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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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jetzt entscheiden. Die Zeit wurde immer knapper. Eine Entscheidung aber würde unausweichlich bedeuten, daß er später ihre Folgen nicht mehr rückgängig machen konnte. Welchen Gang sollte er bloß einschlagen? Er konnte sich einfach nicht entscheiden.
    Bis auf einmal das Licht von seiner Lampe erlosch und ihn mit einem Schlag völlige Finsternis umgab. Er tastete sich auf den Gang zu, der ihm am nächsten lag.
    Als Catriona am Horizont endlich den Turm von Rosmorigh entdeckte, ging eben die Sonne auf, so daß die Wolken, die sich über den morgendlichen Himmel dehnten, an ihrer Unterseite orange-rosa erglühten.
    Sie war fast am Ziel.
    Vom Rennen hatte sie Seitenstechen, und ihr Hals war ganz rauh von der frostigen Morgenluft, die sie japsend einatmete. Seit sie das Haus verlassen hatte, war sie nicht ein einziges Mal stehengeblieben, um ein wenig zu verschnaufen, nicht einmal, als sie auf einem felsigen Abhang gestürzt war und sich dabei die Knie aufgeschlagen und ein Loch in den Strumpf gerissen hatte.
    «Jetzt, wo sie kurz stehenblieb, spürte sie ein heftiges Brennen in der Brust, und sie gab sich Mühe, ruhig und gleichmäßig zu atmen, um so ihr wild schlagendes Herz etwas zu beruhigen.
    Aber eine Rast kam nicht in Frage, sagte sie sich. Sie mußte ihren Vater finden.
    Catriona war nicht mehr allzuweit von der Höhlenöffnung entfernt, die für die Augen Uneingeweihter so gut wie uneinsehbar war und inmitten eines dicht mit Heidekraut und Stechginster bewachsenen Feldes lag, als sie hinter sich das Getrappel eilig heranpreschender Pferde vernahm. Sie drehte sich um, und in dem Augenblick kamen auch schon fünf Reiter in donnerndem Galopp den Berg hinaufgestoben, um nur wenige Meter vor ihr haltzumachen. Vier der Reiter hielten sich im Hintergrund, während derjenige, der die Gruppe anzuführen schien, sein Pferd näher auf sie zutrieb, einen stattlichen schwarzen Hengst, dessen Nüstern sich in der frostigen Morgenluft blähten und heftig dampften.
    »Guten Morgen, Miss. Gestatten Sie mir wohl eine kurze Frage ...«
    Catriona wandte ihm ihr Gesicht entgegen.
    Der Mann vor ihr war bei weitem nicht kräftig, aber in seiner Kleidung — einem schwarzen Umhang aus feinem Tuch, unter dem ein prächtiger blauer Rock hervorlugte, der an der Vorderseite goldene Verzierungen aufwies - wirkte er imposanter und ehrfurchtgebietender als die meisten Normalsterblichen. Dreckspritzer sprenkelten die weiße Reithose über seinen blankgeputzten Stiefeln, und sein Haar, das hell und sandfarben unter dem hohen Reithelm hervorlugte, war infolge seines wilden Ritts windzerzaust. Er starrte sie an, und seine Augen nahmen einen seltsamen Ausdruck an, bei dem ihr strahlendes Blau sich ein wenig zu verdunkeln schien.
    Ohne den Blick von ihr zu wenden, trieb er sein Pferd noch näher auf sie zu. Wegen dieser Nähe trat Catriona instinktiv einen Schritt zurück, und diese Bewegung schien ihn auf einmal aus seiner kurzen Trance zu reißen.
    »Dürfte ich wissen, was Sie hier auf Rosmorigh-Land verloren haben?«
    Seine unverblümte Direktheit in Verbindung mit seiner befehlsgewohnten Stimme wirkte so einschüchternd, daß sie ihre Worte mit Bedacht wählte. »Meine Familie gehört zu den Pächtern hier auf Rosmorigh. Ich bin auf dem Weg zum Schloß.«
    »Pächter auf Rosmorigh.« Der Ausdruck in seinen Augen verfinsterte sich weiter. »Und Sie, weshalb gehen Sie zum Schloß? Sind Sie dort angestellt?«
    »Habe ich irgend etwas Unerlaubtes getan, Mylord?« Plötzlich warf sein Hengst den Kopf zurück, schüttelte sein Geschirr und scharrte ängstlich mit dem Huf am Boden. Daraufhin zog er fester an den Zügeln, um das Tier im Griff zu behalten. »Wir haben gestern nacht unterhalb der Klippen von Rosmorigh eine Bande von Schmugglern überrascht. Einige davon konnten wir festnehmen. Jetzt sind wir auf der Suche nach den anderen.«
    In der frostigen Luft stieg Catriona heiß die Röte ins Gesicht. Er war also ein Zolleintreiber. Inständig betete sie, daß sie ihren Vater nicht erwischt haben mochten, obwohl diese Möglichkeit ihr andererseits als halb so schlimm erschien, denn dann hätte sie zumindest Gewißheit, daß er nicht in den Höhlen ein Opfer der einkommenden Flut geworden wäre. »Haben Sie hier irgend jemanden gesehen, Miss?« fragte der Mann, der sie noch immer unverwandt anstarrte, nur daß sein Blick sie jetzt erschauern ließ. Warum starrte er sie bloß unentwegt so seltsam an?
    »Nein, Mylord. Ich habe niemanden gesehen.

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