Die Schöne vom Nil
Seite, blieb platt auf dem Bauch liegen und blickte über den Nil. Ein einsamer Segelkahn durchfurchte die grünblau schimmernde Wasserfläche.
»Was hätte wohl Leila angestellt, wenn sie Sie so angetroffen hätte wie ich Sie?« fragte Luisa plötzlich. Dabei kämmte sie sich immer noch, als sei diese Frage völlig ohne Hintergedanken.
Herburg blieb in seiner alten Lage auf dem Badetuch.
»Luisa, wenn Sie darauf eine ehrliche Antwort haben wollen …«
»Nicht nötig! Es war eine rein rhetorische Frage. Ich weiß ja, was sie getan hätte. So, wie Sie dalagen, gab es nur paradiesische Erweckungen …«
»Jetzt irren Sie sich!«
»Ich weiß! Sie haben mir's ja gesagt. Der große Vulkan erst in der Hochzeitsnacht! Die Lady Leila und der Gentleman Herburg!«
Sie hatte ihr Haar endlich zu Ende gekämmt und streifte jetzt ein paar blonde, in den Zinken hängengebliebene Haare ab und ließ sie im warmen Wind, der vom Nil herwehte, davonfliegen. Goldene Seidenfäden, wie von der Sonne gesponnen …
Frank Herburg war jetzt alles gleichgültig. Er drehte sich von neuem auf den Rücken und verzichtete darauf, den Unterkörper mit seinen Händen zu bedecken. Er fand das zu kindisch.
Nun legte sie den Kamm zwischen sich und seinen nackten Leib – ein lächerlich kleiner Zaun.
»Als ich Sie so daliegen sah, Frank«, sagte sie mit ganz normaler, beinahe erzählender Stimme, »so voll ungehemmter männlicher Kraft – Adam allein im Paradies –, habe ich mit mir gerungen, Sie nicht zu überfallen. Ich kniete schon über Ihnen und hatte keinen Badeanzug an …«
»Luisa, reden Sie nicht weiter …«
»Warum nicht? Sie wissen doch, wie brutal ehrlich ich bin!«
»Und ich kann ebenso brutal ein Mann sein! Unser Abenteuer wäre aber Wahnsinn …«
»Wahnsinn mit Methode nennen andere Leute Genialität.«
»Was soll bei uns genial sein? Daß wir aufeinanderfallen und nachher außer Atem sind? Hormonabladungen waren noch nie genial – um in Ihrem Jargon zu sprechen. Wir – Luisa? Am Nilufer?«
»Ich habe es ja auch nicht getan! Zufrieden?« Sie zog die Beine an und schlang die Arme um ihre Knie. »Ich habe nur gesagt, daß ich mit mir gerungen habe. Aber dann bin ich schnell in den Nil gelaufen und habe eine halbe Stunde lang kräftig geschwommen. Dann war alles vorbei. Darum kann ich jetzt auch darüber reden, und Ihre sonnenbeschienene Männlichkeit interessiert mich gar nicht! Wollen Sie noch hierbleiben?«
»Ja …«, antwortete er kurz. Himmel, welch ein schönes Aas ist sie doch, dachte er. Sie würde sich nie einem Mann hingeben, sie könnte ihn nur für sich erobern. Sie will und muß immer die Stärkere sein. In ihrem Innern muß es einen Komplex geben, eine Art von Trauma, von dem sie nicht loskommt. Sie muß Männer beherrschen, auch wenn sie weiß, daß sie unter ihren Händen zerschmelzen wird …
Luisa stand auf, streifte Hose und Bluse über, schnürte sich die Stiefel zu und verbarg ihre wundervolle Figur wieder unter dem verschwitzten schmutzigen Khakizeug. Sie wurde wieder Dr. Luisa Alius.
»Bis heute abend«, sagte sie und stand mit gespreizten Beinen über ihm, ein seltsamer Kontrast zu seiner völligen Nacktheit. »Sie kommen doch in mein Laborzelt, wenn wir es aufgebaut haben?«
»Natürlich. Ich will doch sehen, was wir von den Wänden gekratzt haben. Hat Ihnen Pernam übrigens gesagt, was er auf der hölzernen Bildtafel mit den Jagdszenen noch entziffert hat?«
»Nein.« Sie blieb herausfordernd über ihm stehen. Ihre Stiefel preßten sich gegen seine Hüften. Aas, dachte er wieder. »Was hat er denn entziffert?«
»Das Lieblingstier des kleinen Pharao war ein goldener Frosch. Kein Ibis, kein Adler, keine Schlange, kein Kranich und nicht einmal ein Falke … nein, ein Frosch! Ein goldener. Also wohl ein Spielzeug, von einem Goldschmied hergestellt. Daraus kann man folgern: Wo wir den goldenen Frosch finden, ist auch der Kind-König Menesptah.«
»Toll!« sagte sie ein wenig gepreßt.
»Ja, das ist wirklich toll. Harris Pernam ist ein einmaliger Entdecker …«
»Und Sie sind ein einmaliges Rindvieh!« Mit diesem lapidaren Satz stieg sie über seinen nackten Körper hinweg und stülpte sich die schrecklich zerknüllte Khakimütze über ihr goldschimmerndes Haar. »Ich habe bis heute geglaubt, Männer wie Sie seien ausgestorben.«
»Das können Sie mit Ihrer ungeheuren Erfahrung von drei Liebeserlebnissen in dreißig Jahren sagen?«
»Ich habe Sie belogen. Es waren vier
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