Die schoene und der Lord
seichten Wasser zu ihren Füßen stand. Sie war Teil der Ladung gewesen, die ihr Vater an Land geholt hatte. Ein fürchterlicher Schauer überlief sie, als sie das Stück Stoff entdeckte, das darunter festklemmte und auf der seichten Wasseroberfläche dahintrieb.
Catriona griff hinunter und zog den Stoff unter der Kiste hervor. Es war der Karostoff ihres Vaters, die seit alters hergebrauchten Farben der MacBryans, Dunkelgrün, Marineblau und Weiß, das Schultertuch, das er immer voll Stolz um die Brust geschlungen trug. Sie hob den tropfnassen Stoff hoch und drückte ihn fest an sich, während heiße Tränen über ihr Gesicht liefen.
Kapitel 16
Ein Klopfen an der Tür ließ Robert aufschrecken, während er sich gerade fest auf den kleinen Globus vor ihm auf dem Schreibtisch zu konzentrieren versuchte. Vom Tablett neben sich, auf dem schon seit einiger Zeit sein Frühstück stand, nahm er seine Kaffeetasse und trank einen Schluck, aber der Kaffee war mittlerweile kalt. Kurz darauf trat Forbes in die Bibliothek und meldete, daß soeben ein Besucher auf Rosmorigh eingetroffen sei.
»Sir Damon Dunstron von Schloß Crannock, Euer Gnaden.«
Roberts Sehvermögen hatte sich inzwischen so weit gebessert, daß er den verschwommenen Umriß des Mannes zu erkennen vermochte, der nun vor ihn hintrat und von etwas mehr als mittlerer Größe war. Weiter hinten im Raum waren die sich verlagernden, schattenhaften Formen einer Anzahl weiterer Personen auszumachen. Robert blieb sitzen und wartete, bis Forbes neben dem Schreibtisch Aufstellung bezogen hatte. »Guten Tag, Sir Damon«, sagte er dann und wies neben sich. »Möchten Sie nicht Platz nehmen? Darf ich Ihnen von meinem Diener etwas anbieten lassen? Brandy vielleicht? Port?«
Sir Damon blieb vor dem Tisch stehen, ohne das Angebot anzunehmen. »Danke, Euer Gnaden, aber ich bin nicht gekommen, um Ihnen einen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Tatsächlich könnte man sagen, daß die Gründe meines Kommens in gewisser Weise mit Ihrer Auswahl von Erfrischungen in Zusammenhang stehen.« Er schwieg kurz und fügte hinzu, als Robert darauf keine Antwort gab: »Ich bin hier, weil mir kürzlich zu Ohren gekommen ist, daß in der Nähe von Rosmorigh Schmuggler ihr Unwesen getrieben haben.«
Schon jetzt mißfiel Robert das Auftreten des Mannes, denn er sprach, als fühle er sich seinem Gegenüber weit überlegen, und in seiner Stimme schwang Geringschätzung, ja sogar Verachtung mit. Robert wartete ein Weilchen, bevor er antwortete, wobei er den Blick starr geradeaus gerichtet hielt. »Ich versichere Ihnen, Sir Damon, bei dem Brandy, den ich Ihnen anbiete, handelt es sich mitnichten um Schmuggelware.«
Sir Damons Stimme klang merklich leutseliger, als er darauf antwortete. »Selbstverständlich war es nie meine Absicht, etwa anzudeuten, Sie seien in diese Umtriebe verwickelt, Euer Gnaden.«
Hätte Robert den Mann deutlicher zu sehen vermocht, dessen war er sich sicher, dann hätte er jetzt auf den Lippen Sir Damons ein süffisantes und herablassendes Lächeln erblickt. »Selbstverständlich.«
»Wären Sie über diese Umtriebe im Bilde gewesen«, fuhr Sir Damon fort, »so hätten Sie gewiß, daran habe ich keinen Zweifel, unverzüglich die zuständigen Stellen verständigt. Die Leute, die in diese zügellose Mißachtung des Gesetzes verwickelt sind, gehören nicht demselben gesellschaftlichen Stand an wie Sie oder ich. Hierbei handelt es sich um Pöbel, gemeine Verbrecher, die ganz von der Verderbtheit durchdrungen sind, welche sie gegen die Gesetze Seiner Majestät und all jene in die Tat umsetzen, die diesen Geltung zu verschaffen bestrebt sind.«
Robert schätzte es nicht im geringsten, wie dieser Mann sich bemühte, ihrer beider gesellschaftlichen Rang als ebenbürtig darzustellen. »So weit ich im Bilde bin, Sir Damon, ist diese Verderbtheit häufig ein direktes Ergebnis der bitteren Armut, die eben diese Gesetze verursachen.« »Mag sein, aber der gesellschaftliche Stand eines Mannes nimmt ihn nicht davon aus, sich dem landläufigen Gesetz zu unterwerfen und seine schuldige Steuer zu entrichten.« Robert gab keine Antwort. Dies war nicht das erste Mal, daß er solche Ansichten aus dem Munde eines Angehörigen der gehobenen Stände zu hören bekam. Diese Sichtweise war unseligerweise weit verbreitet, und nicht einmal die furchtbaren Geschehnisse, die sich im Zuge der nicht allzu lange zurückliegenden Revolution in Frankreich zugetragen hatten, hatten diesen verblendeten
Weitere Kostenlose Bücher