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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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England zeigte er sein Vermögen mit all dem Glanz, den nur Orientalen verbreiten können.
    Allah hatte seinem Volk aber dazu auch die notwendige Phantasie verliehen.
    Ob es die geschnitzten zarten Alabastersäulen waren, die die mit vergoldeten und abwechselnd kobaltfarbenen Kacheln verzierte Decke stützten, oder ob es der geschliffene Mosaikfußboden war, der alter Kunst nachgebildet war – die Springbrunnen aus Marmor, die Wandfresken, die mit kostbarsten Seiden bezogenen Sessel und Stühle, die aus vergoldetem Kupfer getriebenen riesigen Deckenleuchten … Es war einfach ein Märchenschloß, hineingebaut in eine schmale Grünzone, die der Nilschlamm den Menschen schenkte.
    Wenige hundert Meter weiter begann die endlose, hitzeflimmernde gelbweiße Wüste, durchsetzt mit armseligen Oasen, wo ein Brunnen zu finden war, und mit Geröllfeldern und Tempelresten … Zeugen einer vergangenen Kultur, Rückstände der Völker, die im Lauf der Jahrtausende Ägypten durchzogen hatten.
    So zeigte Suliman mit besonderem Stolz sogar eine von Napoleon I. vergessene Kanone samt Munition. Sie stand unter einem Dach im Innenhof des Haupthauses, und ein britischer Artillerieoberst hatte einmal behauptet, sie sei sogar noch funktionsfähig, nachdem er sie besichtigt und fachmännisch untersucht hatte.
    Die Gäste aus Sakkara empfing Suliman in der großen Alabasterhalle. Er trug einen weißen Smoking, der so eng auf seine Figur gearbeitet worden war, daß jeder seinen sportgestählten Körper bemerken und bewundern mußte. Er war maßlos eitel und achtete sehr darauf, daß man seinen Körper bewunderte.
    »Er ist wie ein Pfau, der sich an seinem Radschlagen aufgeilt«, bemerkte Harris Pernam leise zu Luisa Alius, nachdem sie von dem fast nackten Mädchen ihre weiße Rose erhalten hatten. »Was er wirklich bedauert, ist, daß er – im Gegensatz zum Pfau – keine auf spreizbaren Federn besitzt …«
    »Harris …«, sagte Luisa warnend.
    »Ich weiß, ich habe wenig Geschick, mit Ladies umzugehen. Ich bin zu deutlich …«
    »Überdeutlich!« Sie stieß Harris an, als Suliman – wie ein Bild aus einer Herrenmodezeitung – durch die geschnitzten Alabastersäulen auf sie zukam. »Ist er das?« flüsterte sie.
    »Das ist er!« antwortete Pernam. »Zerspringt Ihr Herz? Was fühlen Sie …? Schnell, sagen Sie es ehrlich …«
    »Nichts, Harris. Gar nichts. Da kommt ein Mann im weißen Smoking – sonst nichts.«
    »In St. Tropez würden jetzt alle Frauen verrückt …«
    »Harris!«
    »Mein Gott, hauen Sie mir doch eine runter, wenn ich das nicht sein lassen kann.«
    »Ich kann Sie doch nicht dauernd verprügeln …« Sie lachte leise.
    Professor Mitchener war Suliman entgegengegangen. Der Ägypter streckte mit einem sonnigen Lächeln beide Arme nach ihm aus.
    Vom großen Innenhof her, wo unter der Markise das riesige kalte Büfett aufgebaut war, ertönte leise orientalische Musik.
    »Sind wir die ersten?« fragte Mitchener während der Begrüßung. Die Halle war noch leer, und die livrierten Diener standen müßig herum.
    »Die letzten! Aber die liebsten, das wissen Sie! Ich freue mich, Professor, Sie wiederhergestellt zu sehen. Die Kunst Ihrer hervorragenden Ärztin …«
    Suliman blickte zu Luisa Alius hinüber, mit dem gleichen Blick streifte er auch Dr. Herburg und Leila. Das wäre ein Dreiergespann, dachte Suliman und lächelte noch breiter. Seine weißen Zähne kamen dabei voll zur Geltung. Meine Salimah, Leila und diese blonde Deutsche …
    Das ist sie also! dachte er. Die Giftmischerin aus Kairo, die die erste Schlacht bereits gewonnen hatte, als sie Mitchener rettete. Daß sie später in der Grabanlage altägyptische Todesfallen von den Wänden gekratzt hatte, mochte sowohl wissenschaftlich als auch für Suliman interessant sein … Sein Nachrichtendienst klappte vorzüglich.
    Unter Toc-Tocs Arbeitern waren mindestens zwei, die jeden Abend genau berichteten, was am und im Grab des Kind-Königs geschah und entdeckt worden war. Noch war die Gefahr nicht akut – aber dieser Dr. Herburg tastete sich heran, das wußte Suliman. Wer hätte jemals damit gerechnet, daß ein von dem großen Imhotep so geschickt angelegtes Grab nach 5.000 Jahren doch noch entdeckt würde?
    Gemal und er waren sich darin einig gewesen, daß es keinen besseren Platz als diese unbekannte Grabanlage geben konnte. Diese Grabanlage, an der Generationen von Ägyptologen und Archäologen vorbeigegangen waren, weil nach der Logik der damaligen Grabbaumeister an

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