Die schoene und der Lord
hatte sie die Angewohnheit, zu backen, wobei sie meist viel mehr herstellte, als die Familie in einer Woche hätte verzehren können. Mit dem, was übrigblieb, schickte sie Catriona und ihre Schwester bei den benachbarten Bauern vorbei.
Als sie den Korb mit Haferkuchen an den Tisch brachte, blickte Catriona zu Ian hinüber. Er saß am Ende des Tisches, zwar Teil der Runde, aber doch irgendwie abseits. Großgewachsen, auf seine Weise sogar ganz ansehnlich, mit hellbraunem Haar und Augen, die blau wie der Sommerhimmel waren, war sein Benehmen stets ruhig und untadelig. Er würde eines Tages einen guten Ehemann abgeben, aber nicht für sie, denn auch ohne Marys heftige Einwände dagegen wußte Catriona, daß sie ihn nie würde heiraten können.
Sie hatte Ian gern, das schon, aber mehr wie einen guten Freund oder Bruder, und hatte Angus Ian nicht tatsächlich immer wie den Sohn behandelt, der ihm versagt geblieben war? Ians Vater Callum war Angus' bester Freund gewesen, und als er und seine Frau zusammen Schottland verließen und nach Amerika aufbrachen, hatten sie ihren vierzehnjährigen Sohn in der Obhut seiner Großmutter zurückgelassen, um ihn später nachkommen zu lassen. Angus hatte versprochen, sich um Ian zu kümmern und ein Auge auf ihn zu haben, bis er schließlich zu seinen Eltern in die Neue Welt aufbräche. Dieser Tag aber war nie gekommen, denn die Alexanders hatten die Neue Welt nie erreicht, für die sie so viel aufs Spiel gesetzt, die sie sich als neue, bessere Heimat für ihren Sohn erträumt hatten. Während der Reise waren sie auf dem von Krankheiten wimmelnden, hoffnungslos überfüllten Auswandererschiff von tödlichen Seuchen dahingerafft worden. Ihr gesamtes Hab und Gut hatten sie versilbert, um die Überfahrt auf diesem Seelenverkäufer zu bezahlen.
Angus aber hatte Wort gehalten. Er hatte sich darum gekümmert, daß Ian eine ordentliche Schulbildung zuteil wurde und ihn, als er sein zwanzigstes Lebensjahr erreichte, in seinem Gewerbe anzulernen begonnen — ein Gewerbe, das ebenso riskant wie unsicher war, denn es handelte sich um das Schmugglergewerbe.
Catriona fand es schrecklich, daß ihr Vater sich in solch gefährliche Unternehmungen verstrickte, denn er mußte beständig vor den Männern der Küstenwache auf der Hut sein, die dafür bekannt waren, daß sie erst feuerten und dann Fragen stellten. Gleichzeitig aber spürte sie so etwas wie Stolz, denn es war Angus' Verdienst, daß sie und die Nachbarn weiterhin über Artikel des täglichen Bedarfs verfügten, die sie sich bei den schottischen Händlern nicht mehr leisten konnten, Artikel, welche von der englischen Regierung mit viel zu hohen Steuern belegt wurden. Wenn Angus von der Küste zurückkehrte, brachte er immer Mengen von Salz für medizinische Zwecke mit, Tee, Tabak und sogar Zucker, und er riskierte seine Freiheit und sogar sein Leben dafür, um ihnen all diese kostbaren Dinge zu verschaffen. In der Gemeinschaft der Kleinbauern genoß er das Ansehen eines richtigen Helden, wobei dieses Heldentum allerdings einen Preis hatte, der sich eines Tages als zu hoch erweisen könnte.
Catriona konnte oft hören, wie ihre Mutter in den Nächten, wenn Angus fort war, kein Auge zutat und unruhig im Schlafzimmer auf und ab ging. Aber dies würde sich ändern, das wußte Catriona, sobald sie die Kiste mit dem verlorenen Gold aus dem Schatz des Bonnie Prince Charlie fände. Angus würde sich dann nicht länger mit der Schmuggelei abgeben müssen. Er wäre endlich in Sicherheit, und sie müßten sich nie wieder Gedanken darüber machen, woher die Pachtzahlungen zu nehmen waren.
Und Rosmorigh war der Schlüssel zu all dem. Irgendwo in dieser riesigen Bibliothek voller Bücher lag des Rätsels Lösung versteckt. Catriona mußte den Schlüssel um jeden Preis finden, noch bevor Robert dahinterkam.
Denn so schwer es ihr auch fiel, Catriona blieb nichts übrig, als weiterhin ein doppeltes Spiel zu spielen.
Kein richtiger Mann könnte sie anschauen, ohne sofort...
Diese Worte waren Robert unablässig durch den Kopf gegangen, seit er mit Catriona nach Rosmorigh zurückgekehrt war.
Er schluckte den Rest seines zweiten Glases Brandy herunter, mittlerweile unempfindlich gegen das Brennen, das das Getränk ihm anfangs im Hals verursacht hatte. Was Angus heute morgen gesagt hatte, als er sie in dem Häuschen erwischt und seine Tochter allein und unbekleidet in Gesellschaft eines Fremden vorgefunden hatte, hatte ihn tief getroffen. Mit diesen paar
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