Die Schöne vom Nil
…«
»Ach!«
»Ich wurde mit elf Jahren vergewaltigt. Im Fahrradkeller. Unser Hausmeister hatte mir das Rad aufgepumpt. Ich lag drei Monate im Krankenhaus – er saß sieben Jahre im Zuchthaus. Als er entlassen wurde, war ich achtzehn, Abiturientin. Ich hatte damals ein Moped, und als ich ihn zufällig auf der Straße sah, fuhr ich ihn so gezielt an, daß er danach kastriert werden mußte. Es hat mir nie leid getan!« Sie legte die rechte Hand an den zerbeulten Hut und sah ihn spöttisch an. »Lassen Sie sich weiter trocknen, Dr. Herburg, und denken Sie dabei intensiv an den goldenen Frosch. By, by, Sir …«
Sie ging schnell davon.
Frank wälzte sich von neuem auf den Bauch und blickte ihr nach. Sie rannte das flache Nilufer hinauf, wo der alte VW stand, sprang hinein und fuhr ratternd davon.
V
Man sagt immer, ein Unglück käme selten allein.
Ein negatives Wort. Warum gibt es keinen Spruch: Einem Glück folgt das andere? Ist das so selten?
Frank Herburg war sich nicht klar darüber, ob es ein Unglück war oder ein Glück, als sich am Nil das Schilfdickicht einer kleinen Sandinsel teilte und Leila hervorkam.
Im Gegensatz zu Luisa trug sie keinen Badeanzug. Ihr brauner, glänzender schlanker Körper mit den langen Beinen und den spitzen Brüsten, den schmalen Hüften und den aufgelösten schwarzen Haaren, die bis zur Taille reichten, schwebte schwerelos durch den weißen Ufersand, wie getragen vom Glanz der Sonne, den der Nil wie ein Spiegel zurückwarf.
Frank krallte die Finger in das Badetuch unter sich und ahnte, daß das Leben nicht nur aus goldenen Fröschen besteht, die man in jahrtausendealten Gräbern suchen muß. Er schlug die Zipfel seines Badetuches um sich, und sie reichten gerade aus, ihn zu bedecken.
Wie Luisa blieb Leila über ihm stehen, mit gespreizten Beinen über seinem Unterleib. Luisa war schon angekleidet gewesen – jetzt, bei Leila, bei dieser unwirklichen Schönheit eines Frauenkörpers, von dem Nilwasser abtropfte und Frank benäßte, war es unmöglich, unbeteiligt zu bleiben. Er blickte zu ihr hoch, zu den wasserglänzenden Brüsten, dem flachen Leib, dem gelockten Dreieck, auf dem die Wassertropfen schimmerten wie matte Perlen.
»Ich habe nichts gehört«, sagte Leila. »Aber ich habe alles gesehen.«
»Du lieber Himmel, wie lange hockst du denn schon in dem Schilf?«
»Ich bin ihr mit Toc-Tocs Motorrad nachgefahren …«
»Mit dem alten Ding?«
»Warum nicht?«
»Das ist doch lebensgefährlich! Damit kann doch überhaupt nur Toc-Toc umgehen!«
»Du siehst, ich bin hier und lebe.«
»Und du hast die ganze Zeit über im Wasser gesessen?«
»Ja. Unbeweglich. Wir können das. Wir haben es gelernt, uns zu beherrschen.« Leila streifte mit beiden Händen das Wasser von ihrem glänzenden Körper und bespritzte ihn damit.
»Ich danke dir, Liebling …«
»Wofür?« Frank richtete sich auf und streckte ihr die Arme entgegen. »Komm, setze dich. Über eine Stunde im Wasser! Du bist doch verrückt. Du mußt doch ganz aufgeweicht sein! Wickele dich sofort in das Badetuch, Leila.«
Er schlug das Tuch zurück. Sie sah ihn an und lächelte glücklich. »Du liebst mich«, sagte sie leise. »Du liebst nur mich allein, nicht wahr?«
»Das weißt du doch!« Er sprang auf, legte das große Badetuch um sie und frottierte sie. Sein körperlicher Zustand war ihm jetzt völlig gleichgültig. Er hatte wirklich Angst, daß sie unterkühlt war.
Sie ließ ihn reiben, hielt die Augen geschlossen und schlang plötzlich die Arme um ihn. Das Badetuch fiel in den Sand, ihre nackten Körper klebten aneinander, und ihr Leib drängte sich ihm entgegen.
»Diese Ärztin ist schöner, als man vermutet«, sagte Leila mit fliegendem Atem und biß Frank zärtlich ins Ohr. »O Liebling, ich hätte sie mit einem Bambusstock erschlagen, wenn sie sich dir genähert hätte! Aber dann ist sie in den Nil gelaufen … Und du warst später so tapfer – wirklich tapfer!«
Es stimmte also, was Luisa ihm erzählt hatte. Aber tapfer war er nicht gewesen – im Gegenteil! Ihn hatte wohl nur Feigheit zurückgehalten; Flucht vor den Konsequenzen war es gewesen …
»Und wenn es doch passiert wäre?« fragte er.
»Ich hätte euch beide erschlagen!« Ihr Leib preßte sich noch stärker an ihn, sein Herzschlag wurde zu Hammerschlägen. »Wie sie wütend war, als sie wegrannte und abfuhr … Oh, Frank, ich liebe dich …«
Er spürte, wie sie ihn drängte. Ihr ganzer Körper vibrierte, ihre Schenkel massierten ihn
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