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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Boer im Dienstwagen die Mosel überquerten. An der Bushaltestelle
Westbahnhof saßen wieder die üblichen Verdächtigen bei einer kleinen Stärkung
zusammen, und im ehemaligen »Luxemburger Eck« wurde immer noch gebaut. Hier, in
Rosis alter Kneipe, sollten wohl Studierendenwohnungen entstehen. Was für eine
Vorstellung! Lange hatte sich in Ferschweilers Revier nur wenig getan. Jetzt
folgten die Veränderungen auf einmal Schlag auf Schlag. Wie gut, dass es
wenigstens noch einige Konstanten gab.
    Der Parkplatz der Akademie war brechend voll. De Boer parkte den
Wagen auf einem eigentlich für Mitarbeiter der Verwaltung reservierten Platz
neben Natascha Berggrüns in die Jahre gekommenem Cabriolet.
    Sie stiegen aus und sahen Helena Claus an einem Fenster der
Verwaltung mit einem dicken Buch in der Hand stehen. Als sie Ferschweiler und
de Boer entdeckte, winkte sie ihnen zu. Ferschweiler, der annahm, dass dies
allein ihm gelte, winkte verlegen zurück.
    Im Inneren der Kunsthalle herrschte wie immer Hochbetrieb. Mehrere
ältere, sehr wichtig wirkende Frauen und Männer in Overalls oder farbfleckigen
Latzhosen trugen geschäftig kleinere und größere Leinwände umher oder waren
dabei, Grafiken an der Wand zu befestigen.
    »Ach, Herr Kommissar.« Natascha Berggrün trat auf die beiden zu.
»Schön, dass Sie da sind. Wir bereiten gerade unsere große Abschlussausstellung
vor. Jeder Kurs endet mit der Präsentation der besten von den Teilnehmern
gefertigten Arbeiten.«
    »Interessant, Frau Doktor«, sagte Ferschweiler gelangweilt. »Wir würden
gern noch einmal mit Ihnen und Frau Claus sprechen. Allerdings würden wir
vorher gern das Turmzimmer sehen. Wäre das möglich?«
    »Warum denn das Turmzimmer?«, fragte Dr.   Berggrün überrascht.
    »Das erkläre ich Ihnen später.«
    »Also gut, dann werde ich Sie hinbringen. Es ist allerdings schon
lange nicht mehr in Benutzung. Bitte, hier entlang.«
    »Ist Herr Kafka eigentlich schon auf dem Gelände?«, wollte Ferschweiler
wissen.
    »Nein, ich glaube nicht. Ich habe mich auch schon darüber gewundert,
dass er heute noch nicht bei mir gewesen ist. Sonst macht er das immer als
Erstes, wenn er morgens kommt. Wir sprechen dann oft über neue Projekte und
jonglieren mit Ideen«, antwortete Dr.   Berggrün. »Sein Kurs läuft aber noch,
also wird er vermutlich gleich kommen, falls er nicht doch schon längst da
ist.«
    Ferschweiler und de Boer tauschten besorgte Blicke aus. Ob es etwas
zu bedeuten hatte, dass Kafka noch nicht an der Akademie erschienen war? Ob er
sich überhaupt noch in Trier aufhielt?
    Dr.   Berggrün, die von de Boers und Ferschweilers Unruhe nichts
mitzubekommen schien, führte die beiden über verschiedene Treppen in den
unteren Bereich des Turms.
    »Früher fanden dort oben immer die Dozentenbesprechungen statt. Doch
als die Akademie sich zu entwickeln begann und dadurch der Lehrkörper anwuchs,
wurde es oben zu eng. Später hat sich niemand mehr so recht mit dem Zimmer
anfreunden können. Ich weiß auch nicht, warum.«
    »Und heute wird es also gar nicht mehr genutzt?«, fragte
Ferschweiler.
    »Nein, nur noch als Depot für unsere Requisiten, also für all die
Dinge, die unsere Teilnehmer zum Zeichnen brauchen. Nicht alle haben immer
etwas vor dem inneren Auge, wenn sie den Zeichenstift zum vielleicht ersten Mal
in die Hand nehmen. Deshalb haben wir so einiges an Vorlagenmaterial vorrätig.«
    Mit schnellem Griff fand sie den passenden Schlüssel an ihrem
prallen Schlüsselbund und machte sich daran, die Tür aufzusperren. Es dauerte
ein wenig, ohne besonderes Fingerspitzengefühl schien sich der Schlüssel im
Schloss kaum drehen zu lassen.
    »Manchmal wünschte ich mir«, sagte Dr.   Berggrün mit vor Anstrengung
leicht gerötetem Gesicht, »die Stadt hätte uns damals für alle Türen
elektronische Schlösser bewilligt. Aber so muss man bei einigen Türen richtig
kämpfen.«
    Endlich hatte sie es geschafft. Ein leichtes Knarren war zu hören,
und die Tür ging auf. Oft wurde sie anscheinend tatsächlich nicht mehr
geöffnet. Gemeinsam betraten sie nun einen Raum, dessen Höhe Ferschweiler auf
sechs Meter schätzte, was ungefähr dem Doppelten seiner Tiefe entsprach. Alte
Schaufensterpuppen standen an die Wände gelehnt, und Koffer voller Kleider und
Kleinutensilien waren aufeinandergestapelt. Nur ein kleines Fenster in etwa
vier Metern Höhe ließ etwas Licht in den Raum. Eine äußerst steile Holztreppe,
deren Stufen abwechselnd von Stufe zu Stufe

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