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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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weit ausladenden Freitreppe und betraten das Herrenhaus durch eine Tür mit
aufwendigen Ornamentschnitzereien, die schon mehrere Jahrhunderte auf dem
Buckel haben musste. Der Anblick der sich dahinter öffnenden Halle verschlug
Ferschweiler kurz den Atem. Er hatte aus dienstlichen Gründen schon viele großbürgerliche
Häuser und Villen von innen gesehen, aber so etwas wie das Anwesen der von
Schnüffies kannte er nicht. Bestimmt sechs Meter hoch und mit einem bunt
verglasten Oberlicht abgeschlossen erstrahlte die Eingangshalle in eleganter
Pracht. Gobelins mit Jagdmotiven hingen an den Wänden, und die Eingangstür
wurde von zwei auf Hochglanz polierten Ritterrüstungen flankiert.
    »Bitte kommen Sie, meine Herren«, sagte ihr Begleiter und deutete
auf einen Durchgang, über dem ein großer Wappenschild prangte, der die drei
Attribute der Familie von Schnüffies zeigte: Kutte, Flöte und Buch.
    Sie gingen den angrenzenden Flur entlang auf eine doppelflügelige
Tür zu. Der junge Mann öffnete sie nach kurzem Anklopfen und führte die beiden
Polizisten in die Bibliothek.
    Ein etwa achtzigjähriger, grauhaariger Mann von äußerst gepflegter
Erscheinung blickte ihnen entgegen. Er war in einen beigefarbenen Tweedanzug
mit gleichfarbiger Weste über einem weißen Hemd gekleidet. An den Füßen trug er
schwarzlederne Reitstiefel, und unter seiner linken Manschette war ein goldenes
Chronometer zu erkennen. Sein Gesicht zierte ein kaiserlicher Backenbart, der
Ferschweiler an das Reiterstandbild am Deutschen Eck in Koblenz erinnerte.
Neben dem Mann stand, die Hände nervös gefaltet, eine um einiges jüngere Frau
von ebenfalls elegantem Äußeren. Ihr taubenblaues Wollkostüm harmonierte
perfekt mit dem üppigen Blumenschmuck, den Ferschweiler auf einem Tisch neben
zwei großen Ohrensesseln bemerkte.
    »Meine Herren«, begann der Hausherr. »Ich bin Herrmann Laurenz Edler
von Schnüffies. Dies ist meine Gattin, Margaretha Freifrau von Corritz. Was
verschafft uns die Ehre Ihres Besuchs?«
    Ferschweiler schaute kurz zu de Boer, wusste aber schon vorher, dass
er den Part des Überbringers der traurigen Nachricht selbst würde übernehmen
müssen.
    »Wollen wir uns nicht setzen?«, fragte er, und von Schnüffies wies
mit ausgestreckter Hand auf eine lederne Sitzgarnitur in der hinteren Ecke des
großen Raumes.
    »Bitte, meine Herren. Dann nehmen wir also erst einmal Platz. Sie
machen es ja geheimnisvoll.«
    Nachdem sich alle gesetzt hatten, sagte Ferschweiler in ruhigem Ton:
»Wir haben Ihnen eine traurige Mitteilung zu machen. Ihre Tochter Melanie ist
gestern Abend an der Kunstakademie in Trier tot aufgefunden worden.« Er blickte
den beiden tief in die Augen und fügte dann, diesmal mit deutlich belegter
Stimme, hinzu: »Es tut mir sehr leid.«
    Frau von Corritz brach augenblicklich in Tränen aus und hielt laut
schluchzend die Hände vor ihr Gesicht. Der Baron hingegen verzog keine Miene.
    »So, hat das Drama also ein Ende gefunden«, sagte er nach kurzem Schweigen.
»Es musste so kommen. Dieses Flittchen. Geschieht ihr ganz recht.«
    »Herrmann«, rief seine Frau mit von Weinen geröteten Augen. »Sprich
nicht so über Melanie. Sie ist immerhin deine Tochter.«
    »Nein, Margaretha, ist sie nicht. Ich habe sie aus meinem Leben gestrichen,
das weißt du. Und ich werde sie nicht wieder aufnehmen, nur weil ihres nun zu
Ende ist.« Mit versteinerter Miene wandte er sich den Polizisten zu und fragte:
»Gehen Sie von einem Verbrechen aus? War es Mord?«
    De Boer war der Erste, der sprach. »Das können wir zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht eindeutig sagen, Herr von Schnüffies. Es könnte sich auch
um einen Unfall handeln. Ihre Tochter hat höchstwahrscheinlich einen
anaphylaktischen Schock erlitten, während sie an einem Bild auf ihrer Haut
gearbeitet hat. Daran ist sie dann nach unseren bisherigen Erkenntnissen
gestorben.«
    Frau von Corritz war mittlerweile aufgestanden und hatte sich an eines
der hohen Fenster gestellt, die den Blick auf die hinter dem Herrenhaus am Hang
liegenden Rebstöcke freigaben. »Musste sie leiden?«, fragte sie leise.
    »Nein.« Nun sprach Ferschweiler. »Unser Gerichtsmediziner sagte, es
sei alles sehr schnell gegangen.« Und im direkten Anschluss: »Dürfen wir Ihnen
einige Fragen zu Ihrer Tochter stellen? Wir müssen ihr Umfeld etwas
beleuchten.«
    »Also gehen Sie doch von Mord aus«, sagte von Schnüffies finster.
»Es musste ja so enden bei ihrem Charakter.«
    »Nein, die Fragen sind Routine.

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