Die schoene Tote im alten Schlachthof
es mich bitte wissen. Für heute habe ich keine
weiteren Fragen, am besten ruhen Sie sich etwas aus. Ich finde allein hinaus.«
Wortlos stieg Ferschweiler die Treppe hinab und verließ durch den
wenig wohnlichen Wohnbereich das Haus. Als er sich bei der Finnbahn noch einmal
umdrehte, stand Dr. Rosskämper noch immer auf der Terrasse seiner Festung und
schaute in die Ferne. Da klingelte Ferschweilers Handy.
Ferschweiler war beim Anblick der Leiche schockiert. In
seiner langen Laufbahn als Polizist hatte er schon vieles erlebt. Aber zwei
ermordete Frauen innerhalb weniger Tage, und das im eher beschaulichen Trier
und seinem ebenso beschaulichen Umland, das war doch sehr ungewöhnlich. Dass
beide Morde miteinander in Verbindung standen, daran hegte er keinerlei
Zweifel. Die eine Leiche hatte man in der Kunstakademie gefunden; die zweite
war die Frau, die die erste gefunden hatte. Ein Zufall war somit nahezu
ausgeschlossen.
Ferschweiler stand auf dem von Raureif überzogenen Feld und blickte
auf Trier hinab, das weit unten im Tal im Nebel lag. Bei schönem Wetter musste
man von hier aus eine phantastische Aussicht haben, aber durch den kalten
Novembernebel konnte man die Stadt nur erahnen.
Die Kriminaltechniker waren noch mit der Spurensuche beschäftigt.
Georg Wingertszahn-Lichtmeß, den alle nur »Schorsch« nannten, rief Ferschweiler
zu sich.
»Rudi, komm mal her. Da sind Fußspuren. Der Täter muss sich dort
vorn, hinter den Kastanien, versteckt und dem Opfer aufgelauert haben. Ich habe
auch eine Zigarettenkippe gefunden, wahrscheinlich irgendein orientalisches
Produkt. Der Täter muss nach der Tat über das Feld in Richtung Wald gelaufen
sein. Und was meinst du zu diesem Schuhabdruck? Vielleicht ein Turnschuh?«,
fragte Wingertszahn-Lichtmeß.
»Sieht ganz so aus«, stimmte Ferschweiler zu. »Könnte so ein Basketball-
oder Tennisschuh sein. Aber das werdet ihr hoffentlich noch genauer ermitteln.
Ich brauche die Ergebnisse so schnell wie möglich. Am besten, wir rufen die
Hundestaffel und lassen die ganze Gegend durchkämmen. Schließlich muss der
Täter auf irgendeinem Weg hierher- und auch wieder weggekommen sein. Wim, komm doch
mal!«
Sein Assistent war mit der Befragung einiger Joggerinnen beschäftigt,
die am Tatort vorbeigekommen waren. Warum die Befragung allerdings so lange
dauerte, wurde Ferschweiler beim Anblick der Damen sofort klar. Die Frauen
trugen alle äußerst eng anliegende Jogginghosen – und irritierend
rosafarbene Jacken. Die hautenge Joggingbekleidung ließ die Vorzüge ihrer
Körper deutlich hervortreten.
De Boer kam mit hochrotem Kopf auf Ferschweiler zu.
»Mensch, Wim, reiß dich zusammen. Du sollst nicht die joggenden
Hausfrauen anbaggern, sondern ermitteln. Hast du wenigstens schon etwas
herausbekommen? Hat eine der Damen unser Opfer gesehen? Oder sogar den Täter?«,
blaffte Ferschweiler seinen Mitarbeiter an.
»Äh …«, fing dieser an zu stottern.
»Nun hör schon auf rumzukaspern, sondern sag mir lieber, was du
bisher in Erfahrung bringen konntest und verständige die Polizeihundestaffel in
Wittlich. Ich möchte, dass jeder Stein in der näheren Umgebung umgedreht wird.«
Ferschweiler war wütend. Eigentlich stellte er nicht gern Mitarbeiter
vor versammelter Mannschaft bloß, aber manchmal kam er nicht drum herum. Wie
sollten sie sonst mit ihren Ermittlungen vorankommen?
De Boer stieg die Röte immer weiter ins Gesicht. Er holte sein Handy
aus der Jackentasche und verständigte die Kollegen in Wittlich.
»Sie sind mit den Hunden in etwa einer Stunde hier«, berichtete er,
nachdem er das Gespräch beendet hatte. »Zu den Joggerinnen: Sie sagen, dass sie
jeden Morgen zur gleichen Zeit diese Strecke an den Feldern entlanglaufen. Sie
starten immer gegen acht Uhr am Freilichtmuseum in Roscheid und laufen dann den
Weg hoch, den auch Ulrike Kinzig genommen haben muss. Es ist ihnen heute Morgen
allerdings nichts weiter aufgefallen, also, ich meine, abgesehen von uns halt,
der ganze Polizeiaufmarsch und so, und da wollten sie mal sehen, was passiert
ist. Das Opfer kannten alle vom Sehen. Sie haben ausgesagt, dass Ulrike Kinzig
viel mit dem Hund spazieren gegangen sei und meistens den Weg über die Felder
in Richtung Haus Kobenbach genommen habe. Sonst noch Fragen, Chef?«
De Boer sah Ferschweiler herausfordernd an.
Ferschweiler wurde wieder einmal bewusst, warum die anderen Kollegen
kein gutes Haar an de Boer ließen, aber er schluckte die Erwiderung, die ihm
bereits auf
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