Die Schoene und der Prinz
wieder, das sie umgab.
„Ich … vertraue Ihnen“, sagte sie nach einigem Nachdenken mit leiser Stimme.
„Danke“, erwiderte der Prinz. „Die Farm ist da drüben.“ Er wies auf einige Heuschober in der Ferne und eine dünne Rauchfahne, die aus einem Schornstein aufstieg.
Dann gab er Jóska einen Klaps mit der Peitsche und galoppierte, gefolgt von György, in die Richtung. Bewundernd stellte der Prinz fest, daß er noch nie ein Mädchen so großartig hatte reiten sehen wie seine Begleiterin, die ohne große Mühe mit György fertig zu werden schien.
Erst als sie die Farm erreichten und der Prinz dem Stall zustrebte, begann György zu bocken. Er scheute, stieg auf der Hinterhand hoch und machte Bocksprünge. Ohne sich einzumischen, stieg der Prinz aus dem Sattel und beobachtete das Kräftespiel zwischen Pferd und Reiterin.
Das Mädchen blieb nicht nur fest im Sattel sitzen, sie bekam das Pferd auch durch gutes Zureden und leichtem Schenkeldruck unter Kontrolle, wie der Prinz es nicht besser vermocht hätte.
„Nun komm schon, Junge“, redete sie auf das bockende Tier ein, „jetzt kannst du dich ausruhen. Deine Mätzchen machen dich doch nur müde, und dann bist du zu erschöpft, um mich dahin zu bringen, wohin ich gerne möchte.“
Ihre Stimme hatte etwas Beruhigendes, Beschwörendes an sich, fand der Prinz, und nachdem György erkannt hatte, daß er sie nicht aus dem Sattel werfen konnte, war er plötzlich lammfromm. Er ließ sich sogar ohne Protest in den Stall führen.
Ohne sich zu äußern, ging der Prinz auf das Bauernhaus zu, wo er bereits von einer rotwangigen Frau mittleren Alters an der Tür erwartet wurde. Sie knickste, als er zu ihr trat.
„Guten Morgen, Euer Hoheit. Fein, Sie mal wieder bei uns zu sehen.“
„Diesmal komme ich nicht allein, Mrs. Hickson“, erwiderte der Prinz, „sondern habe eine junge Dame mitgebracht, die sich ebenso auf ein gutes Frühstück freut wie ich.“
Mrs. Hickson begrüßte Forella ebenfalls mit einem Knicks und führte ihre Besucher dann in einen gemütlichen Wohnraum zu einem Fenstertisch. Sie legte ein weißes Tischtuch auf, und ihr Mundwerk stand keine Sekunde still.
„Sie kommen gerade zur richtigen Zeit, Euer Hoheit“, erklärte sie. „Mein Mann hat ein Schwein geschlachtet, und ich habe vorige Woche Schinken eingepökelt. Der wird Ihnen schmecken.“
„Ganz bestimmt“, erwiderte der Prinz. „Niemand macht so guten Pökelschinken wie Sie, Mrs. Hickson.“
Die Frau lächelte geschmeichelt und verließ geschäftig den Raum, während der Prinz zuschaute, wie Forella sich auf Zehenspitzen stellte, um sich in dem hochhängenden Wandspiegel zu betrachten, nachdem sie ihren Reithut abgesetzt hatte.
Als sie sich ihm zuwandte, bemerkte er zum erstenmal, daß sie eine Schönheit war, ihr apartes Aussehen sich jedoch völlig von dem anderer Damen unterschied, die er bisher kennengelernt hatte.
Das lag nicht nur an dem Goldschimmer ihres Haares, das sich in kleinen Locken kräuselte, die sich aus dem Nackenknoten gelöst hatten, sondern vor allem an ihren großen, ausdrucksvollen Augen, der kleinen geraden Nase und den dunklen gebogenen Wimpern. Außerdem haftete ihr noch etwas ganz Besonderes an, das er nicht so recht zu definieren vermochte.
Ihr Lächeln wirkte scheu, als sie sich ihm gegenüber an den Tisch setzte.
„Wenn ich es mir recht überlegte, bin ich tatsächlich ziemlich hungrig“, bekannte sie.
„Wir haben eine Menge miteinander zu besprechen“, stellte der Prinz fest, „aber vorher möchte ich gern Ihren Vornamen wissen.“
„Forella.“
„Und zweitens“, fuhr er fort, „sollten Sie mir verraten, wieso Sie besser reiten können als unsere Damen hierzulande?“ Er hielt inne und fuhr dann dort: „Als ich Ihnen folgte, war ich darauf gefaßt, Sie bewußtlos am Boden liegen zu sehen, während György das Weite suchte, so daß es Stunden dauern würde, um ihn wieder einzufangen.“
„Ich bin von klein auf geritten“, beantwortete Forella nach einer Weile seine Frage. „Doch von all den Pferden, die ich hatte, war keines so edel wie György.“ Wieder schwieg sie einen Augenblick, dann fügte sie impulsiv hinzu: „Ich … ich hätte ihn bestimmt zurückbringen lassen!“
„Wozu überhaupt dieser Ausbruchsversuch?“ Als sie schwieg, fügte er in scherzhaftem Ton hinzu: „Bin ich ein so miserabler Gastgeber, daß Sie das Schloß so kurz nach Ihrer Ankunft Hals über Kopf verlassen mußten?“
Forella blickte zum Fenster
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