Die Schoene und der Prinz
Mädchen zu schützen, würde sie sich nicht über die näheren Umstände auslassen, die zu diesem überraschenden Antrag geführt hatten. Wie er sie einschätzte, würde sie andeuten, sie hätten sich gleich nach Forellas Ankunft aus Neapel in London kennengelernt und er habe die Gelegenheit wahrgenommen, ihren Onkel und ihre Tante anläßlich der Zusammenkunft auf dem Schloß von seinen Absichten zu unterrichten.
Nicht wenige der anwesenden Gäste würden diese Darstellung angesichts der Art und Weise, wie er sich um Lady Meldum bemüht hatte, anzweifeln, doch man würde sich daran ergötzen, daß es ihn, der bisher geschickt einer festen Bindung ausgewichen war, endlich auch erwischt hatte.
Er hörte förmlich, wie sie ihn überschwenglich und mit boshaftem Unterton zu seiner bevorstehenden Vermählung beglückwünschten.
Was zum Teufel, soll ich dagegen tun?, fragte er sich.
Der Gedanke, sich ins Ausland abzusetzen, durchzuckte ihn, aber das würde ihm auch nicht helfen, denn er konnte nicht ewig von England wegbleiben. Es würde auch nichts helfen, Forella zu bitten, sich dem Wunsch ihrer Tante zu widersetzen. Das junge Mädchen würde von ihren Verwandten sicher überstimmt werden.
Kathie würde froh sein, das junge Mädchen loszuwerden. Der Graf kannte sich in der Psyche der Frauen aus und hatte sofort gewußt, daß diese junge Nichte der Marquise ein Dorn im Auge war.
„Ich hasse junge Mädchen!“ hatte Kathie einmal zu ihm gesagt. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sie jemals zu amüsanten und charmanten Frauen werden.“
„Du bist doch auch einmal so jung gewesen“, hatte er mit leichtem Spott erwidert.
„Niemals!“ hatte Kathie sich ereifert. „Ich bin erfahren und weise geboren worden und war von klein auf die verführerische Hexe, der auch du verfallen bist.“
„Allerdings“, hatte der Graf erwidert. „Du hast mich vom ersten Augenblick an verhext.“
Das wollte sie hören. Ihre Arme umschlangen seinen Hals, er spürte die Wärme ihres Körpers und konnte ihrem Zauber nicht widerstehen.
Daß Hexen auch gefährlich sein konnten, hatte er jetzt erfahren müssen, und er wünschte, er hätte sich niemals mit Kathie eingelassen.
Im Grunde waren ihm hellhaarige Frauen mit blauen Augen ohnehin immer lieber gewesen, weil sie gewöhnlich etwas beschränkt waren.
Die Marquise war zweifellos eine der schönsten und aufregendsten Frauen, die ihm je begegnet waren, aber ihr schwarzes Haar und ihre schwarzen Augen hätten ihn warnen sollen. Er hätte wissen müssen, daß sie zu den Frauen gehörte, die rachsüchtig und gefährlich werden konnten, wie er es jetzt am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte.
Aber diese Erkenntnis kam zu spät. Er war in die Falle getappt, die sie ihm gestellt hatte, und würde sich trotz heftigen Sträubens nicht daraus befreien können.
3
Der Prinz war Frühaufsteher und ritt gewöhnlich bereits um sechs Uhr morgens aus. An diesem Morgen stellte er nach dem Stand der Morgensonne fest, daß es noch früher sein mußte.
Als er sich zu Bett begeben hatte, war er von Unruhe erfüllt gewesen, die seinem ausgeprägten Instinkt für Spannungen, die in der Luft lagen, entsprang.
Irgend etwas braute sich zusammen. Er wußte nicht genau was, aber es hatte mit der Marquise und Lady Esme zu tun, soviel stand für ihn fest.
Da es ihn morgens, wenn er aufwachte, stets nach Bewegung drängte, kleidete er sich an, ohne seinen Diener zu rufen, begab sich nach unten und strebte den Ställen zu.
Die jüngeren Hausmädchen begannen bereits, die Räume zu säubern und zu lüften, während die Hausdiener die Gläser und Aschenbecher wegräumten, die im Salon und im Spielzimmer herumstanden. Später würden die älteren Diener erscheinen, die Arbeit der Aushilfskräfte beaufsichtigen und ihnen Anweisung erteilen, was zu tun war, damit überall wieder tadellose Ordnung herrschte, wenn die ersten Gäste unten erschienen.
Da er früher als gewöhnlich auftauchte, warfen ihm die Dienstboten besorgte Blicke zu, als befürchteten sie, irgend etwas falsch gemacht zu haben.
Doch der Prinz ging ohne Aufenthalt zu den Ställen weiter, um sich eines seiner feurigen Pferde satteln zu lassen. Er liebte dieses Kräftemessen mit einem edlen Tier. Gewöhnlich ging er als Sieger daraus hervor, aber es erfüllte ihn mit Genugtuung, darum kämpfen zu müssen.
Gewöhnlich ließ er aus Ungarn nicht völlig austrainierte Pferde kommen, und sein Talent im Umgang mit den Tieren
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