Die Schoene und der Prinz
konnte, ließ ihr Onkel sich vernehmen.
„Du solltest dich ehrenvoll aus der Affäre ziehen, Sherburn“, sagte er. „Ich kann nicht dulden, daß du den Ruf meiner Nichte durch einen solchen Skandal zerstörst.“
Wieder trat Stille ein. Ängstlich blickte Forella den Grafen an. Noch nie hatte sie einen so grimmigen und verächtlichen Gesichtsausdruck bei einem Mann gesehen wie bei ihm.
Er sah nicht ihren Onkel an, sondern wandte sich an ihre Tante.
„Also gut, du hast gewonnen! Ich werde deine Nichte heiraten und hoffe, es macht ihr Spaß, mit mir verheiratet zu sein!“
Seine Worte, der verächtliche Ton, den er anschlug, schienen im Zimmer widerzuhallen.
Mit langen Schritten ging er zur Tür, riß sie auf und schlug sie wenig später mit lautem Knall hinter sich zu.
Forella fand ihre Stimme wieder. „Nein, bitte, Onkel George! Das alles ist ein schreckliches Mißverständnis …“, stammelte sie.
„Das ist sicher wahr“, unterbrach sie der Marquis, „doch deine Tante hat recht. Du kannst es dir nicht leisten, deinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen, bevor du überhaupt in die Gesellschaft eingeführt worden bist.“
Damit verschwand er durch die Verbindungstür in sein Schlafgemach. Forella sah ihm voller Verzweiflung nach.
„Warte bitte …, Onkel George, warte doch!“ rief sie.
Ihre Tante trat ans Bettende und bedachte sie mit vernichtendem Blick.
„Halt den Mund und sei keine Närrin! Ich habe dir so zu einem Ehemann verholfen, nach dem sich andere Mädchen die Finger lecken würden. Obwohl er dir zweifellos das Leben nicht leichtmachen wird, wirst du immerhin die Gräfin Sherburn sein.“
Diese Worte spie sie Forella förmlich ins Gesicht, und dann, als könnte sie den Anblick ihrer Nichte nicht länger ertragen, machte sie auf dem Absatz kehrt, nahm den Kerzenleuchter auf und folgte ihrem Mann ins gemeinsame Schlafgemach.
Forella hatte immer noch das Gefühl, einen bösen Traum zu haben, aus dem sie jeden Augenblick erwachen mußte. Eines wußte sie jedoch in diesem Augenblick mit Sicherheit: Sie konnte diesen Mann, den sie eben erst kennengelernt hatte und der zudem eine andere liebte, nicht heiraten. „Bitte, Papa!“ betete sie. „Rette mich!“ Vom Fenster aus blickte sie auf den Sternenhimmel.
Den Grafen bewegten ähnliche Empfindungen wie Forella, als er in sein Schlafgemach zurückkehrte. Ihm war, als sei er in einem Alptraum gefangen, von dem er sich nicht befreien konnte.
Wie er in diese mißliche Lage geraten war, wußte er nur zu genau. Nachdem sich alle zur Ruhe begeben hatten, war Kathie auf den Gang geschlichen und hatte die Rose vor Esmes Zimmertür liegen sehen. Früher einmal hatten sie sich über die Marotte des Kronprinzen lustig gemacht, auf diese Weise die Tür zum Gemach der gerade in seiner Gunst stehenden Dame zu kennzeichnen. Kathie mußte sich daran erinnert und angenommen haben, daß er auf die gleiche Weise zu Esme gelangen wollte.
Ihr bösartiger Racheakt überbot alles, was er bisher mit seinen Mätressen erlebt hatte. Seine Affären waren alle von kurzer Dauer, aber noch nie hatte eine seiner verlassenen Geliebten mehr getan, als ihm bittere Tränen nachzuweinen. Im Gegensatz zum Kronprinzen, dem es stets gelang, freundschaftlich mit seinen ehemaligen Geliebten zu verkehren, hatte der Graf jedoch manche Szene oder gar Drohung über sehr ergehen lassen müssen.
Doch noch niemals war eine solche Drohung, und mochte sie noch so dramatisch ausgefallen sein, in die Tat umgesetzt worden.
Die Marquise konnte den zweifelhaften Ruhm für sich in Anspruch nehmen, sich als erste bitter an ihm gerächt zu haben, und er hatte keine Ahnung, wie er sich aus der Affäre ziehen sollte.
Er hatte keineswegs die Absicht, sich in absehbarer Zeit zu vermählen, schon gar nicht mit einem blutjungen Ding, das vielleicht ein gehorsames Weib sein, aber ihn bereits nach einem Monat Ehe tödlich langweilen würde.
Alles in ihm sträubte sich dagegen, zu einer Ehe gezwungen zu werden, sich auf diese infame Weise einfangen zu lassen.
„Ich tue es nicht!“ nahm er sich vor. „Ich will verdammt sein, wenn ich es tue!“
Wütend warf er sich aufs Bett und suchte nach einem Ausweg. Die Marquise hatte alle Trümpfe in der Hand und würde sie auch ohne Zögern ausspielen. Wenn er etwas dagegen unternehmen wollte, mußte er rasch handeln. Kathie würde morgen schon Lady Roehampton, wenn nicht gar den Prinzen, davon unterrichten. daß er um Forellas Hand angehalten habe. Um das
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