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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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weckt ihn, sie will ihn zum Abendessen abholen, Emma sei noch bei August, werde wahrscheinlich nicht kommen, aber die Krapfen würden ihnen auch zu zweit schmecken. Doch er lehnt ab, sie solle nicht böse sein, die Krapfen könne man doch bestimmt auch noch am nächsten Tag essen. Er küsst sie auf die Wange, aber auf ihre Fragen antwortet er nicht. Wie es ihm geht, was es mit ihm macht, dass sie da ist. Er schiebt Tilda zart aus seiner Wohnung und zieht sich an. Er will Ruhe, er muss nachdenken, er geht auf den Friedhof und schiebt die Bretter zur Seite. Er steigt hinunter, legt sich hin.
    Alles ist still. Der Himmel über ihm ist sternenklar, kalte Nachtluft, das Grab ist schön geschalt, die Wände gerade, keine Ausbrüche, das perfekte Grab, handgemacht. 1,60 Tiefe, unter ihm Margas Mutter. In dem Grab würde auch noch Platz für Emma sein, sie würde in einem Meter Tiefe liegen irgendwann, auf Marga gebettet, für immer still. Max atmet tief ein und aus. Er will nicht, dass sie ihn findet. Hier wird sie ihn nicht suchen.
    Immer legt er sich kurz hinunter vor den Begräbnissen. Er will wissen, wie es sich anfühlt, wie es da unten ist, wie er seine Toten bettet. Im Sommer bleibt er oft lange liegen, genießt die Ruhe, den Geruch der Erde, an einem Ort, an den niemand lebend hinkommt außer ihm. Ein Ort für ihn allein.
    Es ist dunkel. Er bleibt, so lange er kann, bis sein Körper kalt ist, bis er zittert. Nach dem Begräbnis wird sie abreisen und alles wird wieder so sein wie vorher. Er wird Erde auf alles schaufeln. Er wird jetzt nach oben gehen, im Arbeitszimmer schlafen, absperren. Er wird ihr nicht mehr begegnen, warten, bis sie aus dem Haus geht am Morgen. 24 Stunden noch, dann wird sie wieder abreisen. Er wird in die Sauna gehen, er wird sich von Hanni umschwärmen lassen, er wird mit Baroni Wein trinken, Tildas Krapfen essen.
    Er muss in die Wärme, sich bewegen, seine Glieder sind kalt, er spürt sich kaum noch. Wie er vorsichtig nach oben steigt, wie er leise wieder die Bretter an ihren Platz legt. Wie er sich hinlegt auf dem Boden in seinem Arbeitszimmer.
    Er kann nicht schlafen, er versucht an etwas anderes zu denken, aber zugleich hört er hin, ob sie nach Hause kommt, er will in ihrer Nähe sein, er will sie in seiner. Er sehnt sich nach ihr, immer noch nach Jahren, er will nicht, aber er sehnt sich nach ihr, in diesem Moment, den ganzen Tag schon. Lange liegt er wach. Erst nach Stunden hört er, wie sie sich auszieht im Gang, wie sie durch die Wohnung geht und ihn sucht. Wie sie die Türklinke nach unten drückt. Max rührt sich nicht, er macht die Augen zu. Sie rüttelt an der Klinke, aber was sie sagt, hört er nicht. Er hält sich die Ohren zu, bis er einschläft.

Fünf
    Wie er sich auf den Sarg wirft, ihn festhält mit beiden Händen, wie er schreit, mit Blumen nach den Fotografen wirft. Kattnig dreht durch. Damit hat Max nicht gerechnet, er hat den Menschenauflauf vorausgesehen, die Journalisten und Fernsehkameras, aber nicht diesen Auftritt, nicht diesen Zusammenbruch.
    Alles war, wie es sein sollte. Man trug den Sarg aus Augusts Wohnzimmer, durch das Dorf bis zur Kirche, der Leichenzug war lang und traurig, überall weinten sie. Dann der Trauergottesdienst, der Weg zum Grab, der Sarg über dem mit Schalbrettern verdeckten Loch, Marga, von einem Blumenmeer umgeben. Und dann begann Kattnig zu schreien. Er brach aus den Reihen der Trauernden aus, stellte sich vor den Sarg und schrie.
    Max kann es nicht glauben, genauso wenig wie die hunderten Trauernden. Sie starren Kattnig an. Er schreit, hört nicht auf damit, laut und verzweifelt hallt es über den Friedhof. Dass er der Einzige war, der Marga wirklich gekannt hat, dass er als Einziger wirklich da war für sie, sie verstanden hat, nur er, niemand sonst, sie sollen alle verschwinden, schreit er, sie sollen ihn mit ihr allein lassen, nur er und Marga, Marga, Marga. Dann nur noch Laute, verschluckte Silben, unverständlich. Man zieht ihn vom Grab weg, reißt ihn vom Sarg los, er wehrt sich, schlägt um sich. Die Trauergäste weichen zurück, Pfarrer Stein versucht erfolglos, die Situation in den Griff zu bekommen. Die Fotografen bleiben auf den Auslösern, sie fotografieren den Mann, der schützend seine Arme über den Sarg legt, sie grinsen, sie haben ihre Geschichte, besser könnte sie nicht sein. Skandal am Dorffriedhof. Manager gesteht seine Liebe am Grab des Models. Verrückter stört Trauergottesdienst. Max weiß, wie das Spiel

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