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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Magengegend – »ist
auch nicht unbedingt nach ihrem Geschmack. In der näheren Umgebung gibt es
sonst auch nur heruntergekommene Kneipen ohne Anspruch und Stil. Es ist
schrecklich.«
    Ferschweiler stach es zum zweiten Mal. Rosi durfte er das nicht
erzählen.
    »Nein, ich kann meine Mutter durchaus verstehen«, sagte Tessy Contz
überzeugt. »Und stellen Sie sich einmal vor: Alles muss in Trier extra bezahlt
werden, nichts an der Akademie ist in den Kursgebühren inklusive. Selbst Kaffee
muss man sich selber holen gehen …«
    »Und das wird in Waldbillig besser gelöst sein?«, fragte
Ferschweiler, der sich wieder im Griff hatte.
    »Kein Vergleich, Monsieur le Commissaire.« Tessy Contz machte eine
abfällige Geste. »Bei Kafkas Kunstakademie handelt sich im Vergleich dazu um
eine Art Luxushotel mit angeschlossenen Ateliers. Sie werden es ja gleich
selbst sehen.«
    Während sie sprachen, steuerte de Boer den Wagen zwar sicher, aber
mit hoher Geschwindigkeit über die kleinen Waldstraßen in der Nähe Echternachs.
Mehrfach musste er Schafen und Wanderern ausweichen. Schließlich kam nach einer
weiteren Kurve am Ende der Straße ein großes Gebäude in Sicht.
    »Wir sind da«, sagte Tessy Contz. »Das ist das ›Hotel du Lac‹, der
zentrale Bau der neuen Akademie.«
    Das imposante Gebäude, das mit einer seiner Schmalseiten
zur mit lautem Rauschen vorbeifließenden Schwarzen Ernz zeigte, stammte aus den
späten sechziger Jahren. Es besaß eine glatte, gelblichbraun gestrichene
Putzfassade und war im Erdgeschoss um einen wintergartenähnlichen Vorbau
erweitert, der einmal um das ganze Gebäude herumzulaufen schien.
    »Biegen Sie bitte an der Gabelung vor dem Hotel rechts ab. Dort
können wir dann den Wagen abstellen.« Tessy Contz kannte sich anscheinend
bestens aus.
    Langsam rollte der Wagen auf den geschotterten Parkplatz. Hier noch
eine freie Lücke zu finden, fiel nicht leicht. Überall standen große Limousinen
und elegante Sportwagen, größtenteils mit belgischen oder Luxemburger
Nummernschildern. Die wenigen Karossen, die deutsche Kennzeichen trugen, kamen
fast alle aus Düsseldorf und Köln.
    »Na, um Kundschaft muss sich Herr Kafka ja anscheinend nicht
sorgen«, sagte Ferschweiler mit Blick auf die versammelten in lackiertes Blech
investierten Millionen.
    »Nein, das muss er wirklich nicht.« Tessy Contz hatte bereits die
Wagentür geöffnet und einen ihrer schlanken Füße auf den Schotter des
Parkplatzes gesetzt. »Das Hotel selbst ist schon länger in Betrieb und genießt
einen ausgezeichneten Ruf. Was meinen Sie, wie es hier aussieht, wenn er erst
seine Akademie offiziell eröffnet hat? Wobei es dazu nun ja vermutlich nicht
mehr kommen wird …«
    »Hat Kafka denn Werbung für seine Kunstschule gemacht?«, fragte
Ferschweiler.
    »Nein, im Gegenteil. Er hat sein Vorhaben geheim gehalten, nur mal
hier, mal da ein paar Andeutungen gestreut. Meine Mutter, die bestens in diesem
Bereich vernetzt ist, hat auch erst durch seine persönliche Einladung davon
erfahren. Und Kafka hat ihr absolutes Stillschweigen abverlangt, als
Gegenleistung für ihre Teilnahme am Testlauf. Ich für meinen Teil denke, das
ist alles eine Art Marketingstrategie. Und – voilà! – sein Kalkül
geht offensichtlich auf. Aber bitte kommen Sie, meine Herren. Ich kenne den
Weg.«
    Sie ging vor de Boer und Ferschweiler her in Richtung des dem
Parkplatz zugewandten Haupteingangs.
    Das Hotel wirkte von außen modern und schlicht: viel Glas und glatte
Putzfassaden. Als Ferschweiler hinter Tessy Contz die Lobby betrat, glaubte er,
seinen Augen nicht zu trauen. Von der Bäderarchitektur seiner Jugendzeit war
hier nichts mehr geblieben. Unter einem Hotelempfang verstand er jedenfalls
etwas anderes.
    Während die Wände der Lobby in dunklem Tropenholz gehalten waren,
wirkte der einem aufgeschnittenen Zylinder ähnelnde Tresen auf Ferschweiler wie
ein Raumschiff aus einem Science-Fiction-Film. Im oberen Bereich bestand er bis
zu einer Höhe von knapp fünfzig Zentimetern aus glattem, poliertem Beton. Darunter
schlossen sich verschiedenfarbig beleuchtete Bereiche aus Glas an: zunächst in
Blau in mehreren Abstufungen, darunter in Violett, dann in Grün und schließlich
wieder in Blau. Eine feine Leiste aus mattem Stahl schloss den Tresen zum
Fußboden hin ab. Die beiden aparten jungen Empfangsdamen, die in schicken
Uniformen ihren Dienst verrichteten, wurden von einem an der Decke angebrachten
Leuchter illuminiert, der die gleichen Ausmaße

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