Die schoene und der Lord
Wange. Dann trat sie an einen Baum, um Bayard dort festzubinden. »Wir waren zu weit draußen, um es noch bis nach Hause zu schaffen, und deshalb mußten wir über Nacht Obdach in Mr. Allans Haus nehmen.«
Catriona konnte sich nur zu gut vorstellen, was ihrer Mutter durch den Kopf ging, während sie sie in Augenschein nahm: das kastanienbraune Haar, das ihr unfrisiert und in wüsten Locken ums Gesicht flatterte, ihre zerknitterten Röcke, und dazu noch Roberts ebenso unordentliche Erscheinung. Aber was Mary auch denken mochte, sie ließ sich nichts anmerken. Mairead hingegen sah Catriona an und schüttelte zutiefst entsetzt den Kopf.
»Mam«, sagte Catriona dann und ließ Robert vortreten, »dies ist Robert Edenhall, der Herzog von Devonbrook. Er ist der neue Gutsherr auf Rosmorigh.«
»Sehr angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mrs. MacBryan«, sagte er.
Mary trat vor, wischte sich die Hände an der Schürze ab und machte große Augen. Robert trug wieder seine Brille, und sein Anblick zusammen mit dem Schock darüber, zu erfahren, wer er war, mußte sie einfach zutiefst verwirren.
»Euer Gnaden.« Mary streckte ihm zur Begrüßung die Hand entgegen und warf Catriona einen befremdeten Blick zu, als Robert sie nicht sofort ergriff.
»Er kann deine Hand nicht sehen, Mam«, erklärte Catriona. »Der Herzog ist blind.«
Robert streckte wiederum seine Hand aus, und Catriona nahm die Hand ihrer Mutter und legte sie in seine. Robert verneigte sich höflich. »Ich möchte um Verzeihung dafür bitten, daß ich Ihnen Anlaß zur Sorge über das Wohlergehen Ihrer Tochter bereitet habe. Catriona war so liebenswürdig, mich gestern auf einem Ausflug über das Land um Rosmorigh herum zu begleiten, und dabei hat uns der Sturm überrascht.« Mary lächelte. »Das ist doch nicht nötig ...«
»Gehen wir jetzt rein.« Angus trat zwischen sie und ging auf die Tür zu. »Nach dieser Nacht im schäbigen Häuschen vom alten Edward Allan hat Seine Gnaden heute morgen gewiß einen Bärenhunger. Dort gibt es doch außer Bier und Grünzeug nichts zu beißen. Wie ich meine Mary kenne, hat sie doch bestimmt da drinnen ein Festmahl vorbereitet.«
Catriona nahm Robert beim Arm und wollte ihn jetzt ins Hausinnere führen. Als sie sah, wie Mairead an ihr vorbeiging und vom Haus weglief, drehte sie sich nochmal um. Ian entfernte sich bereits auf demselben Weg, den sie gekommen waren, begleitet von seinem treuen Mackie. Mairead hielt ihn an und versuchte offenbar gerade, ihn dazu zu überreden, an ihrem Frühstück teilzunehmen. Catriona drehte sich wieder um und trat ins Haus.
»Seine Gnaden wird hier sitzen«, verkündete Angus und wies auf seinen eigenen Platz am Kopf der riesigen Eichentafel. Mary sah Angus an, als sei ihm gerade ein zweiter Kopf gewachsen, denn außer Angus durfte niemand sich je auf diesen Stuhl setzen, aber Catriona wußte, aus welchen Gründen ihr Vater Robert diesen Ehrenplatz anbot.
Trotz seines tiefverwurzelten Mißtrauens den Engländern gegenüber konnte Angus sich nicht so ohne weiteres darüber hinwegsetzen, daß Robert ein Herzog war und noch dazu der Gutsherr des Landes, auf dem er lebte. Aus diesen Gründen gebührten ihm seine Ehrerbietung wie auch seine wärmste Gastfreundschaft. So war es Sitte bei den Schotten, daran hatte sich seit Jahrhunderten nichts geändert. Und darüber hinaus häuften sich die Fälle, in denen Pächter vom Land vertrieben wurden, eine Maßnahme, die den Kleinbauern ständig drohte, denn man hatte festgestellt, daß Schafhaltung für die Grundbesitzer wesentlich lukrativer war: Sie sicherte regelmäßige Einkünfte, ohne daß das immer gegebene Risiko schlechter Ernten das Einkommen der Pachtzahlungen beeinträchtigen konnte. Niemand konnte es sich leisten, persönliche Gefühle und den typischen Stolz der Schotten über das zu stellen, was die allererste Pflicht war: der eigenen Familie das Dach über dem Kopf zu sichern. Nicht einmal Angus MacBryan, das Musterexemplar eines stolzen Schotten.
»Nun, Weib, was stehst du so herum und glotzt mit großen Augen. Bring etwas zu essen für den Gutsherrn herbei.« Catriona trat zu Mary, und zusammen mit Mairead, die gerade mit Ian hereingekommen war, begannen sie, eine Schüssel voll Essen nach der anderen aufzutischen.
Angus hatte recht gehabt. Mary hatte ein reiches Mahl vorbereitet, wozu sie gewiß vor Sonnenaufgang aufgestanden war und den ganzen Morgen durchgearbeitet hatte, bis sie sie ankommen hörte. Wenn Mary sich sorgte,
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