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Die Schöne vom Nil

Die Schöne vom Nil

Titel: Die Schöne vom Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mein Augenlicht, was ist mit dir?«
    »Was ist los, Frank?« schrie auch Pernam in das Gegenmikrofon.
    Toc-Toc, der die Nylonseile festhielt, stemmte plötzlich seine Beine gegen Steine. Der Zug an den Seilen wurde so stark, daß er sie kaum noch halten konnte.
    Zwei Arbeiter liefen herbei und halfen ihm, die Seile festzuhalten.
    »Melde dich, Frank! Was ist passiert? Leila – Frank – sagt doch ein Wort …«
    Aber aus dem Grab kam keine Antwort mehr.
    Herburgs Stimme bei dem »Ich gehe weiter …« hatte begeistert geklungen, soweit man das nach dem Klang des Kehlkopfmikrofons beurteilen konnte. Die Entdeckung eines Drei-Etagen-Grabes aus der dritten Dynastie war wirklich eine Sensation ohnegleichen.
    Professor Mitchener mußte sich auf einen zusammenklappbaren Feldstuhl setzen – die Erregung war ihm in die noch geschwächten Beine gefahren.
    In der Grabanlage hatte Herburg vor der lebensgroßen mächtigen Statue mit der warnend ausgestreckten Hand gestanden, und Leilas Scheinwerfer tauchte die Figur in helles Licht.
    Die beiden erkannten, daß es eine aus Stein gehauene Figur war, die ein strenges Gesicht, breite Schultern, einen dicken Hals und enganliegende Haare zeigte. Der Oberkörper der Statue war nackt, um die Hüften war ein Tuch geschlungen. Die Farbe, mit der die Figur bemalt worden war, hatte in der Tiefe des Grabes 5.000 Jahre überdauert – sie leuchtete noch so klar und stark, als sei sie am Tag vorher aufgetragen worden.
    Langsam war Dr. Frank Herburg auf den Wächter zugegangen und hatte ihn, während er ins Mikrofon sprach, näher betrachtet. Dann schabte er Proben von der Farbe des Hüfttuches und der Handfläche ab und verschloß sie in den Plastikbeutel. Lächelnd blickte er sich dann nach Leila um, zeigte mit dem Daumen auf die Figur und griff nach der ausgestreckten Hand.
    Vor ihm führte eine Treppe tiefer in das Grab hinunter. Herburg leuchtete über die Stufen, ließ den Lichtschein weitergleiten und sah am Ende der Treppe einen neuen Gang, der nach beiden Seiten abzweigte. Er ahnte, daß dort unten die gleiche Anlage sein würde wie hier oben: Gänge, Scheintüren, Querstollen, Kammern mit Tiermumien, weitere Treppen.
    Du warst wirklich ein Genie, Imhotep! dachte Herburg. Aber ich bleibe dir auf der Spur! Du hast deinen Kind-König gut versteckt, doch ich werde ihn finden! Mit Labyrinthen und Giften und verwinkelten Anlagen schütztest du ihn – wie konntest du ahnen, daß einmal eine Zeit und Menschen kommen, die davor nicht zurückschrecken?
    Er nickte Leila noch einmal zu, trat ein paar Schritte zurück und fotografierte die steinerne Figur.
    Dann ging er die Treppe hinunter.
    Bis zur dritten Stufe war er gekommen, da geschah das, wovor der stumme Wächter gewarnt hatte.
    Die Stufe brach unter Herburg zusammen wie eine Falltür.
    Der Tritt bestand nur aus einer hauchdünnen Steinplatte, die unter dem Gewicht eines Menschen zusammenbrechen mußte.
    Der Sturz kam so plötzlich und unerwartet, daß Herburg nicht mehr reagieren konnte. Er hörte nur noch Leilas Aufschrei – mit den Armen wollte er vorschnellen und sich mit den Händen irgendwo festhalten –, da hing er schon an dem Nylonseil in der Luft, pendelte hilflos einmal hin und zurück und schlug dann mit dem Kopf gegen die Wand. Er wollte noch etwas rufen, aber bevor er in Bewußtlosigkeit sank, war es ihm, als quelle sein Atem wie eine kompakte Masse auf und fülle seine ganze Mundhöhle aus. Jeder Ton erstickte …
    Verzweifelt rannte nun Leila vorwärts, erreichte die Treppe, kniete auf der zweiten Stufe und riß an dem Seil.
    Sie hörte draußen Pernam rufen und ihren Vater schreien, sie vernahm das entsetzte »Meldet euch doch, meldet euch!« und plötzlich war ihr, als sei sie nicht mehr allein. Sie fuhr herum und starrte den stummen Wächter an.
    Er hatte sich gedreht, sein warnend ausgestreckter Arm war nun über ihr, die bemalten Augen schienen sie anzustarren. Sie wollte noch einmal rufen und zog an dem Seil, an dem Frank über einem dunklen Abgrund hing. Sie zerrte auch an ihrem Nylonseil, das straff gespannt war, weil Toc-Toc sich draußen mit aller Kraft dagegen stemmte, und dann sah sie, wie der steinerne Wächter schwankte und sich mit seinem zentnerschweren Gewicht auf sie werfen und sie zermalmen wollte.
    Sie duckte sich wie eine Katze auf die Treppenstufe, drückte sich flach auf den Tritt und verlor die Besinnung, als die Figur krachend zerbarst. Sie fühlte nur noch eines: Er hat mich nicht zermalmt;

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