Die schoene und der Lord
heutigen Tages aber fragte er sich, wie ihm dies je gelingen sollte.
Tolley traf um acht Uhr zum Abendessen ein. Die übrigen Gäste waren bereits im Salon versammelt, als Noah eine Viertelstunde später eintrudelte.
»Wo ist Catriona denn?« fragte Tolley. »Sie soll auf jeden Fall anwesend sein, wenn ich meine große Ankündigung mache.« Robert warf einen Blick in die Eingangshalle, wo er Catriona auch schon die Treppe hinunterkommen sah. Es war das erste Mal, daß er sie seit ihrer nachmittäglichen Auseinandersetzung im Arbeitszimmer zu Gesicht bekam. Wortlos betrat sie den Salon und ließ sich neben Tante Amelia auf dem Sofa nieder, wobei sie jeden Augenkontakt mit ihm tunlichst vermied. Mairead wollte ihr Abendessen lieber oben zu sich nehmen. Sie hatte mit der Arbeit an Catrionas Hochzeitskleid begonnen und verließ kaum je ihr Zimmer, ließ sich höchstens gelegentlich bei den Mahlzeiten sehen oder holte Catrionas Ansicht zu einem Detail in der Gestaltung ein.
»Wunderbar«, sagte Tolley und erhob sich. Er holte vernehmlich Luft, bis alle ihn ansahen. »Um meine siegreiche Rückkehr vom Kontinent und Bonapartes letzte Gefangennahme zu feiern und zu Ehren der bevorstehenden Vermählung meiner lieben Freunde Robert und Catriona, werde ich auf meinem Landsitz in Kent ein geselliges Wochenende veranstalten. Jeder in der Stadt wird natürlich dazu eingeladen. Niemandem wird gestattet werden, das zu verpassen.«
Tolley erläuterte gerade, was er für diesen Anlaß im einzelnen geplant hatte, als es an der Haustür klopfte. Kurz darauf erschien Wiggin an der Tür zum Salon.
»Da ist ein Herr, der Lady Catriona zu sehen wünscht. Er sagt, es sei sehr dringend.«
Catriona warf Robert einen Blick zu. »Glaubst du, es ist Sir
Damon?«
»Für so tollkühn halte ich ihn nicht. Und selbst wenn er es ist, wir sind schließlich alle hier, da kann er dir nichts tun.« Catriona stand auf und begab sich in die Eingangshalle. Robert folgte ihr.
Neben der Eingangstür stand ein älterer Herr, der um die siebzig sein mochte, und hielt seinen Hut in der Hand. Als er sie
näher kommen sah, lächelte er. »Guten Abend, Mylady« sagte er höflich und nickte Robert grüßend zu. »Euer Gnaden.« »Kenne ich Sie, Sir?« fragte Catriona.
»Nein, aber Sie haben meine Mutter heute besucht.«
Catriona strahlte übers ganze Gesicht. »Mr. Reyford!« Sie schüttelte ihm herzlich die Hand. »Bitte, möchten Sie nicht mit in den Salon kommen?«
»Nein. Ich muß dringend nach Hause. Meine Frau macht sich immer furchtbare Sorgen, wenn ich zu spät komme.« Er zog etwas aus seiner Rocktasche. »Meine Mutter bat mich, Ihnen dies hier auszuhändigen. Es ist mit einem Brief eingetroffen, den sie gerade heute von meinem Vater erhalten hat. Das ist das erste Mal, daß sie seit seinem Abschied vor so langer Zeit etwas von ihm gehört hat. Nach Ihrem Besuch heute sagte sie, sie wisse einfach, daß er ihr noch einmal schreiben würde. Dieser Brief war beigefügt und ist an Sie adressiert. Wenn Sie ihn gelesen haben, werden Sie, glaube ich, eher verstehen, warum mein Vater einfach so verschwunden ist.«
Catriona nahm das zusammengefaltete Papier von ihm an. »Danke, Sir.«
»Wünsche Ihnen noch einen guten Abend«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
»Mr. Reyford«, rief Catriona ihm hinterher. »Warten Sie bitte noch einen Augenblick. Ich möchte Ihnen gerne noch etwas geben.«
Rasch eilte Catriona die Treppe hinauf und kehrte kurz darauf mit einem roten Kleidungsstück über dem Arm zurück. »Dies war die Jacke Ihres Vaters. Leider ist sie in einem etwas schlechten Zustand. Mir ist kein Tag erinnerlich, an dem er sie nicht getragen hat. Ich glaube, es wäre ihm lieb, wenn Sie sie aufbewahrten, bis er sie wieder tragen kann.«
Mr. Reyford lächelte sie an, und im Kerzenlicht war deutlich zu erkennen, daß ihm die Augen feucht wurden. »Danke, Miss.«
Da kam Mattie um die Ecke gestrichen und ließ ihr typisches knarziges, leises Miauen vernehmen. »Mattie!« Catriona hob sie hoch. »Dies war die Katze des Colonels. Er nannte sie Mattie, nach Ihrer Mutter. Er wird sich bestimmt große Sorgen um sie machen. Vielleicht möchte Ihre Mutter sie aufnehmen, bis...«
»Nein, nein«, wehrte Mr. Reyford ab und schüttelte den Kopf. »Meinem Vater wäre es, glaube ich, lieber, wenn Sie sie erst einmal behalten. Danke, Miss.« Er verneigte sich leicht. »Euer Gnaden.«
Und schon war er zur Tür hinaus.
»Aber woher wußten Sie denn, wo Sie
Weitere Kostenlose Bücher