Die schoene Tote im alten Schlachthof
angekündigt hätten. Daraufhin hat sie wortlos ihre Sachen genommen, in
ihrem Büro noch einmal kurz telefoniert und dann die Akademie verlassen. Ich
bin ihr noch nachgegangen, weil ich sicher sein wollte, dass sie das Gelände
tatsächlich verlässt. Und wirklich: Sie ist ohne Umwege in ihren Wagen
gestiegen und weggefahren.«
»Vielleicht kriege ich raus, mit wem sie telefoniert hat«, sagte de
Boer und ging an Dr. Berggrün vorbei in die Verwaltung.
»Was für ein Auto fährt sie? Kennen Sie das Kennzeichnen?«, fragte
Ferschweiler.
»Sie fährt einen roten japanischen Kleinwagen, ich glaube, einen
Toyota. Und das Kennzeichen ist irgendetwas mit ihren Initialen – HC . Den Rest weiß ich nicht.«
»So viele rote Toyotas mit HC im
Kennzeichen gibt es in Trier zum Glück nicht. Die kriegen wir schon. Die
Kollegen werden alle Ausfallstraßen kontrollieren, und von denen haben wir in
Trier Gott sei Dank ja auch nicht allzu viele.« Aber Ferschweiler war noch
immer etwas ungehalten. »Wissen Sie denn, in welche Richtung sie gefahren
ist?«, fragte er mühsam beherrscht.
»Sie ist rechts auf die Aachener Straße abgebogen.«
»Also Richtung der Bitburger.« Ferschweiler überlegte kurz. »Haben
Sie eine Ahnung, wohin Frau Claus unterwegs sein könnte? Hat sie Familie,
Freunde, Hobbys?«
»Sie wohnt in der Bergstraße drüben in Gartenfeld, dort wo früher
mal die alte Löwenbrauerei gestanden hat. Sie wissen, wo das ist?«
Ferschweiler nickte.
»Ob sie Freunde hatte oder Hobbys …«
Natascha Berggrün dachte kurz nach.
»Na ja«, sagte sie dann. »Über Privates haben wir tatsächlich nie
viel gesprochen. Aber ich weiß natürlich, dass sie verheiratet ist … mit
einem Schweden oder einem Norweger, jedenfalls mit einem Skandinavier.
Allerdings leben die beiden wohl nicht mehr zusammen, aber ob sie eine neue
Beziehung hat, kann ich nicht sagen.«
»Hat sie Familie?«
»Nicht, dass ich wüsste«, entgegnete Dr. Berggrün. »Zumindest niemanden
hier in Trier. Sie ist eine Zugezogene. Ursprünglich stammt sie aus Kiel.«
»Danke, Frau Dr. Berggrün«, sagte Ferschweiler. »Sie hören von uns!«
Als sie wieder im Wagen saßen, sagte de Boer: »Ich weiß,
wo die Claus hin will. Ich habe die Wahlwiederholungstaste gedrückt und war
dann mit dem Lastminute-Schalter am Flughafen Hahn verbunden. Helena Claus hat
wohl einen Flug gebucht.«
»Dann fahren wir zum Hahn«, entgegnete Ferschweiler. »Ruf die
Zentrale an und leite eine Großfahndung nach Helena Claus’ Wagen ein.«
De Boer telefonierte und steuerte gleichzeitig den Dienstwagen in
Richtung Kaiser-Wilhelm-Brücke.
»Rudi, weißt du eigentlich, was das alles soll?«, fragte er, nachdem
er aufgelegt hatte. »Warum stellt Helena Claus sich nicht einfach? Macht doch
eh alles keinen Sinn mehr.«
»Wahrscheinlich eine Kurzschlusshandlung.« Eine andere Erklärung
fiel Ferschweiler auch nicht ein, aber er wertete diese Flucht als ein
Geständnis. Helena Claus schien geahnt zu haben, dass sie überführt war. Nun
hoffte Ferschweiler inständig, dass sie nicht noch eine größere Dummheit
beging.
»Mir sind neulich auf ihrem Schreibtisch Prospekte von schwedischen
Ferienhäusern aufgefallen«, erzählte er. »Als ich sie darauf angesprochen habe,
sagte sie mir, ein Teil ihrer Familie lebe in Schweden. Vielleicht will sie
sich nach Skandinavien absetzen, denn vom Hahn gehen Direktflüge nach Stockholm
und Oslo.«
Schon wenige Minuten später klingelte de Boers Handy. Es waren die
Kollegen von der Autobahnpolizei in Schweich. Helena Claus war kurz vor der
Autobahnabfahrt Mehring gestoppt worden, nachdem man sie mit über
hundertsiebzig Stundenkilometern innerhalb einer Baustelle geblitzt hatte.
Keine Viertelstunde später parkte de Boer den Wagen auf dem Parkplatz
der Autobahnmeisterei. Vor dem hässlichen Flachbau, den sich die Polizei mit
der Straßenmeisterei teilte, stand der kleine rote Toyota.
Im Gebäude warteten bereits freudestrahlend die Kollegen, die Helena
Claus kurz zuvor festgenommen hatten. Offensichtlich hatten sie nur sehr selten
derartige Erfolge bei ihrer Arbeit zu verzeichnen, anders konnte sich
Ferschweiler die unverhohlene Freude nicht erklären. Das Gesicht von Siegfried
Manderscheid, den Ferschweiler von verschiedenen Fortbildungen kannte, war
allerdings übel zugerichtet.
»Haben Sie Katzen?«, fragte de Boer ihn mit ironischem Unterton.
»Seit vorhin«, knurrte der Kollege und wies auf das Büro hinter sich.
»Und
Weitere Kostenlose Bücher