicht. Es gibt viel zu tun.«
Ethan wusste, dass sie über viel Wichtigeres sprach als über die Pflichten, die ihr von ihrem neuen Haushalt auferlegt wurden. »Sag mir eins, Rose: Warum wird jemand, der so nett ist wie du, zu einem Spion?«
Sie grinste ihn an, und ihr plötzlich aufleuchtendes Lächeln verwandelte sie von einer attraktiven Frau in eine ausgewiesene Schönheit. »Weil das Leben eines Spions das Aufregendste ist, was dir jemals passieren kann.«
Aufregend? So hatte er das Ganze noch nie betrachtet. Trotz seines erwachenden Interesses lachte Ethan. »Das bezweifle ich, Madame, aber ich will mich nicht streiten.« Er schüttelte den Kopf. »Wie du weißt, habe ich einige außerordentliche Erlebnisse zu verbuchen, mit denen ich es vergleichen kann.«
»Das mag schon sein«, gab sie lachend zu. Dann wandte sie sich wieder mit dieser einschüchternden Intensität an ihn. »Tust du mir einen Gefallen, Ethan?«
Er richtete sich auf und verneigte sich spielerisch, weigerte
sich, von ihrem Enthusiasmus angesteckt zu werden. »Immer doch, du Liebreizende.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Nur ein Mal möchte ich, dass du dir ernsthaft überlegst …«
Er erwartete, dass sie irgendetwas Ernstes oder Verantwortungsvolles von ihm verlangen würde. Er würde ihr einfach nicht zuhören. Sollten sie doch ihren kleinen Klub und ihre Gefahr und ihre Intrigen für sich behalten. Er würde bis zu seinem Tod frei und ungebunden bleiben.
Rose lehnte sich dicht an ihn. Ein wildes Funkeln blitzte plötzlich aus ihren Augen. »Ich bitte dich nur, dir selbst die Frage zu stellen: Warum eigentlich nicht?«
Ethan zwinkerte. Er war von ihrer spielerischen Aufforderung überrascht. Rose drückte einen Kuss auf ihre eigenen behandschuhten Fingerspitzen und ließ ihn zu seinen Lippen wandern. »Schlaf mal darüber, versprichst du’s mir, Ethan?«
Mit diesen Worten drehte sie um und eilte den Weg zurück, den sie gekommen war. Ihre langen Beine ließen ihre modischen Röcke um eine Winzigkeit zu weit schwingen. Sie
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