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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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gewölbt waren, sodass man sie trotz
der enormen Neigung bequem besteigen konnte, führte nach oben.
    »Dort hinauf, Herr Kommissar. Das ist der Weg zum eigentlichen
Turmzimmer. Klettern Sie nur hoch, wenn Sie schwindelfrei sind«, frotzelte Dr.
Berggrün.
    »Aber, meine Liebe«, sagte Ferschweiler, »ich stamme aus Trier-West.
Da ist man das Über-Dächer-Gehen gewohnt. Man wird praktisch mit einer solchen
Begabung geboren.«
    Tatsächlich erklomm Ferschweiler die Treppe erstaunlich schnell und
sicher. Was er dann sah, als er oben angekommen den Kopf durch die Luke zum
Turmzimmer steckte, verschlug ihm die Sprache. Der Raum war angefüllt mit
ausgestopften Tieren: Marder, Eichhörnchen, die unterschiedlichsten Arten von
Vögeln, sogar ein Leopard war auszumachen. Ein leichter Geruch nach Formaldehyd
lag in der Luft. De Boer, der Ferschweiler gefolgt war, musste sichtlich nach Luft
schnappen. Wie lange hatte hier wohl niemand mehr gelüftet?
    »Ui«, entfuhr es Ferschweiler. »Bilden Sie die zukünftigen
Illustratoren für Sielmanns Tierleben aus?«
    »Könnte man meinen«, lachte Natascha Berggrün von unten. »Aber Sie
glauben nicht, wie beliebt das Zeichnen von Tieren anhand von Präparaten einmal
war. Auch heute noch gibt es Teilnehmer, vorzugsweise Männer, die nichts
anderes machen wollen. Besonders seit Laszlo Kafka bei uns ist und sich diesem
Bereich verstärkt widmet.«
    Der Mensch ist doch eine seltsame Spezies, dachte Ferschweiler.
Präparate!
    Was ihn aber am meisten an diesem Raum interessierte, war die breite
Matratze, die zentral auf dem Boden lag.
    »Und die Matratze da?«, fragte er Dr.   Berggrün, die zu ihm hochsah.
»Wozu dient die?«
    Verlegen, so wie es sonst eigentlich nicht ihre Art war, blickte die
gestandene Kunsthistorikerin zu Boden.
    »Tja, Herr Kommissar, was soll ich sagen …«
    »Ich kann es mir schon denken. Nur: Wer hat denn einen Schlüssel zu
diesem Raum?«
    »Eigentlich nur wir in der Verwaltung. Warum fragen Sie?«
    »Na ja, ich habe Grund zu der Annahme, dass sich Herr Kafka des
Öfteren hier oben aufhält.«
    »Aber nie allein. Er besitzt keinen Schlüssel zum Turmzimmer, wenn
Sie das meinen. Er muss immer von einem von uns begleitet werden, also von mir,
Frau Claus oder von Herrn Haltaufderheide. Erst gestern Nachmittag war ich mit
ihm zusammen hier. Er hat sich die Präparate von zwei südamerikanischen
Amazonen, die er vor einer Woche hier gelagert hatte, geholt. Schöne Papageien,
wirklich. Wissen Sie, er ist nicht nur ein sehr guter Künstler, sein Vater hat ihm
auch eine beachtliche Sammlung von Tierpräparaten vermacht, aus der Herr Kafka
uns in letzter Zeit immer mal wieder wirklich tolle Exemplare als
Vorlagenmaterial mitgebracht hat. Meistens waren es Vögel aus Süd- oder
Mittelamerika. Sie verfügen über viel frischere und intensivere Farben als
unsere Staubfänger, die schon viele Jahre auf dem Buckel haben und bei denen es
sich auch nur um heimische Exemplare handelt.«
    Verstehe, dachte Ferschweiler. Du kennst deine Künstler wirklich
gut.
    Auf dem Weg zurück zur Verwaltung sagte Dr.   Berggrün kein Wort.
Ferschweiler steckte de Boer einen Zettel zu, den er oben im Turmzimmer, für
Dr.   Berggrün nicht zu sehen, geschrieben hatte.
    De Boer nickte und fragte: »Entschuldigen Sie, Frau Dr.   Berggrün, wo
finde ich denn Ihre Toiletten?«
    »Hinter der Treppe in der Kunsthalle. Gehen Sie einfach dort durch
die Tür, dann am Kicker vorbei, und Sie sind da.«
    »Vielen Dank«, antwortete de Boer und verschwand. Schon im Gehen
tastete er in der Innentasche seines Mantels nach seinem Handy.
    Schweigend absolvierten Ferschweiler und Dr.   Berggrün das letzte
Stück bis zum Verwaltungsgebäude.
    Man machte Meter, wenn man hier tagtäglich arbeitete, dachte
Ferschweiler. Kein Wunder, dass sein Cousin Gereon immer äußerst fit gewesen
war.
    ***
    De Boer ging derweil in die Kunsthalle zurück. Immer noch
wuselten die Künstler herum und bauten ihre Abschlussausstellung auf. An einem
Tag wie heute musste eigentlich auch ein Haustechniker da sein.
    »Wer ist denn hier der Hausmeister?«, fragte de Boer einen großen
Mann mit einem auf seinem grauen Polopulli aufgedruckten grünen Dackel zwischen
rosafarbenen Punkten.
    »Der eine steht dahinten auf der Leiter«, sagte der Mann. »Seinen
Kollegen habe ich heute noch gar nicht gesehen. Ist wohl wieder einmal
rekonvaleszent.«
    De Boer bedankte sich höflich und ging auf den Hausmeister zu, der
auf einer voll

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